«Hinein, meine Herren«, befahl der DCI. Die Tür schloß sich, und der Fahrstuhl fuhr nach unten.
«Wir sind hoch, um dann wieder runterzufahren?«fragte Conklin.
«Sicherheit«, antwortete der Direktor.»Es ist die einzige Möglichkeit, dorthin zu gelangen, wohin wir wollen. Unten und im ersten Stock gibt es keinen Fahrstuhl.«
«Und warum nicht, wenn man fragen darf?«sagte Alex.
«Alle Zugänge zu den Kellergewölben sind versiegelt«, sagte der DCI,»außer zwei Fahrstühlen, die am Parterre und am ersten Stock vorüberfahren und für die man einen Schlüssel braucht. Dieser hier bringt uns dorthin, wohin wir wollen, und der andere führt in die Heizungsräume, die Küchen, Belüftungsanlagen und was es da sonst noch gibt. Nebenbei bemerkt, wenn der Schlüssel nicht zu einer bestimmten Zeit in sein Schloß zurückkehrt, dann gibt es Alarm.«
«Das kommt mir alles unnötig kompliziert vor«, sagte Panov.»Teures Spielzeug.«
«Nicht unbedingt, Mo«, unterbrach ihn Conklin.»Bomben können leicht in Heizröhren versteckt werden. Und hast du etwa gewußt, daß in Hitlers letzten Tagen in seinem Bunker einige seiner vernünftigeren Adjutanten versuchten, Giftgas in die Luftfilteranlage zu leiten? Das alles sind einfach Vorsichtsmaßnahmen.«
Der Fahrstuhl hielt, und die Tür öffnete sich.
«Nach links, Doktor«, sagte Holland. Der Flur war in hellem, einfachem Weiß gehalten, antiseptisch. Dieser unterirdische Komplex beherbergte ein außerordentliches medizinisches Zentrum, das nicht nur den Zweck hatte, kranken Frauen und Männern zu helfen, sondern auch, sie zu zerbrechen, ihren Widerstand zu zerstören, um Informationen zu enthüllen, Wahrheiten zu gewinnen — was nicht selten etliche Leben retten half.
Sie betraten ein Zimmer, das in starkem Widerspruch zu dem antiseptischen Flur stand. Da gab es schwere Sessel und indirektes Licht und eine Kaffeemaschine auf einem Tisch mit Tassen und Löffeln. Auf anderen Tischen lagen säuberlich geordnet Zeitungen und Zeitschriften bereit, alle Bequemlichkeiten einer Lounge für Leute, die auf etwas oder jemanden warteten. In einer Tür erschien ein Mann in weißem Arztkittel. Er runzelte die Stirn.
«Direktor Holland?«fragte er und ging mit ausgestreckter Hand auf Peter zu.»Ich bin Dr. Walsh, zweite Schicht. Ich brauche nicht zu sagen, daß wir Sie nicht erwartet haben.«
«Ich fürchte, es handelt sich um einen Notfall und nicht um einen, den ich mir ausgesucht habe. Darf ich Ihnen Dr. Morris Panov vorstellen — falls Sie ihn nicht kennen.«
«Ja, natürlich. «Walsh streckte erneut seine Hand aus.»Ein Vergnügen, Doktor, und eine Ehre.«
«Vielleicht nehmen Sie beides wieder zurück, bevor wir die Geschichte hinter uns gebracht haben, Doktor. Kann ich Sie privat sprechen?«
«Gewiß, mein Büro ist da drinnen. «Die beiden Männer verschwanden durch die Tür.
«Solltest du nicht mit hineingehen?«fragte Conklin.
«Warum du nicht?«
«Verdammt, du bist der Direktor. Du solltest darauf bestehen!«
«Du bist sein engster Freund. Du hättest es tun sollen.«
«Hier habe ich keinen rechten Mumm.«
«Und meiner ist verschwunden, als Mo uns beiseite schob. Trinken wir einen Kaffee. An diesem Ort bekomme ich die sprichwörtliche Gänsehaut. «Holland ging zum Kaffeetisch und schenkte zwei Tassen ein.»Wie willst du ihn?«
«Mit mehr Milch und Zucker, als ich eigentlich haben dürfte. Ich mach's schon.«
«Ich nehme ihn immer noch schwarz«, sagte der Direktor, kam vom Tisch zurück und holte eine Schachtel Zigaretten hervor.»Meine Frau sagte, die Säure wird mich eines Tages umbringen.«
«Andere wieder sagen, es sei der Tabak.«
«Was?«
«Sieh mal. «Alex zeigte auf ein Schild an der Wand gegenüber:»Danke, daß Sie nicht rauchen.«
«Dafür habe ich noch den Mumm«, meinte Holland ruhig und zündete sich seine Zigarette an.
