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Leuten in den nächststehenden Sesseln zu und fuhr mit kaum geöffnetem Mund fort:»Gehen Sie zur Tür ganz links hinaus, zum Gepäckeingang. Beeilen Sie sich!«

«Nein!«antwortete Marie mit gesenktem Kopf und dem Blick auf der Uhr.»Sie kennen mich, aber ich kenne Sie nicht! Wer sind Sie?«

«Ein Freund Ihres Mannes.«

«Mein Gott, ist er hier?«

«Die Frage ist, warum Sie hier sind?«

«Ich war schon einmal in diesem Hotel. Ich dachte, er würde sich daran erinnern.«

«Hat er, aber im falschen Zusammenhang, wie ich fürchte. Mon Dieu, sonst hätte er es niemals gewählt. Jetzt gehen Sie.«

«Ich will nicht! Ich muß ihn finden. Wo ist er?«

«Sie müssen gehen, oder Sie finden nur noch seine Leiche. In der Pariser Tribüne steht eine Botschaft für Sie…«

«Ja, sie ist in meiner Tasche. Auf der Wirtschaftsseite.«

«Rufen Sie in ein paar Stunden an.«

«Das können Sie mir nicht antun.«

«Das können Sie ihm nicht antun. Sie werden ihn töten! Verschwinden Sie von hier. Sofort!«

Ihre Augen halb blind vor Wut und Angst und Tränen, lief Marie in Richtung des Seiteneingangs. Verzweifelt wünschte sie, sich umzudrehen, aber ebenso verzweifelt sicher war sie, daß sie das nicht durfte. Sie erreichte die schmale Glasflügeltür und stieß mit einem Kofferträger zusammen.

«Pardon, madame!«

Sie stammelte ein paar Worte, umrundete das Gepäck und trat auf den Bürgersteig. Was konnte sie tun? David war irgendwo im Hotel — im Hotel! Und ein fremder Mann hatte sie erkannt und sie gewarnt und ihr gesagt hinauszugehen — zu verschwinden! Was geschah da?… Mein Gott, irgend jemand versucht, David umzubringen! Soviel hatte der alte Franzose gesagt — wer war es… wer waren sie? Wo waren sie? Hilf mir! Um Himmels willen, Jason, sag mir, was ich tun soll. Jason?… Ja, Jason… hilf mir! Sie stand wie erstarrt da, während Taxis und Limousinen aus dem Mittagsverkehr ausscherten und in die Auffahrt des Meurice einbogen, wo ein Portier mit goldenen Litzen unter dem großen Baldachin Neuankömmlinge und alte Bekannte begrüßte und die Boys in alle Himmelsrichtungen scheuchte. Eine große, schwarze Limousine mit einem kleinen, diskreten religiösen Emblem an der Seite und dem kreuzförmigen Stander eines hohen kirchlichen Amtes schob sich zentimeterweise zum Baldachin vor. Marie starrte auf das kleine Emblem. Es war kreisförmig, nicht größer als zwölf Zentimeter im Durchmesser, eine Kugel aus königlichem Purpur, die ein langgezogenes Kreuz umgab. Sie fuhr zusammen und hielt die Luft an. Ihre Panik bekam eine neue Dimension. Sie hatte dieses Emblem schon einmal gesehen, und alles, woran sie sich erinnern konnte, war, daß es sie mit Schrecken erfüllt hatte.

Die Limousine hielt an. Beide Seitentüren wurden von dem lächelnden, sich verbeugenden Portier geöffnet, und fünf Priester stiegen aus, einer vom Vordersitz und vier aus dem geräumigen Fond. Die von hinten drängten sich sofort finster durch die mittägliche Menge der Passanten auf dem Gehweg, wobei zwei vorne um den Wagen herumgingen und zwei hinten herum. Einer der Priester eilte an Marie vorbei, wobei seine Soutane sie berührte und sein Gesicht ihr so nah kam, daß sie die glühenden, unpriesterlichen Augen eines Mannes sehen konnte, der keinem religiösen Orden angehörte… Dann tauchte die Assoziation mit dem Emblem, dem religiösen Abzeichen, wieder vor ihr auf!

Vor vielen Jahren, als David — als Jason — von Panov intensiv therapiert wurde, ließ Mo ihn zeichnen, skizzieren, kritzeln, was immer ihm in den Sinn kam. Immer wieder tauchte der furchtbare Kreis mit dem schmalen Kruzifix auf… und wurde regelmäßig von der Bleistiftspitze zerrissen und zerstochen. Der Schakal!

