«Die Blauröcke haben deine Beschreibung und das Szenario. Du unterstehst der Bundesregierung. Sie werden dich also in Ruhe lassen… Bleib dran! Gespräch beendet. Da kommt er. Das muß unser Mann sein… Er hat eine Telefontasche an seinem Gürtel… Er ist es. Er geht auf den Eingang zu. Jetzt liegt's an dir, Kaiser Jones.«
«Du komischer kleiner Weißer… Ich seh ihn jetzt auch und kann euch sagen, daß er weich wie mousse au chocolat ist. Der scheißt sich in die Hosen, ehe er in den Palast da reingeht.«
«Was heißt, daß er echt ist«, sagte die metallische Stimme.»Das ist gut.«
«Das ist schlecht, Junior«, entgegnete der Schwarze sofort.»Wenn du recht hast, dann weiß er gar nichts, und die Schichten zwischen ihm und der Quelle sind so dick wie Grönlandeis.«
«Und wie willst du's dann rausbekommen?«
«Ich muß die Nummern sehen, wenn er sie in sein Sorgenkind eingibt.«
«Was heißt das, verflucht?«
«Er mag echt sein, aber er hat auch eine höllische Angst und nicht wegen des Gebäudes.«
«Was soll das heißen?«
«Man sieht es ihm an. Er könnte falsche Nummern eingeben, wenn er meint, daß man ihm folgt, und er sich beobachtet glaubt.«
«Kapier ich nicht, Kumpel.«
«Er muß die Zahlen eingeben, die mit der Datenzentrale übereinstimmen, damit die Relais aktiviert werden können…«
«Oh, vergiß es«, sagte die Stimme in seinem Kragen.»Das kapier ich doch nicht. Übrigens haben wir einen Mann in der Company, Reco sowieso. Er wartet auf dich.«
«Dann habe ich wohl Arbeit. Aus, aber ihr behaltet mich dran. «Der Agent erhob sich vom Pflaster und ging heftig wankend in das zerfallene Gebäude. Der Telefonfachman hatte bereits den zweiten Stock erreicht, wo er nach rechts in einen schmalen, schmutzigen Korridor einbog. Er war offenbar schon früher hier gewesen, denn er lief, ohne zu zögern und ohne auf die kaum lesbaren Namensschilder an den Türen zu achten. Die Dinge würden doch nicht so schwierig sein, dachte der CIA-
Mann, dankbar, daß sein Auftrag nicht in seinen Bereich gehörte. Bereich? Scheiße, die Sache war illegal.
Der Agent nahm drei Stufen auf einmal, wobei seine Schuhe mit den dicken Gummisohlen das Geräusch auf das unvermeidliche Knarren einer alten Treppe reduzierten. Mit dem Rücken an der Wand schielte er um die Ecke des Treppenhauses, das mit Abfall übersät war, und beobachtete den Telefonmann, wie er drei verschiedene Schlüssel in drei waagerechte Schlüssellöcher steckte, alle nacheinander umdrehte und in die letzte Tür zur Linken ging. In dem Augenblick, wo er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lief er leise den Korridor entlang und blieb bewegungslos horchend stehen. Nicht großartig, aber auch nicht schlimm, dachte er bei dem Geräusch nur eines Schlüssels, der gedreht wurde. Der Reparateur war in Eile. Er drückte sein Ohr an die abblätternde Farbe der Tür und hielt den Atem an, damit das Echo seiner Lungen nicht das Hören störte. Dreißig Sekunden später drehte er den Kopf zur Seite, ließ die Luft aus seinen Lungen entweichen und atmete erneut tief ein, bevor er den Kopf wieder an die Tür drückte. Obwohl gedämpft, hörte er die Worte doch deutlich genug, um sich einen Reim machen zu können.
«Zentrale, hier ist Mike oben in der 138. Straße, Sektion zwölf, Maschine sechzehn. Da muß noch eine Einheit in diesem Haus sein, was ich allerdings nicht glauben kann, selbst wenn ihr's mir sagen würdet. «Das folgende Schweigen dauerte vielleicht weitere zwanzig Sekunden…»Haben wir nicht, was? Tja, da ist eine Interferenz, und das verstehe ich nicht… Was? Fernsehkabel? Glaub nicht, daß hier jemand dafür die Kohle hat… Oh, ich verstehe, Bruder. Das Bezirkskabel. Die Drogenjungs wohnen oben, nicht wahr? Ihre Adresse mag nicht nobel sein, aber wenn du in ihre Wohnungen kommst, dann haben sie die tollsten Sachen dastehen… Geh also raus aus der Leitung und leite sie um. Ich warte so lange, bis ich das Klarzeichen bekomme. Okay, Bruder?«
Der Agent wandte erneut den Kopf zur Seite und atmete wieder aus, diesmal erleichtert. Er konnte sich davonmachen, ohne Konfrontation. Er hatte alles, was er brauchte. 138. Straße, Sektion zwölf, Maschine sechzehn, und sie kannten die Firma, die das Zeug geliefert hatte. Die Reco-Metropolitan Company, Sheridan Square, New York. Er ging zurück zu der verrotteten Treppe und hob den Kragen seines Armeehemdes.
