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Bevor Walt antworten konnte, ging die Zwischentür auf, und Hertzog kam herein. Er trug eine kleine Glasphiole mit einer dunkelroten Flüssigkeit in der Hand. Als er mich sah, wirkte er ein bisschen überrascht, lächelte aber. »Loengard! Ich wusste gar nicht, dass Sie heute Nacht hier sind!«

»Bin ich auch nicht«, antwortete ich. »Wenigstens nicht offiziell.«

»Ich verstehe. Sie waren neugierig. Aber ich muss Sie enttäuschen. Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen. Ich habe ihm die Probe erst vor zweiunddreißig Stunden injiziert.«

»Die Probe?«

»Hat Ihnen Bach nichts ...« Hertzog schüttelte ärgerlich den Kopf. »Natürlich hat er nicht. Typisch Bach. Wenn es möglich wäre, würde er wahrscheinlich auch noch die genaue Uhrzeit zum Staatsgeheimnis erklären.«

Er schüttelte den Kopf, schloss pedantisch die Tür hinter sich ab und wies auf den Gitterkäfig mit dem Schimpansen. »Wir haben Cheeta hier einige Körperzellen des Ganglions injiziert. Die Ergebnisse sind erstaunlich.«

»Sie haben was?« krächzte ich.

»Eine einmalige Gelegenheit«, sagte Hertzog. Den entsetzten Unterton in meiner Stimme hatte er gar nicht zur Kenntnis genommen. »Wir wissen seit fünfzehn Jahren von diesen Biestern, aber es ist das erste Mal, dass wir ein lebendes Exemplar in die Hände bekommen haben.«

»Soll das heißen, dieses ... Ding lebt noch?« fragte ich schaudernd.

»Es ist ein zähes kleines Miststück«, bestätigte Hertzog. »Beunruhigend zäh, wenn ich ehrlich sein soll. Wir haben ihm einige Dinge angetan, die jedes lebende Wesen auf dieser Welt umgebracht hätten. Aber es lebt noch immer.«

»Und trotzdem experimentieren Sie damit herum?« fragte ich schaudernd. Mein Blick blieb dabei fest auf dem Schimpansen im Käfig gerichtet. Das Tier saß ruhig da und schien meinen Blick zu erwidern; auf eine Art und Weise, die nicht so recht zu einem Tier zu passen schien.

»Gerade deshalb, John«, antwortete Hertzog ernst. »Man muss seinen Gegner kennen, um ihn bekämpfen zu können. Sehen Sie sich diesen Schimpansen an. Irgendetwas ... geschieht mit ihm.«

Der Affe wandte den Kopf und sah nun Hertzog an. Sicher war es nur ein Zufall. Die Glasscheibe, die das Labor vom Vorraum trennte, war absolut schalldicht. Es konnte nur ein Zufall sein.

Hertzog seufzte und hob die Hand mit dem Glasröhrchen. »Ich muss diese Blutprobe untersuchen«, sagte er. »Und danach werde ich mich vielleicht für eine oder zwei Stunden hinlegen, Sie rufen mich, wenn sich irgendetwas dort drinnen tut?«

»Sicher«, antwortete ich.

»Und vergessen Sie nicht, den Film zu wechseln«, fügte Hertzog noch hinzu. »Ich möchte, dass jede Sekunde aufgenommen wird. Wahrscheinlich ist es Verschwendung, aber man weiß nie ...«

Er ging. Walt wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte, dann sagte er: »Das habe ich gemeint.«

»Was?«

»Ich bin seit zwei Jahren dabei«, sagte Walt mürrisch. »Er hat in dieser ganzen Zeit zusammengerechnet nicht so viel mit mir gesprochen wie jetzt gerade mit dir. Was ist so Besonderes an dir, dass alle hier einen Narren an dir gefressen haben?«

»Vielleicht bin ich besonders leicht zu beeinflussen«, antwortete ich. »Oder sie glauben, sie könnten mir ruhig alles anvertrauen, weil ich sowieso nicht begreife, was sie sagen.«

Walt blieb ernst, aber er sagte nichts mehr, sondern stand auf und trat mit langsamen Schritten neben mich. Ein Schatten huschte über sein Gesicht, als er den Schimpansen ansah, der noch immer reglos in einer Ecke seines Käfigs hockte.

»Armes Vieh«, murmelte er. »Es wird dieses Experiment nicht überleben, oder?«

»Ich schätze nicht«, antwortete ich. Die ehrliche Antwort auf seine Frage wäre gewesen: Ich hoffe nicht. Das Tier tat mir leid, aber ich hatte weder die eisige Kälte in Brandons Augen vergessen, noch das, was während der Obduktion seines Leichnams geschehen war.

