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«Nein. Ich will auch nicht das kleinste Risiko eingehen.«

«Gütiger Gott!«explodierte Alex hustend.»Das ist Marie, von der du redest. Sie wird zusammenbrechen!«

«Das ist ein Risiko, das ich eingehe«, sagte Delta kalt.

«Scheißkerl!«

«Das trifft es«, stimmte das Chamäleon zu.

John St. Jacques trat mit Tränen in den Augen in den hellen, sonnigen Raum des Hauses von Maryland. In der Hand hielt er eine Seite von einem Computerausdruck. Seine Schwester saß auf dem Boden vor der Couch und spielte mit dem ausgelassenen Jamie, nachdem sie Baby Alison wieder nach oben in die Wiege gebracht hatte. Sie sah müde und abgespannt aus, das Gesicht blaß, mit dunklen Rändern unter den Augen. Sie war noch vollkommen erschöpft von der Anspannung des idiotisch umständlichen Flugs von Paris nach Washington. Obwohl sie gestern erst spätabends angekommen war, wollte sie in aller Frühe mit den Kindern aufstehen. Ihr Bruder hätte Jahre seines Lebens geopfert, wenn er nicht hätte tun müssen, was in diesem Moment getan werden mußte. Aber es gab keine Alternative. Er mußte bei ihr sein, wenn sie es erfuhr.

«Jamie«, sagte St. Jacques sanft.»Geh und such Mrs. Cooper, ja? Ich glaube, sie ist in der Küche.«

«Warum, Onkel John?«

«Ich möchte ein paar Minuten mit deiner Mutter sprechen.«

«Johnny, bitte«, protestierte Marie.»Es muß sein.«»Was…?«

Das Kind ging, und wie es bei Kindern so oft der Fall ist, ahnte es etwas Ernstes, etwas, das über seinen Verstand hinausging.

Marie stand auf, Tränen liefen ihr über die Wangen. Die furchtbare Botschaft war übermittelt.»Nein…!«flüsterte sie, und ihr bleiches Gesicht wurde noch blasser.»Lieber Gott, nein«, weinte sie. Ihre Hände zitterten, dann ihre Schultern.»Nein… nein!« brüllte sie.

«Er ist tot, Marie. Ich wollte, daß du es von mir hörst, nicht aus dem Radio oder einem Fernseher. Ich wollte bei dir sein.«

«Das stimmt nicht, stimmt nicht!« schrie Marie, lief zu ihm und verkrallte sich in sein Hemd.»Er steht unter Schutz!.. Er hat mir versprochen, daß er unter Schutz steht!«

«Das hier ist gerade aus Langley gekommen«, sagte ihr Bruder und hielt die Seite von dem Computerausdruck hoch.»Holland hat mich vor ein paar Minuten angerufen und gesagt, daß es auf dem Weg hierher wäre. Er wußte, daß du es sehen mußt. Es wurde gestern nacht von Radio Moskau aufgefangen und wird in allen Sendungen und Morgenzeitungen sein.«

«Gib es mir!«rief sie trotzig. Er tat es und hielt sie sanft an den Schultern, bereit, sie in die Arme zu nehmen und ihr allen Trost zu geben, den er geben konnte. Sie las die Kopie schnell, dann schüttelte sie seine Hände von sich, legte die Stirn in Falten, ging zur Couch zurück und setzte sich. Sie war absolut konzentriert. Sie legte das Blatt auf den Kaffeetisch und untersuchte es, als wäre es ein archäologischer Fund, eine Schriftrolle vielleicht.

«Er ist tot, Marie. Ich weiß nicht, was ich sagen soll… Du weißt, wie ich zu ihm gestanden habe.«

«Ja, ich weiß, Johnny. «Und dann, zu St. Jacques' Erstaunen, sah seine Schwester zu ihm auf, und auf ihren Lippen formte sich ein schmales, mattes Lächeln.»Aber es ist ein bißchen früh für Tränen, John. Er lebt. Jason Borowski lebt und macht wieder seine Mätzchen, und das bedeutet, daß auch David lebt.«

Mein Gott, sie kann es nicht akzeptieren, dachte der Bruder, ging zur Couch hinüber, kniete sich neben dem Kaffeetisch vor Marie hin und nahm ihre Hände.»Marie, Liebes. Ich glaube, du verstehst nicht. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen, aber du mußt verstehen.«

«Du bist wirklich süß, aber du hast das hier nicht genau gelesen, wirklich genau. Die heftige Wirkung der Meldung lenkt von dem darunterstehenden Text ab. In der Wirtschaft nennen wir das Vernebelung.«

