Plötzlich das gedämpfte Aufleuchten eines grünen Lichtes, das von der Decke reflektiert wurde. Der Vorhang wurde elektronisch einige Handbreit geöffnet, wodurch das Bett, der Patient und der Arzt zu sehen waren. Walsh nahm den Finger von einem Knopf an der Bettkante und machte langsame Bewegungen mit der Hand, um damit zu fragen, ob niemand sonst im Raum sei. Richtig?
Beide Zeugen nickten. Sie waren wie hypnotisiert und wurden dann abgestoßen von Panovs grimassierendem blassen Gesicht und den Tränen, die langsam aus seinen weit geöffneten Augen zu fließen begannen. Dann sahen sie die Bänder, die unter dem Laken hervorkamen, um Mo festzuhalten. Sicher auf seine Anordnung hin.
«Der Arm, Doktor. Wir müssen mit der physisch in Sie dringenden Prozedur beginnen, nicht wahr? Weil wir wissen, was sie bewirkt, nicht wahr, Doktor? Sie führt zu einer anderen Prozedur, die ebenfalls in Sie dringen will, die Sie aber nicht zulassen dürfen. Sie müssen ihr Vordringen verhindern.«
Ein ohrenbetäubender Schrei wurde zu einem langgezogenen Ton des Schreckens und des Sträubens.»Nein, nein! Ich werde euch nichts sagen. Ich habe ihn einmal getötet, ich will ihn nicht noch mal töten! Laßt mich in Ruuuuuuhe…!«
Alex klappte zusammen. Peter Holland packte ihn, und sanft brachte der starke, breitschultrige Veteran Conklin durch die Tür zur Schwester.»Bringen Sie ihn bitte weg von hier.«
«Ja, Sir.«
«Peter«, keuchte Alex und versuchte zu stehen, mußte sich aber von der Schwester helfen lassen.»Tut mir leid, tut mir so leid!«
«Warum denn?«flüsterte Holland.
«Ich wollte zuschauen, aber ich kann es nicht.«
«Ich verstehe. Er steht dir zu nahe. Wenn ich du wäre, könnte ich es wahrscheinlich auch nicht.«
«Nein, du verstehst nicht! Mo sagte, er hat David getötet, aber das hat er natürlich nicht getan. Ich! Ich hatte die Absicht, ich wollte ihn töten! Ich war im Unrecht, aber ich versuchte mit all den Möglichkeiten, die mir zur Verfügung standen, ihn zu töten! Und jetzt habe ich es wieder getan. Indem ich ihn nach Paris gelassen habe… Nicht Mo, ich!«
«Setzen Sie ihn gegen die Wand, Schwester, und lassen Sie uns bitte allein.«
«Ja, Sir!«Die Schwester tat, wie ihr geheißen, und verschwand durch die nächste Tür.
«Jetzt höre mir mal gut zu, mein alter Agent«, flüsterte der grauhaarige Direktor der CIA und kniete vor Conklin nieder,»dieser dämliche Ringelreigen von wegen Schuld und so, das hört jetzt auf, das muß aufhören, sonst wird niemand für irgend jemanden von Nutzen sein. Ich scheiß darauf, was du oder Panov vor dreizehn Jahren getan habt oder vor fünf Jahren oder jetzt! Wir sind vernünftige, gutmeinende Menschen, und wir haben getan, was jeder von uns getan hätte, weil wir zu dem Zeitpunkt dachten, das es das richtige wäre… Stell dir mal vor, heiliger Alex! Ja, den Ausdruck habe ich schon gehört. Wir machen Fehler. Verdammt komisch, nicht? Vielleicht sind wir am Ende gar nicht so großartig? Vielleicht ist Panov gar nicht der größte Verhaltensforscher oder was er auch immer ist. Vielleicht bist du eben auch nicht der gewitzteste Hurensohn draußen vor Ort, und vielleicht tauge ich nicht zur grauen Eminenz der Strategie, zu der sie mich gemacht haben. Und was heißt das? Wir schnüren unser Bündel und ziehen dorthin, wohin wir müssen.«
«Um Himmels willen, halt die Klappe!«bellte Conklin.
