«Ich weiß, daß ich es kann… also helfen Sie mir. Spielen Sie nach meinen Regeln, Benjamin.«
«Sie sind ein seltsamer Mann.«
«Ich bin ein hungriger Mann. Können wir hier etwas zu essen bekommen? Und vielleicht ein paar Bandagen? Ich bin vor einiger Zeit getroffen worden, und nach dem heutigen Tag lassen mein Hals und meine Schultern es mich spüren. «Jason zog seine Jacke aus. Sein Hemd war blutgetränkt.
«Gütiger Gott! Ich werde einen Arzt rufen…«
«Nein, werden Sie nicht. Nur einen Sanitäter, das ist alles… Meine Regeln, Ben.«
«Okay, Archie. Wir wohnen in der Suite des Besichtigungskommissars. Es ist der oberste Stock. Wir haben einen Zimmerservice, und ich werde in der Krankenstation wegen einer Schwester anrufen.«
«Ich hab zwar gesagt, ich fühl mich hungrig und unwohl, aber das sind nicht meine wirklichen Sorgen.«
«Keine Sorge«, sagte der sowjetische Kalifornien» Wenn irgendwo irgendwas Ungewöhnliches passiert, wird man es uns melden.«
Es passierte genau um 00.02 Uhr, direkt nach dem allgemeinen Wachwechsel in der tiefsten Dunkelheit der Nacht. Das Telefon in der Kommissarssuite schrillte und trieb
Benjamin von der Couch. Er rannte durchs Zimmer zu dem beharrlich rasselnden Gerät und riß den Hörer von der Gabel.
«Ja?… Gde? Kogda? Tschto eto snatschit?… Da!« Er knallte den Hörer aufs Telefon und wandte sich Borowski am Eßtisch zu, auf dem die Karten von Nowgorod die Teller vom Zimmerservice ersetzt hatten.
«Es ist unglaublich. Am spanischen Tunnel auf der anderen Flußseite sind zwei Wachen tot aufgefunden worden, und auf dieser Seite wurde der wachhabende Offizier fünfzig Meter von seinem Posten entfernt entdeckt, mit zwei Kugeln im Hals. Sie haben die Videobänder durchgesehen, und alles, was man sehen konnte, war ein nicht identifizierter Mann, der mit einer Sporttasche durchging! In der Uniform einer Wache!«
«Da war noch etwas anderes, oder?«fragte Delta kalt.
«Ja, und Sie könnten recht haben. Ein toter Landarbeiter, der ein zerrissenes Papier in seiner Hand festkrallte. Er lag zwischen den beiden ermordeten Wachmännern, einer davon bis auf die Unterhosen und Schuhe ausgezogen… Wie hat er das gemacht?«
«Er hat den Guten gespielt, ich kann es mir nicht anders vorstellen«, überlegte Borowski, stand eilig auf und stürzte sich auf die Karte des spanischen Lagers.»Er muß segnen bezahlten Hochstapler mit der schlechten Ausweisattrappe reingeschickt haben, dann selbst reingelaufen sein, wobei der verwundete Komitet-Offizier den Betrug im letzten Moment entdeckt und die fremde Sprache gesprochen hat, die sein Hochstapler nicht sprechen und nicht verstehen konnte… Ich habe es Ihnen gesagt, Ben. Sondieren, testen, Verwirrung stiften und sich einen Weg nach drinnen suchen. Eine Uniform zu stehlen ist üblich, und im Durcheinander hat es ihn durch den Tunnel gebracht.«
«Aber jeder, der diese Papiere benutzte, sollte beobachtet, beschattet werden. Das waren Ihre Anweisungen, und Krupkin hat die Meldung an die vordere Linie durchgegeben!«
«Kubinka«, sagte Jason nachdenklich, während er die Karte studierte.
