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Bach sog an seiner Zigarette, blies eine Rauchwolke in meine Richtung und drehte sich um. »Kommen Sie, John. Wir haben viel zu besprechen.«

Kimberley war eingeschlafen, und ihre tiefen, ruhigen Atemzüge verrieten, dass es nun ein ganz normaler Schlaf war, keine Bewusstlosigkeit, kein von Fieberfantasien geplagter Alptraum. Sie war sehr blass. Ihr Gesicht war weiter angeschwollen, und manchmal bewegte sie im Schlaf die Hände. Die dicke Glasscheibe, die den Beobachtungsraum vom Behandlungszimmer trennte, verschluckte jeden Laut, aber ich konnte sehen, wie sich ihre Lippen bewegten. Vielleicht war ihr Schlaf doch nicht ganz so entspannend, wie ich dachte.

»Sie kommt durch.« Hertzog zog die Tür zum Behandlungsraum hinter sich zu und atmete hörbar ein. »Sie scheint nicht einmal schwer verletzt zu sein. Ich meine: Sie hat eine Menge mitgemacht, und sie wird sich bestimmt nicht besonders gut fühlen, wenn sie aufwacht, aber sie schwebt nicht in Lebensgefahr.«

»Wann kann ich mit ihr reden?« wollte Bach wissen. »Sobald sie sich erholt hat«, antwortete ich, ehe Hertzog etwas sagen konnte. »Und sobald sie es will.«

Bach sagte nichts dazu, was mich einigermaßen überraschte. Ich hatte ihn selten so duldsam erlebt wie in dieser Nacht. Aber vermutlich hatte er mich umgekehrt auch selten so aggressiv erlebt wie heute.

»Wie lange wird sie schlafen, Doktor?« fragte er nach einer Weile.

Hertzog hob die Schultern. »Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel gespritzt«, sagte er. »Vier, fünf Stunden. Kaum länger. Mit ein bisschen Glück erinnert sie sich hinterher vielleicht nicht einmal mehr, was passiert ist.«

»Ich will doch schwer hoffen, dass sie sich erinnert«, sagte Bach und zog die linke Augenbraue hoch. »Die Aussagen dieser jungen Frau könnten von enormer Wichtigkeit für uns sein. Vor allem jetzt, wo wir den Ganglion nicht mehr haben, der sie befallen hatte.«

Bei diesen Worten warf er mir einen schrägen Seitenblick zu, den ich mit einem vollkommen humorlosen Grinsen quittierte. »Ich hatte ihn höflich gebeten, zu bleiben«, antwortete ich. »Aber er hat mich wohl nicht richtig verstanden.«

»Überspannen Sie den Bogen nicht, John«, sagte Bach.

»Also gut. Dann im Ernst.« Ich ging zum Tisch, nahm mir eine von Bachs Zigaretten und warf einen langen Blick durch die Scheibe hindurch auf Kim, ehe ich mich wieder zu ihm herumdrehte. »Ich will, dass Sie sie in Ruhe lassen. Ich möchte nicht, dass sie in diese Geschichte hineingezogen wird.«

»Hineingezogen?« Bach klang fast amüsiert. Nach einer Sekunde lachte er auch tatsächlich, wenn auch nicht sehr lang, und nicht sehr echt. »Sie steckt schon so tief drinnen, wie es nur geht, John. Ihre Verlobte ist im Moment vielleicht die wichtigste Mitarbeiterin, die Majestic hat.«

»Das ist sie nicht«, antwortete ich heftig. »Sie werden sie in Ruhe lassen!«

»Selbst wenn ich das wollte ...« Bach schüttelte den Kopf. »Sie wird fragen, sobald sie wieder zu Bewusstsein gekommen ist. Sie wird eine Menge Fragen stellen, John, und Sie werden sie beantworten müssen. Falls Sie das nicht schon getan haben, heißt das.«

Ich verstand die Anspielung sehr wohl, und sie machte mich wütend. »Ich habe ihr nichts gesagt, Captain. Was sie weiß, das weiß sie nicht von mir, sondern von Pratt. Und wenn wir schon einmal dabei sind: Seit wann haben Sie gewusst, dass Pratt zu ihnen gehört?«

Es war ein Schuss ins Blaue, aber er traf. Bachs Gesicht blieb unbewegt, doch ich las in seinen Augen, dass ich Recht hatte.

»Der Ganglion, den ich aus Kim geholt habe, war für mich bestimmt«, fuhr ich fort. »Haben Sie gewusst, dass sie mich haben wollten, Captain?«

Bach schwieg weiter.

»War das Ihr Plan?« fuhr ich fort. Es war fast, als wollte ich das gar nicht sagen. Die Gedanken nahmen erst in meinem Kopf Gestalt an, als ich die Worte aussprach, und der Verdacht war so ungeheuerlich, dass meine Stimme beinahe versagte.