«Falls ich von einem LKW überfahren werde, hier die Information. Hört ihr?«
«Laut und deutlich, Kaiser Jones.«
«Es ist Maschine sechzehn in Sektion zwölf, wie sie es nennen.«
«Erhalten! Du hast deine Mark verdient heute!«
«Ihr könntet wenigstens sagen: Hervorragend, alter Knabe.«
«Na, du bist der Kerl, der studiert hat, nicht ich.«
«Manche von uns sind überqualifiziert… Warte mal. Ich hab Gesellschaft bekommen!«
Unten am Fuß der Treppe erschien ein kleiner, stämmiger schwarzer Mann, mit hervortretenden Augen, der mit einer Knarre in der Hand nach oben sah. Der CIA-Mann warf sich hinter die Ecke, als vier Schüsse durch den Korridor pfiffen. Der Agent machte einen Sprung über den offenen Zwischenraum. Er hatte seinen Revolver herausgerissen und feuerte zweimal, aber einer hätte schon gereicht. Sein Gegner stürzte auf den Boden des schmutzigen Eingangs.
«Ich habe einen Querschläger ins Bein gekriegt!«schrie der Agent.»Aber er liegt flach — mausetot oder nicht, das kann ich nicht sagen. Bestellt den Wagen und holt uns beide ab. Pronto.«
«Auf dem Weg. Bleib dran.«
Es war kurz nach acht Uhr am nächsten Morgen, als Alex Conklin ins Büro von Peter Holland gehinkt kam. Die Wächter am CIA-Tor waren beeindruckt, daß er sofortigen Zutritt beim Direktor erhielt.
«Was Neues?«fragte der DCI und sah von seinen Papieren auf dem Tisch hoch.
«Nichts«, antwortete der ehemalige CIA-Agent verärgert. Statt einen Stuhl zu nehmen, ging er zum Sofa.»Nicht das allergeringste. Himmel, was für ein beschissener Tag, und er hat noch nicht einmal richtig begonnen! Casset und Valentine sitzen im Keller und schicken Fragen an alle nur denkbaren Pariser Kanäle, aber nichts bisher… Sieh dir doch nur mal das Szenario an und nenn mir einen roten Faden! Swayne, Armbruster, DeSole — unser stummer Saukerl. Dann, um Himmels willen, Teagarten mit Borowskis Visitenkarte, wo wir verdammt genau wissen, daß es eine vom Schakal für Jason gestellte Falle ist. Aber nirgends eine Logik, die Carlos an Teagarten und darüber an Medusa bindet. Nichts ergibt einen Sinn, Peter. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte — ist alles den Bach runter!«
«Beruhige dich«, sagte Peter sanft.
«Wie denn? Borowski ist verschwunden — ich meine, wirklich verschwunden, wenn er nicht tot ist. Und es gibt keine Spur von Marie, kein Wort von ihr, und dann hören wir, daß Bernardine vor ein paar Stunden bei einem Schußwechsel in der Rivoli getötet worden ist — mein Gott, am hellichten Tag. Und das heißt, daß Jason dort war — er muß dort gewesen sein!«
«Da aber keiner von den Toten oder Verwundeten seiner Beschreibung entspricht, können wir davon ausgehen, daß er davongekommen ist, oder?«
«Wir können es hoffen, ja.«
«Du hast nach dem roten Faden gefragt«, überlegte der DCI.»Ich bin nicht sicher, ob ich dir den liefern kann, aber so was ähnliches… «
«New York?«Conklin beugte sich auf der Couch vor.»Der Anrufbeantworter? Dieser DeFazio in Brooklyn Heights?«
«Wir kommen noch zu New York… Aber jetzt wollen wir uns erst mal auf deinen Faden konzentrieren, auf einen Anhaltspunkt, wie du gesagt hast.«
«Ich bin ja nicht gerade der Langsamste, aber wo ist er?«
Holland lehnte sich in seinen Stuhl zurück, sah zuerst auf seine Papiere auf dem Tisch und dann zu Alex hinüber.»Vor zweiundsiebzig Stunden, als du dich entschlossen hattest, mir alles auf den Tisch zu legen, sagtest du, daß die Idee hinter Borowskis Strategie die wäre, den Schakal und Medusa dahin zu treiben, daß sie gemeinsame Sache machen, mit ihm als Zielscheibe. War das nicht im Grunde die Prämisse? Beide Seiten wollen ihn tot. Carlos hat zwei Gründe — Rache und die Tatsache, daß er glaubt, Borowski könnte ihn identifizieren. Die Medusa-Leute, weil er etliches über sie zusammengetragen hat.«