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Natürlich war das nicht wahr. Ich hatte tatsächlich ein paar Dinge gefunden, die auf den ersten Blick zumindest nicht erklärbar erschienen, aber Pratt würde nicht einmal dann mehr Geld bewilligen, wenn ich mit einem leibhaftigen Marsmenschen an der Hand in sein Büro marschierte. Friend jedenfalls glaubte mir kein Wort.

»Reden Sie keinen Unsinn, Junge«, sagte er geradeheraus. »Sie glauben kein Wort von alledem, nicht wahr? Sie halten das alles für Quatsch. Hirngespinste, Wichtigtuerei, Angabe ...«

»Nein, Sir«, antwortete ich unbehaglich. »Es ist nur so, dass ...«

»Lieutenant«, sagte Friend, ohne mich aus den Augen zu lassen, »holen Sie dem Herrn Kongressermittler die Akte Hill.«

Ich versuchte, halbwegs gelassen auszusehen, und hielt Friends Blick irgendwie stand. Aber mir entging trotzdem nicht, dass der junge Lieutenant heftig zusammenfuhr. »Aber Sir!« entfuhr es ihm. »Sie ...«

»Haben Sie mich verstanden, Lieutenant?« fragte Friend. »Bringen Sie Mister Loengard die Hill-Akte. Wir haben nichts zu verbergen.«

Nach allem, was ich bisher mit dem Militär erlebt hatte, erschien es mir selbst fast unglaublich: Und für eine Sekunde war ich sicher, dass der Lieutenant dem Major widersprechen würde. Doch dann warf Friend dem jungen Soldaten einen einzigen, eisigen Blick aus seinen durchdringenden Augen zu. Der Lieutenant erstarrte für einen kurzen Moment, dann drehte er sich mit einer zackigen Bewegung herum und verließ den Raum.

»Was ist die Akte Hill?« fragte ich.

»Die Hills sind ein wirklich nettes Ehepaar«, antwortete Friend. »Sie würden Ihnen gefallen, schätze ich. Schade nur, dass Sie sie wahrscheinlich nie kennen lernen werden. Sie würden Ihre Meinung danach vielleicht ändern.«

»Meine Meinung - worüber?«

»Über UFOs. Fliegende Untertassen. Massenhysterie ...« Er machte wieder diese vage Handbewegung. »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Glauben Sie etwa, Sie wären der erste, der hierherkommt, vor mir auf diesem Stuhl sitzt und mich mit diesem verächtlichen Lächeln ansieht?«

Ich saß gar nicht auf einem Stuhl, sondern stand noch immer auf der anderen Seite des Schreibtischs, aber kam mir mittlerweile vor, als stünde ich als Erstklässler vor meinem Direktor. Friend war nicht der erste hochrangige Soldat, mit dem ich aneinandergeriet, nicht einmal der höchstrangigste. Aber er war genau die Art von Offizier, vor denen ich mich innerlich immer gefürchtet hatte. Er hatte es nicht nötig, laut zu werden, oder seinen Rang herauszuheben. Der Mann strahlte durch seine bloße Anwesenheit eine Autorität aus, der ich nichts entgegenzusetzen hatte.

Ich versuchte ein letztes Mal, so etwas wie Haltung zu heucheln, indem ich mich möglichst gelassen in meinen Stuhl fallen ließ und das rechte Bein über das linke schlug. Der Versuchung, lässig mit einem Bleistift zu spielen, widerstand ich im letzten Augenblick.

Friend tat etwas, womit ich nun wirklich nicht gerechnet hätte: Er setzte sich in einer wirklich lässigen Bewegung auf die Schreibtischkante, verschränkte die Arme vor der Brust und sah einen Moment lang nachdenklich auf mich herab. Dann seufzte er: »Ich weiß nicht einmal, ob ich Ihnen damit einen Gefallen tue, mein Junge.«

»Womit?« fragte ich.

»Glauben Sie nicht, ich wüsste nicht, was hinter Ihrer Stirn vorgeht, John?« fragte Friend. »Wie lange sind Sie schon mit diesen ... Nachforschungen beschäftigt?«

»Nicht ganz drei Monate, Sir«, antwortete ich.

