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Das glitzernde Fahrzeug schoß auf dem Boulevard Lefebvre vorwärts. Borowski sprang geduckt hoch und raste zu den verlassenen Geschäften auf der Ostseite der Straße. Er hatte die Straße fast überquert, als das Unmögliche geschah. Das Unmögliche!

Der Wagen des Schakals flog in die Luft, und die Explosion erhellte den dunklen Himmel von Paris. Im selben Moment kam eine braune Limousine um die nächste Ecke gerast, mit quietschenden Reifen, geöffneten Fenstern, Gesichtern in den schwarzen Vierecken und Warfen in den Fäusten, die das ganze Gebiet mit krachenden, ungezielten Schüssen bedeckten. Jason hechtete in den nächsten Eingang und nahm eine Fötusposition ein. Dies konnten die letzten Sekunden seines Lebens sein! Er hatte versagt. Versagt vor Marie und den Kindern!.. Aber nicht auf diese Weise! Er schnellte vom Zement hoch, die Waffe in der Hand. Er würde töten! Töten! Wie es sich für Jason Borowski ziemte.

Dann geschah es, das Unglaubliche. Das Unglaubliche! Eine Sirene? Die Polizei? Die braune Limousine raste davon, umfuhr die Flammen des zerstörten Fahrzeugs und verschwand im Dunkel der Straße, als ein Polizei wagen aus der gegenüberliegenden Dunkelheit mit heulender Sirene und ebenfalls quietschenden Reifen auftauchte und nur wenige Meter vor den Flammen des brennenden Wracks stehenblieb. Das macht alles keinen Sinn! dachte Jason. Wo vorher fünf Polizeifahrzeuge gewesen waren, kehrte nur einer zurück. Warum? Aber auch diese Frage war überflüssig. Carlos arbeitete nicht nur mit einem Lockvogel, sondern mit sieben, womöglich acht Männern, die alle verzichtbar waren, alle von dem vollendeten Selbstprotektor in einen furchtbaren Tod geschickt wurden. Der Schakal war aus der Falle gesprungen, die er für seinen verhaßten Gegner aufgestellt hatte, für Delta, das Produkt von Medusa, eine Schöpfung des amerikanischen Geheimdienstes. Wieder einmal hatte der Mörder ihn ausgetrickst, aber ohne ihn töten zu können. Es würde einen anderen Tag geben, eine andere Nacht.

«Bernardine!«schrie der Beamte vom Deuxieme, der vor weniger als dreißig Minuten seinen Kollegen offiziell entlassen hatte. Er sprang aus dem Polizeiwagen und schrie nochmals:»Bernardine! Wo bist du… Mein Gott, wo bist du? Ich bin zurückgekommen, alter Freund. Mein Gott, du hast recht gehabt, jetzt kann ich es selbst sehen! Sag mir, daß du lebst! Antworte mir!«

«Mich hat's noch nicht erwischt«, kam die Antwort von Bernardine, als seine hagere Gestalt langsam und unter Mühen aus dem Eingang eines Geschäfts sechzig Meter weiter nördlich von Borowski herauskam.

«Ich hab versucht, euch das zu erklären, aber ihr wolltet ja nicht auf mich hören…«

«Ich war vielleicht zu überstürzt!«rief der Beamte, rannte auf den alten Mann zu und umarmte ihn, während die anderen Polizisten aus dem Wagen das brennende Fahrzeug in beträchtlicher Entfernung umstanden, die Arme zum Schutz vor ihre Gesichter gehoben.

«Ich hab den Leuten über Funk befohlen, zurückzukehren!«fügte der Beamte hinzu.»Du mußt mir glauben, alter Freund, ich bin wieder hergekommen, weil ich dich nicht im Zorn zurücklassen wollte, nicht meinen alten Kameraden… Ich hatte keine Ahnung, daß dieses Politikerschwein dich geschlagen hat. Er hat's mir erzählt, und ich hab ihn rausgeworfen… Ich bin zu dir zurückgekommen, siehst du das? Aber, mein Gott, ich habe nicht erwartet, so was zu sehen!«

«Es ist entsetzlich«, sagte der alte Frangois, während er wachsam den Boulevard hinauf- und hinunterblickte und alles genau beobachtete. Er legte besonderes Augenmerk auf die vielen erschrockenen Gesichter in den Fenstern der drei verdächtigen Gebäude. Mit der Explosion des Fahrzeugs und dem Verschwinden der braunen Limousine hatte sich das Szenario verändert. Die Günstlinge waren ohne ihren Führer und voller Angst.