Plötzlich wurden Maries Augen von einem Menschen angezogen, der die Rue de Rivoli überquerte. Es war ein großer Mann in dunkler Kleidung — ein dunkler Sweater und schwarze Hosen —, und er hinkte, schlängelte sich durch den Verkehr, wobei er sich mit der Hand vor dem Nieseln schützte, das bald in Regen übergehen würde. Das Hinken war falsch! Das Bein streckte sich, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, und das Schwingen der Schultern war eine Gebärde, die sie nur zu gut kannte. Es war David!

Jemand anders, keine drei Meter von ihr entfernt, sah das, was sie sah, ebenfalls. Sofort hob er ein Miniaturfunkgerät an die Lippen. Marie stürzte los, die Hände wie die Klauen einer Tigerin ausgestreckt, und warf sich auf den Killer im Gewand eines Priesters.

«David!«schrie sie und hinterließ im Gesicht des Mannes eine Blutspur.

Schüsse knallten durch die Rue de Rivoli. Die Menge geriet in Panik, viele rannten ins Hotel, alle schrien, keiften, suchten Schutz vor dem mörderischen Wahnsinn, der plötzlich in dieser zivilisierten Straße entstanden war. Bei dem heftigen Kampf mit dem Kerl, der ihren Mann töten wollte, riß das kanadische Bauernmädchen ihm die Automatic aus dem Gürtel und feuerte sie ihm in den Kopf; Blut und Hirn spritzte in die Gegend.

«Jason!«schrie sie wieder, als der Killer umfiel, weil sie sich sofort bewußt wurde, daß sie allein mit der Leiche zu ihren Füßen dastand… wie eine Zielscheibe! Der alte aristokratische Franzose, der sie in der Lobby erkannt hatte, kam blitzschnell durch den Haupteingang, seine Automatic auf Dauerfeuer gestellt, und deckte die Limousine mit Schüssen ein. Für eine

Sekunde hörte er auf und zielte neu. Er zerschmetterte die Beine eines der» Priester«, der auf ihn gezielt hatte.

«Mon ami!« brüllte Bernardine.

«Hier!«schrie Borowski.»Wo ist sie?«

«A votre droite! Aupres de…« Ein einzelner Gewehrschuß explodierte bei der gläsernen Doppeltür des Meurice. Als er fiel, schrie der Veteran vom Deuxieme: »Les Capucines, mon ami, les Capucines!«

Bernardine fiel auf den Gehweg, und ein zweiter Gewehrschuß beendete sein Leben.

Marie war wie paralysiert, sie konnte sich nicht bewegen! Alles war wie ein Blizzard, ein Hurrikan aus eisigen Teilchen, die ihr mit solcher Wucht ins Gesicht schlugen, daß sie weder denken noch irgendeinen Sinn erkennen konnte. Haltlos weinend, fiel sie auf die Knie und brach mitten auf der Straße zusammen. Verzweifelt schrie sie:»Meine Kinder… Oh, Gott, meine Kinder!«Da stand plötzlich ein Mann über ihr.

«Unsere Kinder«, sagte Jason Borowski. Seine Stimme war nicht die Stimme von David Webb.»Wir verschwinden von hier. Kannst du mich verstehen?«

«Ja… ja!«Marie drehte sich unbeholfen herum und kam auf die Füße.»David?«

«Natürlich bin ich David. Komm schon!«

«Du hast mich erschreckt…«

«Ich erschrecke mich selber. Machen wir uns davon! Bernardine hat uns den Ausweg freigeschossen. Halte meine Hand!«

Sie rannten die Rue de Rivoli hinunter, dann nach rechts auf den Boulevard St. Michel, bis ihnen die Pariser Spaziergänger mit ihrer nonchalance du pur klarmachten, daß sie dem Schrecken des Meurice entronnen waren. In einer Gasse hielten sie an und umarmten sich.»Warum hast du das getan?«fragte

Marie und nahm sein Gesicht in ihre Hände.»Warum bist du von uns fortgelaufen?«

«Weil ich ohne dich besser bin, du weißt es.«

«Warst du früher nicht, David. Oder sollte ich Jason sagen?«

«Namen spielen keine Rolle, wir müssen weiter!«

«Wohin?«

«Ich bin mir nicht sicher. Aber wir können uns bewegen, das ist wichtig. Es gibt einen Ausweg. Bernardine hat ihn uns gewiesen.«

«War er der alte Franzose?«

«Laß uns nicht über ihn sprechen, okay? Zumindest nicht für eine Weile. Ich bin mitgenommen genug.«