»Drei Monate.« Friend machte eine Bewegung, die wie eine Mischung aus einem Nicken und einem Kopfschütteln aussah und wahrscheinlich nichts von beidem war. »Nun, mein lieber Junge - ich beschäftige mich mit solchen Dingen schon ein wenig länger. Länger, als Sie schon auf der Welt sind, um genau zu sein.«

»Sir?«

»Ich weiß ziemlich genau, was Sie in den letzten drei Monaten zu hören bekommen haben«, fuhr Friend unbeeindruckt fort. »Sie sind auf jede Menge Verrückte gestoßen. Auf Angeber, Wichtigtuer, Fanatiker und Besessene. Und dann gibt es da noch die andere Fraktion. Die, die wirklich etwas gesehen haben. Wetterballons, tieffliegende Flugzeuge, Kugelblitze und Nordlichter. Und dann ist da noch ein winziger Rest, den man nicht erklären kann, stimmt's? Diese Leute sind weder verrückt, noch haben sie einen Kinderdrachen gesehen. Und dieser kleine Prozentsatz gibt einem zu denken, nicht wahr?«

»Worauf wollen Sie hinaus, Sir?«

»Ich war genau wie Sie«, sagte Friend, ohne direkt auf meine Frage zu antworten. »Und trotzdem: Denken Sie einfach einmal fünf Minuten lang nicht an all das, was Sie in der Schule gelernt haben, und das, was Ihnen Ihr gesunder Menschenverstand sagt. Vergessen Sie alles, was Sie in Ihren Berichten und Rapports gelesen haben, und fragen Sie sich nur einen Augenblick lang, ob es nicht vielleicht doch so sein könnte.«

»Wie?«

»Dass dort oben etwas ist«, antwortete Friend. »Jemand.«

»Jemand?« wiederholte ich zweifelnd. »Verzeihen Sie, Sir, aber was ... was genau meinen Sie?«

»Dort oben sind Millionen von Sternen«, sagte Friend. »Vielleicht Milliarden. Glauben Sie wirklich, wir wären die einzigen lebenden Wesen im Universum?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Ganz bestimmt nicht. Dort oben ist etwas. Jemand. Und sie sind hier. Sie beobachten uns, das ist meine feste Überzeugung.«

Bei jedem anderen hätten diese Worte einfach nur lächerlich geklungen. Nicht so bei Friend. Er hatte es nicht nötig, seine Stimme dramatisch zu heben oder mit theatralischen Gesten zu untermalen. Er sagte einfach, was er dachte, und vielleicht machte ihn gerade das so überzeugend.

»Es fällt mir schwer, etwas dazu zu sagen, Sir«, sagte ich vorsichtig. »Wenn ich ganz offen sein darf. Sie haben Recht. Bisher ist mir wenig Überzeugendes untergekommen.«

»Und das wird auch so bleiben«, sagte Friend beinahe grimmig. »Wie gesagt: Mir selbst ist es nicht anders ergangen. Bis ich die Hills traf.«

Wie auf ein Stichwort hin kam in diesem Moment der Lieutenant zurück. Er trug einen dick gefüllten Aktendeckel unter dem linken Arm. Ich konnte die Aufschrift nicht erkennen, aber der in verblasstem Rot gehaltene TOP-SECRET-Stempel quer über dem Deckel war nicht zu übersehen.

»Die Akte Hill, Sir«, sagte er steif.

Friend stand mit einer raschen Bewegung wieder auf, nahm die Arme herunter und verwandelte sich im gleichen Augenblick wieder in den unnahbaren, immer auf Verteidigung eingestellten Soldaten zurück, als der er hereingekommen war. »Geben Sie sie Mister Loengard«, sagte er. »Und falls er noch Fragen hat oder weitere Unterlagen benötigt, geben Sie sie ihm ebenfalls. Wie gesagt: Wir haben nichts zu verbergen.«

Und damit ging er. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich zu verabschieden, sondern marschierte mit steifen Schritten, aber sehr schnell, aus dem Raum und ließ mich mit der streng geheimen Akte und einem ziemlich unglücklich dreinblickenden Lieutenant allein zurück.

Zögernd griff ich nach der Akte und begann sie durchzublättern. Sie enthielt im Großen und Ganzen nicht mehr als das, was ich in einem Dutzend unterschiedlicher Variationen innerhalb der letzten drei Monate immer wieder gehört hatte. Die Hills hatten etwas gesehen, von dem sie beide überzeugt waren, dass es sich um ein außerirdisches Raumschiff handelte. Interessant - aber alles andere als sensationell, oder gar überzeugender als vieles von dem, was ich zuvor gehört hatte. Wahrscheinlich hätte ich die Akte nur flüchtig durchgeblättert und dann wieder zugeklappt, wären nicht zwei Dinge gewesen: der TOP-SECRET-Stempel auf dem Aktendeckel, und die Erinnerung an Friends Worte.

Ich klappte den Deckel zu und sah nachdenklich auf die Adresse, die darauf vermerkt war. »Stimmt diese Adresse noch?« fragte ich.

»Ich denke schon, Sir«, antwortete der Lieutenant.