»Ich liebe Tiere«, sagte Walt. »Warum tun sie dieser wehrlosen Kreatur so etwas an?«

»Weil sie es sonst einem Menschen antun müssten, und ich schätze, die Auswahl an Freiwilligen ist im Moment nicht besonders groß. Oder möchtest du dich zur Verfügung stellen?«

»Bestimmt nicht.« Walt schüttelte sich. Der Schimpanse in seinem Käfig blickte abwechselnd ihn und mich sehr aufmerksam an, und wieder hatte ich das Gefühl, dass das Tier nicht einfach nur dasaß und uns anstarrte, sondern jedes Wort verstand, das wir sprachen.

»Ob sie dasselbe auch all diesen Leuten angetan haben?« fragte Walt leise. »All diesen Männern und Frauen, die sie entführt haben?«

»Brandon und die Hills?«

»Oh, es waren noch sehr viel mehr«, antwortete Walt. »Alles hat Bach dir noch nicht erzählt, wie? Brandon und die Hills waren längst nicht die einzigen. Selbst wenn wir alle Wichtigtuer und Spinner abziehen, bleiben noch genug übrig, um mir Angst zu machen. Ich frage mich, ob sie alle einen solchen ... Gast haben.«

»Genau das versucht Hertzog herauszufinden«, antwortete ich.

»Es ist trotzdem nicht richtig«, sagte Walt. »Dieses arme Tier kann nichts dafür.«

Der Affe hörte auf, abwechselnd ihn und mich durch die Glasscheibe hindurch anzustarren. Er stand auf, schlurfte zur Tür seines Käfigs und rüttelte daran. Nur einmal, und nicht besonders kräftig. Statt weiter an den Gitterstäben zu rütteln, wie es jeder normale Affe getan hätte, streckte er die Hand durch die Stäbe hindurch und fuhr prüfend mit den Fingern über das Zahlenschloss, das die Tür sicherte.

»Zehn Dollar, dass er die Kombination herausfindet«, sagte Walt. Es sollte ein Scherz sein, aber sein Lachen klang nicht einmal echt genug, um ihn selbst zu überzeugen. Nach ein paar Sekunden drehte er sich mit einem Ruck herum und ging schnell zu seinem Platz zurück.

»Hast du Lust auf eine Partie Karten?«

»Ich fürchte, mir sind die Streichhölzer ausgegangen«, antwortete ich. Ich sah immer noch den Affen an. Die Finger des Schimpansen fuhren fort, über das Zahlenschloss zu streichen, in einer prüfenden, beunruhigend menschlich wirkenden Geste. Eine Sekunde lang dachte ich ernsthaft daran, Hertzog zu benachrichtigen, entschied mich aber dann dagegen. Schließlich ging auch ich zum Tisch zurück und setzte mich.

»Wohin ist eigentlich die Tafel gekommen?« fragte ich.

»Die Symboltafel von Brandons Feld?« Walt hob die Schultern. »Dahin, wo das meiste verschwindet, nehme ich an.« Er machte eine flatternde Handbewegung. »Majestic ist groß. Ich glaube, nicht einmal Bach weiß noch, wo er all seine kleinen Schätze hingelegt hat.«

»Weißt du es?«

Walt machte eine Geste, die alles oder auch gar nichts bedeuten konnte. »Frag Bach. Er mag es nicht, wenn wir zu viel reden.«

»Du magst ihn nicht besonders, wie?«

»Niemand mag Bach«, antwortete Walt ernsthaft. »Nicht einmal Bach selbst. Böse Zungen behaupten, er am allerwenigsten.«

»Warum bist du dann hier?«

»Der Job wird gut bezahlt«, antwortete Walt.

»Blödsinn.«

»Ich war dabei«, sagte Walt nach einer Weile. »In Roswell.«

»Du hast es gesehen?« fragte ich aufgeregt. »Ich meine, nicht nur auf Fotos, sondern wirklich?«

»Ich habe mitgeholfen, das Wrack zu bergen«, bestätigte Walt. »Ich war damals ein junger Air-Force-Soldat. Wir hatten nicht die geringste Ahnung, was wir überhaupt taten - aber ich kann dir versichern, dass es ganz bestimmt kein Wetterballon war, wie die Zeitungen behauptet haben.«

»Aber das ist fünfzehn Jahre her«, sagte ich. »Gerade hast du gesagt, du wärst seit zwei Jahren dabei.«

»Wie gesagt: Ich war ein junger Soldat. Ich habe gehorcht und getan, was man mir gesagt hat, und im übrigen die Klappe gehalten. Aber irgendwann fing ich an, unbequeme Fragen zu stellen.«

»Und da hat Bach dir ein Angebot gemacht ...«