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«Was ist am Meurice passiert? Wie ist es passiert?«

«Es war die Frau, ich nehme an, Ihre Frau — soweit ich es verstanden habe. Wie Sie wissen, standen Sie und Ihr Freund vom Deuxieme so, daß Sie Carlos erledigen konnten, wenn er eintraf, um seinerseits Sie in die Falle zu locken. Aus Gründen, die ich mir nicht erklären kann, hat Ihre Frau geschrien, als Sie die Rivoli überquerten, den Rest haben Sie selbst gesehen… Wie konnten Sie mir nur sagen, ich solle mir ein Zimmer im Meurice nehmen, wenn Sie doch wußten, daß Ihre Frau da war?«

«Das ist leicht zu beantworten. Ich wußte nicht, daß sie da war. Wo stehen wir jetzt?«

«Carlos vertraut mir noch. Man hat mir gesagt, er gibt der Frau, Ihrer Frau, die ganze Schuld, und er hat keinen Grund, mich dafür verantwortlich zu machen. Schließlich waren Sie da, was meine Loyalität beweist. Wenn der Mann vom Deuxieme nicht gewesen wäre, wären Sie jetzt tot.«

Wieder nickte Borowski.»Wie können Sie ihn erreichen?«

«Das kann ich nicht selbst. Das habe ich nie, und das wollte ich auch nie. Wie ich Ihnen schon sagte: Die Schecks kommen pünktlich.«

«Aber Sie schicken ihm Nachrichten«, drängte Jason.»Das haben Sie auch gesagt.«

«Ja, das tu ich, aber nie direkt. Ich rufe verschiedene alte Männer in billigen Cafes an — die Namen und Nummern ändern sich wöchentlich, und einige von ihnen haben keine Ahnung, wovon ich rede, aber die, die es verstehen, rufen sofort andere an, und die rufen wiederum andere an. Irgendwie kommen die Nachrichten durch. Sehr schnell, sollte ich vielleicht hinzufügen.«

«Was habe ich Ihnen gesagt?«sagte Krupkin eindringlich.»Sämtliche Relais enden mit falschen Namen und in schäbigen Cafes. Steinerne Wände!«»Trotzdem kommen die Nachrichten durch«, sagte Conklin und wiederholte die Worte der Lavier.

«Kruppie hat recht. «Die alternde, immer noch eindrucksvolle Frau zog fest und nervös an ihrer Zigarette.»Die Wege sind so verschlungen, daß sie so gut wie nicht nachzuvollziehen sind.«

«Das ist mir egal«, sagte Alex und blinzelte etwas an, was die anderen nicht sehen konnten.»Sie erreichen ihn schnell, das haben Sie deutlich gemacht.«

«Stimmt.«

Conklin weitete die Augen und heftete seinen Blick auf die Lavier.»Ich möchte, daß Sie die dringendste Nachricht absenden, die Sie dem Schakal jemals geschickt haben. Sie müssen direkt mit ihm sprechen. Es ist ein Notfall, den Sie niemand anderem als Carlos selbst anvertrauen können.«

«Worüber?«platzte Krupkin heraus.»Was könnte so dringend sein, daß der Schakal einwilligt? Genau wie unser Mr. Borowski ist er besessen von Fallen, und unter diesen Umständen riecht jede direkte Kommunikation danach!«

Alex schüttelte den Kopf und hinkte zu einem Seitenfenster, blinzelte erneut, tief in Gedanken versunken. Dann öffneten sich die Augen langsam, Stück für Stück. Er sah auf die Straße hinunter.»Mein Gott, es könnte funktionieren«, flüsterte er zu sich selbst.

«Was könnte funktionieren?«fragte Borowski.

«Dimitrij, mach schnell! Ruf die Botschaft an und laß sie die größte, prunkvollste Diplomatenlimousine herschicken, die ihr Proletarier habt.«

«Was?«

«Tu einfach, was ich sage! Schnell!«

«Aleksej…?«

«Jetzt!«

Die Macht und die Dringlichkeit von Conklins Befehl taten ihre Wirkung. Der Russe ging eilig zum Telefon und wählte, seine fragenden Augen auf Alex gerichtet, der hinunter auf die Straße starrte. Die Lavier sah Jason an. Er schüttelte verblüfft den Kopf, während Krupkin ins Telefon sprach, sein Russisch eine kurze Reihe knapper Sätze.»Das war's«, sagte der KGB-Offizier, als er auflegte.»Und jetzt, glaube ich, solltest du mir einen wirklich überzeugenden Grund dafür nennen.«

«Moskau«, erwiderte Conklin und sah noch immer aus dem Fenster.»Alex, um Himmels willen…«

«Was sagst du da?«brüllte Krupkin.

