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«Die Maschine arbeitet nicht«, sagte die Stimme auf der geheiligten Leitung.

«Was ist passiert?«»Weiß ich nicht. Ist ständig besetzt.«

«Es ist ein Top-Gerät. Wie oft haben Sie es probiert?«

«Ich habe es die ganzen vergangenen zwei Stunden über versucht. Da stimmt was nicht. Selbst die besten Geräte gehen mal kaputt.«

«Schicken Sie jemanden, um es zu prüfen, einen von den Niggern.«

«Na klar. Ein Weißer würde da nicht hingehen.«

Kapitel 25

Es war kurz nach Mitternacht, als Borowski aus der Metro in Argenteuil stieg. Er hatte sich die Zeit für die Vorbereitungen, die er treffen mußte, und die Suche nach Marie genau eingeteilt. Er war von einem Arrondissement zum anderen gefahren, hatte sie in Cafes gesucht, in jedem Laden, jedem Hotel, an das er sich erinnern konnte. Mehr als einmal hatte ihm der Atem gestockt, weil er ein Profil, einen dunkelroten Haarschopf im schummrigen Licht eines Cafes oder aus der Ferne für Marie gehalten hatte. Aber jedesmal hatte sich seine Vermutung als falsch herausgestellt.

Alex! Wo, zum Teufel, steckte Conklin? Er konnte ihn nicht erreichen! Er hatte auf Conklin gezählt, daß er sich um die Details kümmerte, in erster Linie die zügige Überweisung von Geld. Der Geschäftstag an der Ostküste der Vereinigten Staaten begann um vier Uhr Pariser Zeit. Da blieb nur eine Stunde, um eine Million amerikanische Dollar abzuheben und an einen Herrn Simon auf eine Bank seiner Wahl in Paris zu überweisen. Und das bedeutete, daß Mr. Simon sich bei eben dieser Bank vorstellen mußte. Bernardine war hilfreich gewesen. Hilfreich? Er hatte die Sache überhaupt erst möglich gemacht.

«Es gibt da eine Bank in der Rue de Grenelle, die häufig vom Deuxieme benutzt wird und wo man entgegenkommend ist, was Öffnungszeiten oder die eine oder andere fehlende Unterschrift angeht. Ist natürlich nicht umsonst, und darüber hinaus trauen sie niemandem, insbesondere dann nicht, wenn jemand mit unserer wohlwollenden sozialistischen Regierung zu tun hat.«

«Sie meinen, nur auf ein Telex oder ein Fax hin machen sie keinen Franc locker?«

«Nicht einen. Der Präsident persönlich könnte anrufen, und sie würden ihm sagen, er solle es sich lieber direkt aus Moskau holen, wo er, wie sie fest glauben, eindeutig hingehört.«

«Da ich Alex nicht erreichen kann, habe ich unseren Mann auf den Cayman-Inseln angerufen, wo Marie den größten Teil des Geldes angelegt hat. Er ist Kanadier, und auch die Bank ist kanadisch. Er wartet auf Anweisungen.«

«Ich werde anrufen. Sind Sie im Pont-Royal?«

«Nein. Ich rufe Sie zurück.«

«Wo sind Sie?«

«Ich denke, man könnte sagen, daß ich ein ängstlicher, konfuser Schmetterling bin, der von einem vage erinnerten Platz zum nächsten flattert.«

«Sie suchen nach ihr.«

«Ja.«

«In gewisser Weise hoffe ich, daß Sie sie nicht finden.«

«Danke. Ich rufe in zwanzig Minuten zurück.«

Er war dann zum Trocadero und dem Palais de Chaillot gegangen. Auf einer der Terrassen war damals auf ihn geschossen worden. Es hatte Gewehrschüsse gegeben und Menschen, die die endlosen Stufen hinabgerannt kamen, zwischendurch verdeckt durch die großen goldenen Skulpturen und die hohen Wasserfontänen, bis sie in den Gärten verschwanden und schließlich außer Sicht- und Reichweite waren. Was war geschehen? Warum erinnerte er sich an den Trocadero…? Marie war dort gewesen irgendwo. Wo in diesem enormen Komplex war sie gewesen? Wo? Eine Terrasse! Sie war auf einer Terrasse gewesen. In der Nähe einer Statue… Welcher Statue? Descartes? Racine? Talleyrand? Die Statue von Descartes fiel ihm zuerst ein.

Er fand sie, aber Marie war nicht dort. Er sah auf seine Uhr; es waren beinahe fünfundvierzig Minuten vergangen, seitdem er mit Bernardine gesprochen hatte. Er suchte eine Telefonzelle.

«Gehen Sie zur Banque Normandie, und fragen Sie nach einem Herrn Tabouri. Er weiß Bescheid und wird glücklich sein, wenn Sie sein Telefon benutzen — natürlich gegen Erstattung der Kosten.«

«Danke, Francois.«

«Wo sind Sie jetzt?«

«Am Trocadero. Es ist verrückt. Ich habe verdammt noch mal so ein unbestimmtes Gefühl, wie Vibrationen, aber sie ist nicht da.«

«Gehen Sie zur Bank.«

Das hatte er getan, und innerhalb von fünfunddreißig Minuten nach dem Anruf auf den Cayman-Inseln hatte der olivenhäutige, ständig lächelnde Monsieur Tabouri ihm bestätigt, seine Gelder seien da. Er verlangte siebenhundertfünfzigtausend Francs in so großen Scheinen wie möglich. Sie wurden ihm ausgehändigt. Und der grinsende, willfährige Banker nahm ihn vertraulich auf die Seite, weg vom Schreibtisch, was leicht idiotisch war, da sich niemand im Büro befand, und sprach am Fenster leise auf ihn ein.