Es vergingen beinahe zwanzig Minuten. Hin und wieder griff einer von ihnen nach einer Zeitung oder einem Magazin, nur um
es ein paar Augenblicke später wieder hinzulegen und auf die Tür zu starren. Schließlich, achtundzwanzig Minuten nachdem er mit Panov verschwunden war, kam der Arzt mit Namen Walsh zurück.
«Er sagt, Sie wissen, was er verlangt, und daß Sie keine Einwände haben, Direktor Holland.«
«Ich habe reichlich Einwände, aber es scheint, daß er sich darüber hinwegsetzen möchte… Oh, entschuldigen Sie, Doktor, dies ist Alex Conklin. Er ist einer von uns und ein enger Freund von Panov.«
«Wie denken Sie, Mr. Conklin?«fragte Walsh, nachdem er den Gruß von Alex erwidert hatte.
«Ich hasse das, was er vorhat, doch er meint, daß es etwas bringen wird. Und wenn es so ist, dann ist es gut für ihn, und ich verstehe, warum er darauf besteht. Hat es einen Sinn, Doktor? Und wie groß ist das Risiko eines Schadens?«
«Ein Risiko ist immer gegeben, wenn Drogen im Spiel sind, besonders wenn es auf die chemische Balance ankommt, aber das weiß er. Deshalb hat er eine intravenöse Spritze angeordnet, was den eigenen psychologischen Schmerz verlängert, aber das Risiko in gewisser Weise vermindert.«
«In gewisser Weise?«schrie Alex.
«Ich bin aufrichtig. Er ist es auch.«
«Das Fazit, Doktor«, sagte Holland.
«Wenn es schiefläuft, zwei oder drei Monate Therapie, nicht auf Dauer.«
«Und der Sinn?«insistierte Conklin.»Ist es sinnvoll?«
«Ja«, antwortete Walsh.»Was ihm widerfahren ist, ist nicht nur ganz frisch, sondern es frißt ihn auch auf. Sein Bewußtsein ist förmlich davon besessen, was nur bedeuten kann, daß sein Unterbewußtsein in völligem Aufruhr ist. Er hat ohne Frage recht… er besteht darauf, daß wir anfangen, und nach allem, was er mir sagte, werde ich es tun — das würde jeder von uns hier.«
«Wie ist es mit der Sicherheit?«fragte Alex.
«Die Schwester wird vor der Tür warten. Es wird nur ein batteriegetriebenes Aufnahmegerät geben und mich… und einer von Ihnen oder Sie beide. «Der Doktor ging wieder zur Tür.»Wenn es soweit ist, werde ich nach Ihnen schicken.«
Conklin und Peter Holland sahen sich an. Die zweite Warteperiode begann.
Zu ihrem Erstaunen dauerte sie nur zehn Minuten. Eine Schwester kam in das Wartezimmer und bat sie, ihr zu folgen. Sie liefen durch einen wahren Irrgarten von anti septischen weißen Wänden, und nur einmal auf ihrem Weg begegneten sie einem anderen menschlichen Wesen. Es war ein Mann in einem weißen Kittel und mit einer weißen Operationsmaske, der aus einer der weißen Türen kam, und sie mit einem scharfen, intensiven Blick musterte, der irgendwie anklagend wirkte. Sie fühlten sich wie Fremde aus einer anderen Welt.
Die Schwester öffnete eine Tür, über der eine rote Lampe blinkte. Sie legte ihren Zeigefinger auf die Lippen. Holland und Conklin traten leise in einen dunklen Raum mit einem Vorhang, hinter dem sich ein Bett oder ein Untersuchungstisch verbarg. Ein kleiner Kreis intensiven Lichts schien durch den Stoff. Sie hörten die sanften Worte von Dr. Walsh.
«Sie gehen zurück, Doktor, nicht weit zurück, nur einen Tag oder so, als dieser dumpfe, ständige Schmerz in Ihrem Arm begann… Ihrem Arm, Doktor. Warum fügten die Ihrem Arm Schmerzen zu, Doktor? Sie waren in einem Bauernhaus, einem kleinen Bauernhaus mit Feldern vor dem Fenster, und dann verband man Ihnen die Augen und tat Ihnen am Arm weh. Ihrem Arm, Doktor.«