Tasche.»Hier«, fuhr er fort und drückte Conklin die fünf Führerscheine und beinahe sechstausend Dollar in die Hand.
«Was ist das?«fragte Alex verwundert.
«Ich habe eine Bank ausgeraubt und mich entschlossen, ein professioneller Fahrer zu werden… Was denkst du denn, was das ist? Ich hab das dem Kerl abgenommen, der mich bewacht hat. Ich habe der Crew des Hubschraubers, so gut es ging, beschrieben, wo der Unfall stattgefunden hat. Sie fliegen zurück, um ihn zu finden. Werden sie auch. Der läuft nirgendwohin.«
Peter Holland griff nach dem Telefon im Wagen und drückte drei Knöpfe. Nach zwei Sekunden sagte er:»Sagt der EMS-Arlington, Besatzung siebenundfünfzig, daß der Mann, den sie einsammeln, direkt nach Langley gebracht wird. In die Krankenabteilung. Und haltet mich über die Geschehnisse auf dem laufenden… Entschuldigung, Doktor, machen Sie weiter.«
«Weiter? Wieso weiter? Ich wurde gekidnappt, in einem Bauernhaus gefangengehalten und bekam, wenn ich nicht irre, genug Sodium Pentothal gespritzt, um mich zu einem Bewohner von Phantasia zu machen, wessen mich auch besagte Madame Scylla Charybdis beschuldigte.«
«Wovon reden Sie?«fragte Holland.
«Nichts, Admiral oder Mr. Direktor oder…«
«Peter reicht, Mo«, vervollständigte Holland.»Ich hab Sie einfach nicht verstanden.«
«Es gibt nichts zu verstehen außer den Tatsachen. Meine Andeutungen sind zwanghafte Versuche falscher Gelehrsamkeit. Wird Posttraumatischer Streß genannt.«
«Gut, jetzt sind Sie vollkommen verständlich.«
Panov wandte sich mit einem nervösen Lächeln an den DCI.»Jetzt muß ich mich entschuldigen, Peter. Ich bin immer noch aufgedreht. Dieser heutige Tag paßt nicht gerade zu meinem gewöhnlichen Lebensstil.«
«Ich glaube auch nicht, daß es der alltägliche Lebensstil von sonst irgend jemandem ist«, ergänzte Holland.
«Es eilt ja nicht, Mo«, fügte Conklin hinzu.»Setz dich nicht unter Druck. Du bist gestraft genug. Wenn du willst, verschieben wir das Gespräch um ein paar Stunden, und du ruhst dich erst mal aus.«
«Sei kein verdammter Idiot, Alex!«protestierte der Psychiater scharf.»Zum zweiten Mal habe ich Davids Leben aufs Spiel gesetzt. Das zu wissen, ist die größte Strafe. Wir dürfen keine Minute verlieren… Vergessen Sie Langley, Peter. Bringen Sie mich in eine Ihrer Kliniken. Ich will hemmungslos versuchen, mich an alles zu erinnern, egal, wie tief im Unbewußten es bei mir sitzt. Schnell. Ich sage den Ärzten, was sie tun müssen.«
«Sie machen wohl Witze«, sagte Holland und starrte Panov an.
«Ich scherze keinen Augenblick. Ihr beide müßt wissen, was ich weiß — ob ich mir dessen bewußt bin, daß ich es weiß, oder nicht. Könnt ihr das nicht verstehen?«
Der Direktor griff wieder zum Telefon und drückte einen Knopf. Auf dem Fahrersitz hinter der gläsernen Trennwand nahm der Chauffeur den Hörer neben seinem Sitz auf.
«Es gibt eine Änderung«, sagte Holland.»Fahren Sie zur Sterilabteilung Nummer fünf.«
Der Wagen wurde langsamer und bog an der nächsten Abzweigung nach rechts, Richtung der gewellten Hügel und grünenden Felder Virginias. Morris Panov schloß die Augen, als wäre er in Trance oder sähe einem schrecklichen Ereignis entgegen — seiner eigenen Hinrichtung vielleicht. Alex sah Peter Holland an. Beide äugten zu Mo hinüber und sahen dann wieder einander an. Was immer Panov tat, es gab einen Grund dafür. Bis sie ihr neues Ziel erreicht hatten, sprachen sie kein Wort.
«DCI und Begleitung«, verkündete der Fahrer dem Wächter in der Uniform einer privaten Wachfirma, die aber in
Wirklichkeit der CIA gehörte. Der Wagen fuhr die lange, mit Bäumen bestandene Einfahrt hinunter.
«Danke«, sagte Mo, als er die Augen öffnete und blinzelte.»Ich bin sicher, ihr habt verstanden, daß ich einen klaren Kopf gewinnen und meinen Blutdruck senken mußte.«
«Das muß doch nicht hier sein«, insistierte Holland.