«Wir müssen Carlos aus Paris herausholen«, sagte Conklin und drehte sich um.»Was wäre besser als Moskau?«Bevor die erstaunten Männer reagieren konnten, sah Alex die Lavier an.»Sie sagen, er vertraut Ihnen noch?«

«Er hat keinen Grund, es nicht zu tun.«

«Dann sollten zwei Worte genügen: Moskau. Notfall. Das ist im Grunde die Botschaft, die Sie ihm schicken. Sagen Sie es, wie Sie wollen, aber fügen Sie hinzu, daß die Krise so schwer ist, daß Sie nur mit ihm sprechen können.«

«Aber das habe ich noch nie. Ich kenne Männer, die mit ihm gesprochen haben, die in betrunkenen Momenten versucht haben, ihn zu beschreiben, aber für mich ist er ein vollkommen Fremder.«

«Um so mehr spricht dafür«, ging Conklin dazwischen und wandte sich Borowski und Krupkin zu.»In dieser Stadt hat er alle Karten in der Hand, alle. Er hat Waffen, ein undurchdringliches Netz von Revolverhelden und Kurieren, und Spalten, in die er kriechen und aus denen er hervorbrechen kann, stehen ihm Dutzende zur Verfügung. Paris ist sein Territorium — wir könnten Tage, Wochen, sogar Monate blind durch die ganze Stadt laufen und nichts erreichen, bis der Augenblick kommt, in dem er dich und Marie im Visier hat, und Mo und mich kannst du in das Szenario mit einbeziehen… London, Amsterdam, Brüssel, Rom — alles wäre besser für uns als Paris, aber am besten ist Moskau. Es ist der Ort auf dieser Welt, der eine hypnotische Anziehungskraft auf ihn hat — und außerdem derjenige, der ihm gegenüber am ungastlichsten ist.«

«Aleksej«, rief Dimitrij Krupkin.»Ich glaube wirklich, du solltest den Alkohol wieder in Erwägung ziehen, denn ganz offensichtlich hast du deinen Verstand verloren! Angenommen, Domie erreicht Carlos tatsächlich und erzählt ihm, was du gerade gesagt hast. Glaubst du wirklich, daß er wegen eines Notfalls in Moskau aufspringt und das nächste Flugzeug dorthin nimmt? Das wäre Wahnsinn!«

«Du kannst deinen letzten Schwarzmarktrubel darauf verwetten, daß ich das glaube«, erwiderte Conklin.»Diese Nachricht wird ihn dazu bringen, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Hat er das erst mal getan, läßt sie die Bombe hochgehen… Sie hat gerade eine außergewöhnliche Information erhalten, von der sie weiß, daß sie nur ihm direkt übermittelt werden darf.«

«Und was in Gottes Namen soll das wieder sein?«fragte die Lavier, nahm eine weitere Zigarette und zündete sie gleich an.

«Der KGB in Moskau kreist den Mann des Schakals am Dserschinskij-Platz ein. Sie haben ihn auf, sagen wir, zehn oder fünfzehn Offiziere im höchsten Rang eingegrenzt. Wenn sie ihn finden, ist Carlos im Komitet neutralisiert schlimmer noch, er steht kurz davor, einen Informanten zu verlieren, der für die Vernehmungsbeamten in Lubjanka erheblich zuviel über ihn weiß.«

«Aber woher soll sie das wissen?«sagte Jason.

«Wer würde es ihr erzählen?«fügte Krupkin hinzu.

«Es ist die Wahrheit, oder?«

«Das sind auch unsere äußerst geheimen Außenstellen in Peking, Kabul — und man vergebe mir meine Ungehörigkeit —, auf Kanadas Prince-Edward-Inseln, aber man hängt es nicht an die große Glocke«, sagte Krupkin.

«Das mit Prince Edward wußte ich nicht«, gab Alex zu.»Die Mittel sind wichtig, die Information ist glaubhaft zu überbringen. Vor ein paar Minuten noch fehlte mir dafür der passende Ansatz, aber das hat sich gerade geändert… Komm her, Kruppie, im Moment nur du, und bleib vom Fenster weg. Sieh zwischen den Vorhängen durch. «Der Russe tat, was Alex ihm gesagt hatte, stellte sich Conklin zur Seite und schob die Falte des spitzenbesetzten Stoffes von der Wand.»Was siehst du?«fragte Alex und deutete auf einen schäbigen, unauffälligen braunen Wagen unten auf der Avenue Montaigne.»Gehört nicht so richtig in diese Nachbarschaft, oder?«

Krupkin machte sich nicht die Mühe, etwas zu erwidern. Statt dessen riß er das Minifunkgerät aus seiner Tasche und drückte den Sendeknopf.»Sergej, da steht ein brauner Wagen etwa achtzig Meter vom Eingang des Gebäudes entfernt…«