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Das Heulen der Polizeisirene war näher gekommen. Ich nickte stumm, startete den Motor und fuhr los.

Der Highway schimmerte wie ein silbernes Band vor uns in der Nacht. Es war sehr dunkel. Am Himmel stand kein Mond, und die Wolkendecke hatte sich im Laufe der letzten Stunden fast geschlossen und das Sternenlicht verschluckt, so dass ich den Eindruck hatte, durch einen Tunnel aus Schwärze zu fahren, der das Licht der voll aufgeblendeten Scheinwerfer verzehrte. Wir hatten Washington vor einer halben Stunde verlassen, und ich konnte mich nicht erinnern, seither auch nur einen einzigen anderen Wagen gesehen zu haben, der uns entgegenkam.

Doch es war mehr als eine Reise in die Nacht. Die schwarze Unendlichkeit, die vor uns vor dem Licht der Scheinwerfer floh und sich hinter uns wieder schloss, erschien mir wie ein Abbild der Zukunft, die uns erwarten mochte. Eine düstere, unendliche Leere voller unsichtbarer Gefahren und lauernder Feinde, in der es keine Ruhe gab, keinen Frieden, sondern nur eine nicht enden wollende Flucht.

Kimberley und ich hatten kein Wort gesprochen, seit wir die Stadt verlassen hatten, und die Stille schien allmählich selbst zu etwas Körperlichem, Drohendem zu werden, das sich im Wagen einnistete und ihn mit erstickender Schwere füllte.

»Sie werden uns jagen«, sagte ich schließlich. »Bach wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um uns zu kriegen.«

Kimberley antwortete nicht. Ich wandte rasch den Kopf, blickte sie an und sah, dass ihr Blick nach draußen gerichtet war und dass darin wieder dieser unheimliche, angstmachende Ausdruck loderte, den ich vorhin schon einmal darin gelesen hatte. Sie sah nicht die vorüberhuschende Straße oder die Nacht, sondern etwas anderes, Schlimmeres.

Etwas, das ihr angetan worden war.

Ich fühlte mich schuldig, weil ich nicht dagewesen war, um sie zu beschützen, aber ich sprach auch das nicht aus.

Ich fühlte mich immer noch so leer und ausgebrannt wie in dem Moment unmittelbar nach unserer Flucht, und ich verspürte immer noch keine Zufriedenheit, wenigstens darüber, Steel und den anderen entkommen zu sein. Aber zu dem Gefühl der Niedergeschlagenheit und des Entsetzens, einen Menschen getötet zu haben, gesellte sich allmählich etwas anderes. Ein Empfinden, das nur langsam heranwuchs, aber stärker und stärker wurde, und das mich auf eine gewisse Weise nie wieder im Leben ganz loslassen sollte: einen tiefen, brennenden Hass auf die Wesen, die mich dazu gebracht hatten, all dies zu tun. Die über unvorstellbare Abgründe von Raum und Zeit hinweg zu uns gekommen waren, und die mit Menschen und Schicksalen spielten, wie unsere Forscher mit wehrlosen Laborratten.

Und in gewisser Weise konnte ich Bach plötzlich verstehen. Seine Methoden und Mittel waren falsch, aber ich wusste plötzlich zum ersten Mal, warum er den Kampf gegen die Fremden mit solcher Verbissenheit führte. Und vielleicht war dies der Moment, in dem auch ich ihn wirklich aufnahm.

Er war nicht vorbei. Wir hatten die Seiten gewechselt, möglicherweise mehr; vielleicht gab es jetzt keine Seite mehr, auf der wir standen. Vielleicht waren wir ganz allein. Und trotzdem wusste ich mit unerschütterlicher Sicherheit, in diesem Moment, dass ich niemals aufhören würde, gegen die Grauen und ihre Verbündeten zu kämpfen ... Selbst, wenn ich es mit bloßen Händen tun musste!

»Hast du genug Geld bei dir?« fragte Kimberley plötzlich.

Ich sah sie wieder an und erkannte, dass die Dunkelheit sich wieder aus ihren Augen zurückgezogen hatte. Vielleicht hatte sie die Zeit einfach gebraucht, um auf ihre Weise mit dem Schrecken des Erlebten fertig zu werden.

Ich warf einen Blick auf das Armaturenbrett. Der Tank war gut zur Hälfte voll. Trotzdem schüttelte ich den Kopf. »Wir können noch nicht anhalten«, sagte ich. »Sie werden alle Motels im Umkreis von hundert Meilen kontrollieren.« Ich griff in die Jacke, zog meine Brieftasche hervor und überschlug unsere Barschaft. »Für zwei oder drei Tage wird es reichen, danach sehen wir weiter.«

»Wir haben einen weiten Weg vor uns«, sagte Kimberley.

Ich antwortete kopfschüttelnd: »Wir können nicht zu deinen Verwandten oder meinen Eltern, wenn du das meinst. Dort werden sie uns zuerst suchen.«

»Das wäre auch die falsche Richtung«, antwortete Kimberley.

Ich sah sie fragend an.

Kim fuhr sich müde mit beiden Händen durch das Gesicht, dann machte sie eine Kopfbewegung auf das silbergraue Asphaltband, das sich vor dem Wagen abspulte. »Und wir brauchen auch kein Geld für ein Zimmer. Wir haben eine lange Fahrt vor uns. Wenn du müde wirst, löse ich dich ab. Ich fürchte, dass wir kaum zum Schlafen kommen werden.«

»Warum?« fragte ich.

»Der Anruf vorhin«, antwortete Kimberley. »Es war Robert Kennedy selbst, der angerufen hat. Ich bin nicht dazu gekommen, es dir zu sagen.«

»Woher wusste er, dass Bach informiert ist?« fragte ich.

Kimberley zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht. Er war sehr aufgeregt. Er sagte nur, dass wir auf der Stelle verschwinden sollten, und dass wir in großer Gefahr wären.«

»Das ist mir auch aufgefallen«, antwortete ich. »Immerhin haben wir wenigstens noch einen Verbündeten.«

Ich schwieg eine Sekunde, dann: »Hat er dir eine Telefonnummer genannt, unter der wir ihn erreichen können?«

Kimberley schüttelte den Kopf. »Nein. Aber das war auch nicht nötig. Wir haben eine Verabredung mit seinem Bruder.«

Ich sah sie überrascht an. »Wie?«

»Sie haben sich offenbar entschlossen, uns wirklich zu glauben«, bestätigte Kimberley. »Der Präsident will mit uns reden. Wir haben einen Termin bei ihm. Übermorgen Nachmittag, in Dallas.«