«Doch, doch«, sagte Panov.»Vielleicht könnte ich nach und nach die Dinge auch so einigermaßen klar auf die Reihe bringen, aber das würde dauern, und wir haben keine Zeit. «Mo wandte sich an Conklin.»Was kannst du mir sagen?«
«Peter weiß alles. Um deines Blutdrucks willen möchte ich dich jetzt nicht mit Details belasten, aber das Wesentliche ist, daß es David gutgeht. Zumindest haben wir nichts Gegenteiliges gehört.«
«Marie? Die Kinder?«
«Auf der Insel«, antwortete Alex, ohne Holland in die Augen zu sehen.
«Wie steht's mit dieser Anstalt?«fragte Panov und sah Peter Holland an.»Ich nehme an, daß es da einen oder mehrere Spezialisten gibt, wie ich sie brauche.«
«Im Schichtwechsel rund um die Uhr. Wahrscheinlich kennen Sie sogar einige von ihnen.«
«Lieber nicht.«
Das lange, schwarze Fahrzeug bog in die runde Auffahrt und hielt vor den Steinstufen einer georgianischen Villa mit Säulenentree, die das Zentrum der Anlage bildete.
«Gehen wir«, sagte Mo ruhig und stieg aus.
Die geschnitzten weißen Türen, der rosige Marmorboden und das elegante Treppenhaus in der geräumigen Eingangshalle lieferten eine wunderbare Tarnung für die in dieser Abteilung geleistete Arbeit. Überläufer, Doppel- und Dreifachagenten, CIA-Agenten, die von komplizierten Aufträgen zurückkehrten, wurden hier einquartiert, um Ruhe zu finden oder den nächsten Einsatz zu besprechen. Das Personal, das insgesamt der VierNull-Geheimhaltung unterlag, bestand in den verschiedenen Abteilungen aus jeweils zwei Ärzten und drei Schwestern. Die Köche und Hausangestellten wurden aus dem Personal im Auslandsdienst — hauptsächlich Botschaften in Übersee — rekrutiert, und die Wächter hatten alle eine Rangerausbildung. Sie bewegten sich unauffällig durch Haus und Gelände, mit ständig wachem Blick, jeder entweder mit einer versteckten oder offen getragenen Waffe, außer den Ärzten natürlich. Besuchern wurden ausnahmslos von ihrem Begleiter im dunklen Anzug kleine Namensschilder angeheftet, auf denen Zweck und Ziel ihrer Besuche vermerkt waren.
Ihr Begleiter heute war ein grauhaariger früherer Dolmetscher der CIA, aber er machte sich so gut in seiner neuen Aufgabe, daß er auch von einer der großen Rundfunkanstalten hätte kommen können. Der Anblick von Peter Holland erstaunte ihn. Er rühmte sich, das gesamte Programm der Abteilung im Kopf zu haben.
«Ein Überraschungsbesuch, Sir?«
«Schön, Sie zu sehen, Frank. «Der DCI schüttelte dem ehemaligen Dolmetscher die Hand.»Sie erinnern sich vielleicht an Alexander Conklin…«
«Guter Gott, bist du es, Alex? Es muß Jahre her sein!«Wieder Händeschütteln.»Wann war das letztemal?… Diese verrückte Frau aus Warschau, oder?«
«Der KGB lacht immer noch drüber«, sagte Conklin.»Das einzige Geheimnis, das sie kannte, war das Rezept für die schlimmste golumpki, die ich jemals gegessen habe… Immer noch dabei, Frank?«
«Hin und wieder«, antwortete der Begleiter und machte eine scherzhafte Grimasse.»Diese jungen Übersetzer können doch keine quiche von einer kluski unterscheiden.«
«Ich auch nicht«, sagte Holland,»aber kann ich trotzdem vielleicht kurz mit Ihnen reden, Frank?«Die beiden Männer gingen auf die Seite, um leise miteinander zu sprechen, während Mo Panov und Alex warteten. Mo runzelte die Stirn und atmete sporadisch tief durch. Der Direktor kam mit zwei Ansteckschildchen zurück und gab sie seinen Kollegen.
«Ich weiß, wo wir hinmüssen«, sagte er.»Frank wird schon anrufen. «Die drei gingen eine gewundene Treppe hinauf und dann einen Flur mit einer reichverzierten Tapete hinunter zum rückwärtigen Teil des riesigen Gebäudes. In der rechten Wand war eine Tür, ganz verschieden von den anderen, an denen sie bis dahin vorübergekommen waren. Sie war aus massiver, gefirnißter Eiche mit vier kleinen Fenstern, die oben in sie eingelassen waren, und zwei schwarzen Knöpfen in einem Kästchen neben dem Griff. Holland steckte einen Schlüssel hinein, drehte ihn und drückte den unteren Knopf. Ein rotes Licht an der kleinen Deckenkamera leuchtete auf. Zwanzig Sekunden später war das vertraute metallische Klirren eines Aufzugs zu hören, der zum Halten kam.