«In Beirut gibt es einige ausgezeichnete Möglichkeiten, Grundstücke zu kaufen. Glauben Sie mir, ich weiß es. Ich bin Experte für den Vorderen Orient, und diese blödsinnigen Kämpfe können nicht mehr lange dauern. Mon Dieu, sonst wird niemand mehr am Leben sein. Es wird sich wieder zum Paris des Mittelmeers mausern. Grundstücke für den Bruchteil ihres Werts, Hotels zu einem lächerlichen Preis!«

«Klingt interessant. Lassen Sie uns in Kontakt bleiben.«

Er war aus der Banque Normandie geflohen, als gäbe es dort Bazillen einer tödlichen Krankheit, war zum Pont-Royal zurückgekehrt, wo er nochmals versuchte, Alex Conklin zu erreichen. Es war beinahe ein Uhr nachmittags in Vienna. Aber alles, was er zu hören bekam, war der Anrufbeantworter mit der irgendwie körperlosen Stimme von Alex, die dem Anrufer mitteilte, eine Nachricht zu hinterlassen. Aus einer Reihe von Gründen hatte Jason das nicht gemacht.

Und jetzt war er in Argenteuil und ging die Stufen der Metro hinauf zur Straße, wo er sich langsam und vorsichtig auf den Weg in die Nachbarschaft des Le Coeur du Soldat machte. Die Anweisungen waren eindeutig gewesen. Er solle nicht als der Mann der vergangenen Nacht kommen, kein Hinken, kein zerlumpter, abgelegter Armeeanzug, nichts, was irgend jemand wiedererkennen könnte. Gekleidet wie ein einfacher Arbeiter solle er zum Tor der alten, geschlossenen Schmelzfabrik gehen, Zigaretten rauchen und sich an eine Mauer lehnen — und zwar zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr. Nicht früher, nicht später. Warum all die Vorsichtsmaßnahmen? Die Boten von Santos nahmen bereitwillig mehrere Hundert Francs von ihm an, und der weniger Schüchterne von den beiden sagte:»Santos verläßt niemals das Le Coeur du Soldat.«

«Hat er gestern abend aber getan.«

«Nur für Minuten.«

«Ich verstehe. «Borowski nickte, aber er hatte nicht verstanden, er konnte nur spekulieren. War Santos ein Gefangener des Schakals, Tag und Nacht an die schäbige Kneipe gebunden? Das war eine faszinierende Frage — vor allem angesichts seiner außerordentlichen Qualitäten.

Es war erst 0.37 Uhr, als Jason mit Bluejeans, Kappe und einem dunklen Pullover mit V-Ausschnitt am Tor der alten Fabrik anlangte. Er holte eine Packung Gauloises aus der Tasche, lehnte sich an die Mauer und zündete sich eine Zigarette an, wobei er das Feuerzeug länger als notwendig brennen ließ. Seine Gedanken kehrten zu dem rätselhaften Santos zurück, dem wichtigsten Kontaktmann in Carlos' Armee, dem vertrauenswürdigsten Satelliten im Dunstkreis des Schakals, einem gebildeten Mann, einem Südamerikaner — Venezolaner, wenn Borowski seinen Instinkten vertrauen konnte. Faszinierend. Und Santos wünschte ihn» mit Frieden im Herzen «zu sehen. Bravo, amigo, dachte Jason. Santos hatte in London einen zu Tode erschrockenen Botschafter erreicht, und Atkinson hatte keine andere Wahl gehabt, als nachhaltig zu bestätigen, daß jedwede Anweisung der Schlangenlady ausgeführt werden mußte. Die Macht der Schlangenlady war der einzige Schutz des Botschafters, seine einzige Zuflucht.

Folglich konnte Santos nachgeben. Der Kontaktmann wollte aus seinem Gully herauskriechen, und mit den ihm gebotenen drei Millionen Francs könnte er… zumindest zuhören und ein paar Dinge erwägen. Es gab Alternativen im Leben, und eine war Santos angeboten worden, dem Vasallen von Carlos, dessen Treue seinem Herrn gegenüber sich möglicherweise erschöpft hatte. Diese instinktive Ahnung war es, die Borowski in seine Bitte — ruhig, aber fest — Worte wie» reisen«,»verschwinden«,»reicher Mann«,»frei von Sorgen und unangenehmer Schufterei «einflechten ließ. Die Schlüsselworte waren» frei «und» verschwinden«, und die Augen von Santos hatten geantwortet. Er war bereit, den Drei-Millionen-Köder zu schnappen, und Borowski würde glücklich sein, ihn die Schnur zerreißen und schwimmen zu lassen.