»Sie wussten es, nicht wahr? Das ist der einzige Grund, aus dem Sie mich ausgesucht haben. Sie haben mich auf Pratt angesetzt. Ich war nicht mehr als ein Köder für Sie.«

»John«, sagte Hertzog, aber ich brachte ihn mit einer wütenden Geste zum Schweigen.

»Was haben Sie vor?« fuhr ich wütend fort. »Wollen Sie abwarten, bis sie mir auch so ein ... Ding eingesetzt haben, um mich dann in aller Ruhe zu beobachten, wie eine Ratte im Glaskasten? Oder sollte der gute Doktor mich aufschneiden, damit Sie ein weiteres Exemplar für Ihre Sammlung haben?«

»Das reicht jetzt, John«, sagte Bach ruhig.

»Ja, da sind wir ausnahmsweise mal derselben Meinung!« Ich schrie jetzt wirklich. »Es reicht! Wissen Sie was, Captain? Ich steige aus! Ich gehe zurück an meinen Schreibtisch und verbringe den Rest meines Lebens damit, langweilige Akten zu sortieren!«

»Wenn Sie jetzt aus dieser Tür gehen«, sagte Bach ruhig, »dann verbringen Sie den Rest Ihres Lebens im Gefängnis.«

»Sie können mich nicht erpressen!«

»Das habe ich auch nicht vor«, antwortete Bach. »Es ist nur so, dass Sie vor einem Dutzend Zeugen einen Kongressabgeordneten der Vereinigten Staaten umgebracht haben. Haben Sie das vergessen?«

»Sie bringen das in Ordnung«, sagte ich. »Schon aus eigenem Interesse. Außerdem schulden Sie es mir.«

»Ich schulde niemandem etwas«, antwortete Bach. »Aber Sie haben Recht: Ich bringe die Sache in Ordnung. Und Sie bleiben bei uns. Genau wie Kimberley. Normalerweise behalte ich mir das Privileg vor, neue Mitarbeiter selbst einzustellen, aber in diesem Falle werde ich eine Ausnahme machen.«

Ich hatte nicht übel Lust, ihm mit sehr deutlichen Worten zu sagen, wohin er sich seinen Humor schieben konnte, aber ich beherrschte mich. Für seine Verhältnisse hatte Bach in dieser Nacht eine wahre Engelsgeduld an den Tag gelegt, und ich tat vielleicht wirklich besser daran, den Bogen nicht vollends zu überspannen.

»Lassen Sie uns raus, Captain!« bat ich. »Sie brauchen uns nicht mehr. Ich bin niemand. Ein fünfundzwanzig Jahre alter Niemand, der Ihnen zu nichts mehr Nutze ist. Lassen Sie Kim und mich gehen und in Ruhe ein langweiliges Leben leben.«

»Sie wissen, dass ich das nicht kann, John«, antwortete Bach. »Niemand verlässt Majestic. Als Sie bei uns eingetreten sind, haben Sie eine Lebensstellung angenommen. Selbst wenn ich wollte, ich kann Ihnen nicht erlauben, zu gehen. Nicht mit alledem, was Sie wissen.«

»Aber ...«

»Ich mache Ihnen einen Vorschlag, John«, fuhr Bach fort. »Sie haben heute viel mitgemacht. Kim und Sie brauchen eine Weile, um sich zu erholen. Warum nehmen Sie nicht zwei, drei Wochen Urlaub und fahren zusammen in ein kleines Hotel irgendwo auf dem Land? Nach der Geschichte mit Pratt ist es sowieso besser, wenn Sie für eine Weile nicht in der Stadt sind.«

Wir taten, was Bach mir geraten hatte, und verließen die Stadt. Kimberley erholte sich erstaunlich schnell. Ihre Verletzungen heilten innerhalb einer einzigen Woche, und noch bevor die zweite zu Ende war, schien unser Leben wieder ganz normal zu verlaufen.

Aber das schien nur so.

Es sollte nie wieder so werden, wie es einmal gewesen war.

Es begann damit, dass wir Gefangene waren. Gefangen in einem goldenen Käfig, möglicherweise, und noch dazu in einem, dessen Gitterstäbe so gut wie unsichtbar waren, aber nichtsdestotrotz Gefangene. Bach hatte uns in ein kleines, aber äußerst komfortables Hotel hundertfünfzig Meilen vor Washington eingenistet; einem jener Hotels, die vorzugsweise von frisch verheirateten jungen Paaren (oder solchen, die behaupteten, es zu sein) bevorzugt wurden, und in denen man auch damals schon wenig Wert auf ordnungsgemäß ausgefüllte Meldezettel legte und noch weniger Fragen stellte. Unser Zimmer hatte allen erdenklichen Luxus, und rings um das Hotel erstreckten sich meilenweite Wälder, in denen man stundenlang spazieren gehen konnte, ohne auf einen einzigen Menschen zu treffen.