«Psst!«
«Ach, Scheiße! Das letzte, was mir jetzt gerade fehlt, ist so ein Sermon von dir! Wenn ich meinen Fuß noch hätte, würde ich ihn jetzt benutzen!«
«Sollen wir handgreiflich werden?«
«Ich hatte den Schwarzen Gürtel. Erster Klasse, Admiral.«
«Donnerwetter! Ich kann nicht einmal ringen.«
Sie sahen sich an, und Alex war der erste, der leise zu lachen begann.»Du bist unmöglich, Peter. Aber ich habe verstanden. Hilf mir auf die Beine, ja? Ich gehe zurück ins Wartezimmer und warte auf dich. Komm schon, hilf mir.«
«Den Teufel werde ich tun«, sagte Holland.»Hilf dir selbst. Man hat mir erzählt, daß der heilige Alex sich über zweihundert Kilometer durch feindliches Gebiet geschlagen hat, durch Flüsse, Ströme und Dschungel, und im Basislager Foxtrot angekommen ist und als erstes gefragt hat, ob jemand eine Flasche Bourbon habe.«
«Tja, richtig, aber da war ich ein ganzes Stück jünger, und ich hatte noch einen Fuß mehr.«
«Stell dir vor, du hast ihn immer noch. «Holland winkte ihm zu.»Ich gehe wieder hinein. Einer von uns muß dabeisein.«
«Bastard!«
Eine Stunde und siebenundvierzig Minuten saß Conklin im Wartezimmer. Sein Bein mit der Fußprothese pochte. Oh, wie er sich gewünscht hatte, die Welt zu verändern, als er noch jung war und beide Füße hatte. Und wie gut er sich gefühlt hatte, der jüngste Student in der Geschichte der Schule geworden zu sein, der die Abschiedsrede hielt, der jüngste, der je in Georgetown angenommen worden war, ein helles, helles Licht, das am Ende des akademischen Tunnels leuchtete. Sein Abstieg hatte begonnen, als jemand irgendwo herausfand, daß sein Geburtsname nicht Alexander Conklin, sondern Aleksej Nikolaj Konsolikow war. Beiläufig war ihm eine Frage gestellt worden, und die Antwort darauf hatte Conklins Leben verändert.
«Sprechen Sie zufällig russisch?«
«Natürlich«, hatte er geantwortet, amüsiert, daß sein Besucher überhaupt etwas anderes annehmen konnte.»Wie Sie offensichtlich wissen, waren meine Eltern Einwanderer. Ich bin nicht nur in einem russischen Elternhaus aufgewachsen, sondern auch in einem russischen Viertel — zumindest in den ersten Jahren. Ohne Russisch konnte man da nicht mal einen Laib Brot kaufen. Und in der Schulkirche hielten die älteren Priester und Nonnen eisern, genau wie die Polen, an der Sprache fest… Ich bin sicher, daß das dazu beigetragen hat, daß ich den Glauben verloren habe.«
«Das war also in den ersten Jahren, so haben Sie sich doch ausgedrückt.«
«Ja.«
«Was also hatte sich geändert?«
«Ich bin sicher, daß es irgendwo in Ihren Regierungsberichten steht und Ihren bösartigen Senator McCarthy kaum befriedigen wird.«
Mit der Erinnerung an diese Worte sah er auch das Gesicht wieder vor sich. Es war das Gesicht eines Mannes in mittleren Jahren, das plötzlich ausdruckslos wurde, in dem sich die Augen vor unterdrücktem Ärger verfinsterten.»Ich versichere Ihnen, Mr. Conklin, daß ich in keiner Weise mit dem Senator verbunden bin. Sie nennen ihn bösartig, ich würde es anders ausdrücken, aber das würde sich hier nicht schicken… Was hatte sich verändert?«
«Ziemlich spät in seinem Leben wurde mein Vater das, was er schon in Rußland gewesen ist: ein sehr erfolgreicher Händler, ein Kapitalist. Er besitzt sieben Supermärkte in großen Ladenpassagen. Sie werden Conklin's Corners genannt. Er ist jetzt über achtzig, und obwohl ich ihn sehr Liebe, bedaure ich, sagen zu müssen, daß er ein eifriger Anhänger des Senators ist. Ich denke einfach an sein Alter, seine Kämpfe, seinen Haß auf die Sowjets und vermeide das Thema.«
«Sie sind sehr diplomatisch.«
«Diplomatisch«, hatte Alex zugestimmt.
«Ich habe des öfteren in Conklin's Corners eingekauft. Ziemlich teuer.«
«Oh, ja.«
«Woher stammt das Conklin?«
«Von meinem Vater. Meine Mutter erzählt, er hätte es auf einer Reklametafel gesehen, auf der Motorenöl angepriesen wurde, vier oder fünf Jahre nachdem sie hier waren. Und natürlich mußte Konsolikow abtreten. Wie mein sehr bigotter Vater einmal sagte: Nur die Juden mit russischen Namen können hier Geschäfte machen. Auch dieses Thema vermeide ich.«
«Sehr diplomatisch.«
«Es ist nicht schwierig. Er hat auch seine guten Seiten.«
«Selbst wenn er sie nicht hätte, bin ich sicher, daß Sie in Ihrer Diplomatie überzeugend wären — es würde Ihnen nichts von Ihrer Fähigkeit nehmen, Ihre wahren Gefühle zu verbergen.«
«Wie komme ich eigentlich darauf, daß dies hier ein wichtiges Gespräch ist?«