«Es ist nicht allein dein Fehler — mein alter Kamerad«, fuhr er mit einem leichten Bedauern in der Stimme fort.»Ich hatte das falsche Gebäude erwischt.«

«Aha«, rief der Kollege vom Deuxieme, erfreut über den kleinen Triumph.»Das falsche Gebäude? Das ist in der Tat ein Fehler mit Konsequenzen, nicht wahr, Francois?«

«Die Konsequenzen wären weit weniger tragisch gewesen, hättest du nicht so überstürzt alles abgeblasen. Statt auf einen alten Mann mit Erfahrung zu hören, hast du dich, ohne nachzudenken, aus dem Staub gemacht.«

«Wir haben getan, was du verlangt hast, und das Gebäude — das falsche Gebäude — durchsucht!«

«Wärst du geblieben, und wenn auch nur für eine kurze Besprechung, hätte das alles vermieden werden können. Ich werde das in meinem Bericht erwähnen müssen…«

«Bitte, alter Freund«, unterbrach sein Kollege.»Laß uns gemeinsam zum Besten des Büros überlegen…«Er wurde durch das Auftauchen eines Löschzuges unterbrochen. Bernardine hielt seine Hand hoch und führte seinen protestierenden Kollegen über den Boulevard, offensichtlich, um den Feuerwehrleuten Platz zu machen, in Wirklichkeit aber, um in Hörweite von Jason Borowski zu gelangen.

«Wenn unsere Leute kommen«, fuhr der Beamte vom Deuxieme fort, seine Stimme gebieterisch erhebend,»werden wir die Gebäude leeren und jeden Bewohner gründlichst verhören!«

«Mein Gott«, rief Bernardine aus,»füge deiner Inkompetenz nicht noch eine weitere Eselei hinzu!«

«Was?«

«Die Limousine, die braune Limousine — sicher hast du sie gesehen.«

«Ja, natürlich. Der Fahrer sagte, sie raste davon.«

«Das ist alles, was er sagte?«

«Nun, der Lastwagen in Flammen und die ganze Verwirrung mit dem Herbeifunken der Leute…«

«Schau dir das zerbrochene Glas überall an!«befahl Francois und deutete auf die Schaufensterscheiben, weg vom Versteck von Jason Borowski.

«Schau dir die Einschußlöcher auf dem Bürgersteig und der Straße an. Gewehrfeuer, mein Freund. Diejenigen, die das gemacht haben, sind auf und davon und glauben, sie hätten mich erwischt!.. Sag nichts, tu nichts. Laß die Leute in Ruhe.«

«Warum das?«

«Du bist ein Idiot! Wenn es aus irgendeinem Grund nur die leiseste Möglichkeit gibt, daß einer der Mörder hierher zurückkehrt, dann darf das nicht verhindert werden.«

«Das verstehe, wer will.«

«Großer Gott«, protestierte Bernardine, während die Feuerwehr die Schläuche auf das Feuer richtete.»Schick deine

Leute in das Haus, laß fragen, ob alles in Ordnung ist, und erklären, die Krise sei überwunden, es gebe keinen Grund mehr zur Beunruhigung.«

«Aber stimmt denn das?«

«Das wollen wir sie glauben machen. «Eine Ambulanz kam in die Straße gerast, gefolgt von zwei weiteren Polizeiwagen mit voll aufgedrehten Sirenen. Überall standen Schaulustige, viele mit hastig übergeworfenen Straßenkleidern, andere in ihren Schlafanzügen, abgewetzten Bademänteln und Unterhosen. Bernardine sah, daß der Lieferwagen des Schakals nur noch eine rauchende Masse aus verbogenem Stahl und geborstenem Glas war. Zu seinem Kollegen sagte er:»Gib der Menge Zeit, ihre morbide Neugierde zu befriedigen, dann schick sie nach Hause. Wenn alles unter Kontrolle ist und die Leichen abtransportiert sind, wirst du deinen Leuten lauthals erklären, der Einsatz sei vorüber, und dann befiehlst du alle bis auf einen in ihre Stationen zurück. Der Mann soll hier aufpassen, bis die Trümmer vom Boulevard beseitigt sind. Er soll auch den Befehl erhalten, niemanden, der aus den Häusern kommt oder hinein will, aufzuhalten. Ist das klar?«

«In keiner Weise. Du hast gesagt, daß sich hier vielleicht noch jemand versteckt…«

«Ich weiß, was ich gesagt habe«, drängte der ehemalige Berater des Deuxieme.»Doch das ändert nichts.«

«Du wirst also hierbleiben?«

«Ja. Ich werde mich gemütlich und unverdächtig hier herumtreiben.«