«Das Arsenal? Das in den Nachrichtenmeldungen aus Moskau erwähnt wurde?«
«Genau. Wie in Kubinka hat Carlos auch hier jemanden. Irgend jemanden mit so viel Autorität, einem entbehrlichen Wachoffizier zu befehlen, jeden, der in den Tunnel eindringt, zu ihm zu bringen, bevor der Alarm ausgelöst und das Hauptquartier alarmiert wird.«
«Das ist möglich«, stimmte der junge Trainer hastig und entschlossen zu.»Das Hauptquartier mit einem falschen Alarm zu belästigen kann sehr peinlich sein, und wie Sie schon sagten, muß es ein ziemliches Durcheinander gegeben haben.«
«In Paris«, sagte Borowski,»hat man mir gesagt, die Verlegenheit wäre der größte Feind des KGB. Stimmt das?«
«Auf einer Skala von eins bis zehn mindestens acht«, entgegnete Benjamin.»Aber wen sollte er hier drinnen haben, wen könnte er haben? Er ist seit dreißig Jahren nicht hiergewesen!«
«Wenn wir zwei Stunden Zeit hätten und ein paar Computer mit den Daten aller Leute in Nowgorod programmieren könnten, wären wir vielleicht in der Lage, mehrere hundert Namen einzugeben und würden Möglichkeiten finden, aber wir haben keine Stunden Zeit. Wir haben nicht mal Minuten! Außerdem, wie ich den Schakal kenne, macht es keinen Unterschied.«
«Ich glaube, es macht allerdings einen verdammten Unterschied!«rief der amerikanisierte Russe.»Es gibt hier einen Verräter, und wir sollten wissen, wer es ist.«
«Ich schätze, Sie werden es schon bald genug herausfinden… Einzelheiten, Ben. Die Sache ist, er ist hier! Gehen wir, und wenn wir nach draußen kommen, halten wir irgendwo an, und Sie besorgen mir, was ich brauche.«
«Okay.«
«Alles, was ich brauche.«
«Dazu bin ich ermächtigt.«
«Und dann verschwinden Sie. Ich weiß, wovon ich rede.«»Keine Chance, Jose!«
«Kalifornien kommt wieder durch?«
«Sie haben mich gehört.«
«Dann wird die Mutter des kleinen Benjamin vielleicht eine Leiche als Sohn haben, wenn sie nach Moskau zurückkommt. Verschwinden wir von hier.«
Kapitel 41
Ilich Ramirez Sanchez schnippte im Schatten zweimal mit den Fingern, als er die kurzen Stufen des miniaturisierten Eingangs zu einer kleinen Kirche am Paseo del Prado in» Madrid «erklomm, die Sporttasche in der linken Hand. Hinter einer geriffelten Säulenattrappe trat eine Gestalt hervor, ein stämmiger Mann, etwa Anfang Sechzig. Er trug die Uniform eines spanischen Armeeoffiziers, ein Generalleutnant mit drei Reihen Ordensbändern an seinem Waffenrock. Er hatte einen Lederkoffer in der Hand. Er hob ihn leicht an und sprach spanisch, wie es für diesen Teil Nowgorods normal war.
«Komm in die Sakristei. Da kannst du dich umziehen. Dieses Jackett paßt dir nicht. Es ist eine Einladung für jeden Scharfschützen.«
«Es tut gut, wieder unsere Sprache zu sprechen«, sagte Carlos, als er dem Mann in die winzige Kirche folgte und sich steif umdrehte, um die schwere Tür zu schließen.»Ich stehe in deiner Schuld, Enrique«, fügte er hinzu und warf einen Blick in die Runde auf leere Reihen von Betstühlen und die warmen Lichter, die den Altar umspielten und das goldene Kruzifix leuchten ließen.
«Du stehst schon seit dreißig Jahren in meiner Schuld, Ramirez, und wie oft ist es schon zu meinem Nutzen gewesen?«lachte der Soldat leise, als sie zum rechten Seitenschiff hinüber und dann zur Sakristei gingen.
«Vielleicht hast du zu dem, was von deiner Familie in Baracoa übrig ist, den Kontakt verloren. Fidels eigene Brüder und Schwestern leben nicht halb so gut.«
«Das tut auch der verrückte Fidel nicht, aber es ist ihm egal. Man sagt, er badet jetzt öfter, und ich nehme an, das ist ein Fortschritt. Aber du sprichst von meiner Familie in Baracoa.
Was ist mit mir, mein gepriesener, internationaler Attentäter? Keine Yachten, keine Rennpferde, schäm dich! Hätte ich dich nicht gewarnt, wärst du vor dreiunddreißig Jahren in eben diesem Lager hingerichtet worden. Wenn ich darüber nachdenke, dann kamst du genau aus dieser idiotischen Puppenstubenkirche, als dir die Flucht gelang — als Priester verkleidet, da ein Priester die Russen immer irgendwie verstört.«
«Hast du irgend etwas entbehren müssen, als ich mich erst einmal etabliert hatte?«Sie betraten einen kleinen, getäfelten Raum, in dem vermeintliche Prälaten die Sakramente vorbereiteten.»Habe ich dir jemals etwas abgeschlagen?«fügte Carlos hinzu und stellte die Sporttasche auf den Boden.
«Ich habe natürlich nur einen Scherz gemacht«, wandte Enrique ein, lächelte gutmütig und sah den Schakal an.»Wo ist dein gesunder Humor geblieben, mein berüchtigter alter Freund?«