«Was?«St. Jacques ließ ihre Hände los.»Wovon redest du?«

Marie nahm das Kommunique und überflog es.»Nach mehreren, sogar widersprüchlichen Darstellungen von dem, was passiert ist«, sagte sie,»nach Beschreibungen der Leute, die in diesem Arsenal, oder was es auch sein mag, dabei waren, findet sich folgendes im letzten Absatz versteckt: >Unter den persönlichen Dingen, die man bei der Leiche des ermordeten Attentäters sicherstellte, befand sich eine Karte von Brüssel und Umgebung, wobei die Stadt Anderlecht rot eingekreist war.< Dann geht es weiter und zieht die offensichtliche Verbindung zu Teagartens Ermordung. Das ist getürkt, Johnny, aus zwei Gründen… Erstens würde David niemals so eine Karte bei sich tragen. Zweitens und weit aufschlußreicher scheint mir die Tatsache, daß es unglaubwürdig genug ist, wenn die sowjetischen Medien der Geschichte solche Bedeutung beimessen, aber daß sie die Ermordung von General Teagarten einbeziehen, ist einfach zuviel.«

«Was meinst du? Warum?«

«Weil der angebliche Attentäter in Rußland war und Moskau keine erkennbare Verbindung zu dem Mord an einem NATO-Kommandeur möchte… Nein, Johnny, irgend jemand hat die Regeln zu seinen Gunsten verändert und Tass überredet, die Story zu bringen, und ich nehme an, daß da Köpfe rollen werden. Ich weiß nicht, wo Jason Borowski ist, aber ich weiß, er ist nicht tot. David hat dafür gesorgt, daß ich es weiß.«

Peter Holland nahm den Hörer ab und drückte die Knöpfe seiner Konsole, um Charlie Cassets Privatnummer zu erreichen.

«Ja?«

«Charlie, hier ist Peter.«

«Ich bin froh, das zu hören.«

«Warum?«

«Weil alles, was sonst durch dieses Telefon kommt, Ärger und Verwirrung bringt. Ich habe gerade mit unserer Quelle am Dserschinskij-Platz gesprochen, und er hat mir gesagt, der KGB will Blut sehen.«

«Die Tass-Meldung über Borowski?«

«Genau. Tass und Radio Moskau sind davon ausgegangen, daß die Geschichte offiziell gebilligt war, weil sie ihnen vom Informationsministerium mit den entsprechenden Kodes für die sofortige Veröffentlichung übermittelt wurde. Als die Scheiße dann zu stinken anfing, wollte es niemand zugeben, und wer die Kodes programmiert hat, ist nicht mehr nachzuvollziehen.«

«Was hältst du davon?«

«Ich bin nicht sicher. Aber nach allem, was ich über Dimitrij Krupkin erfahren habe, könnte das sein Stil sein. Er arbeitet mit Alex, und wenn das nicht aus Conklins Lehrbuch ist, dann kenne ich den heiligen Alex nicht. Und ich kenne ihn.«

«Das paßt zu dem, was Marie glaubt.«

«Marie?«

«Borowskis Frau. Ich habe gerade mit ihr gesprochen, und ihre Argumentation ist ziemlich gut. Sie sagt, der Bericht aus Moskau ist getürkt. Ihr Mann lebt.«

«Das glaube ich auch. Hast du mich deswegen angerufen?«

«Nein«, antwortete der Direktor und holte tief Luft.»Ich möchte etwas zu deinem Ärger und deiner Verwirrung beitragen.«

«Ich bin nicht gerade beruhigt, das zu hören. Was ist?«

«Die Pariser Telefonnummer, die Verbindung zum Schakal, die wir von Henry Sykes in Montserrat bekommen haben und die zu einem Cafe in Paris gehört.«

«Wo jemand den Ruf nach einem schwarzen Vogel beantworten sollte. Ich erinnere mich.«

«Jemand hat es getan, und wir sind ihm gefolgt. Das wird dir gar nicht gefallen…«

«Alex Conklin ist dabei, sich den Preis für das Arschloch des Jahres zu verdienen. Er hat uns mit Sykes in Verbindung gebracht, oder?«

«Ja.«

«Erzähl.«

«Die Nachricht wurde im Haus des Direktors vom Deuxieme Bureau abgegeben.«

«Mein Gott! Das lassen wir besser den SED-Zweig im französischen Geheimdienst wissen, aber mit geheimer Zeitabfolge.«

«Ich lasse niemanden irgendwas über irgend jemanden wissen, bis wir nicht von Conklin gehört haben. Das sind wir ihm schuldig, finde ich.«

«Was, zum Teufel, machen die da?«rief der frustrierte Casset durchs Telefon.»Falsche Todesmeldungen auszugeben — von Moskau, immerhin! Wozu?«