«Ich habe keine Zeit für Erinnerungen. Die Information bitte.«
«Oh, ja, natürlich… Gut. Zuerst wurde mir das Geld an der Ecke Commonwealth und Dartmouth ausgehändigt, und natürlich habe ich die Namen und besonderen Kennzeichen aufgeschrieben, die du mir telefonisch mitgeteilt hast…«
«Aufgeschrieben?«fragte Gates scharf.
«Und verbrannt, sobald ich sie im Kopf hatte — ein paar Sachen habe ich aus meinen Schwierigkeiten gelernt. Ich habe den Ingenieur in der Telefongesellschaft erreicht, der höchst erfreut war über deine Freigebigkeit, entschuldige, meine, und dann brachte ich seine Information zu dem widerstrebenden Privatdetektiv, ein fixer Bursche, wirklich, Randy, und — in Anbetracht seiner Methoden — jemand, der meine Talente sehr gut gebrauchen könnte.«
«Bitte«, unterbrach der bekannte Rechtsprofessor,»die Fakten, nicht deine Einschätzungen.«
«Einschätzungen enthalten oft dazugehörige Fakten, Professor. Das verstehst du doch.«
«Wenn ich einen Prozeß vorbereite, dann frage ich nach Meinungen. Nicht jetzt. Was fand der Mann heraus?«
«Zunächst ist da eine alleinstehende Frau mit Kindern — wie viele, ist nicht sicher. Das zweite ist der Wohnort. Den fand er heraus auf Grund der Daten, die ihm von einem unterbezahlten Mechaniker der Telefongesellschaft geliefert wurden: Die ersten Zahlen der Rufnummer sind ein Kode für das Land und den Ort. Der Bursche machte sich ohne Skrupel und mit unglaublichem Tempo an die Arbeit. Er war wirklich erstaunlich produktiv. Tatsächlich könnten wir, wenn ich es mit dem Rest meines Rechtsverständnisses betrachte, eine stillschweigende Partnerschaft eingehen.«
«Verdammt, was hat er erfahren?«
«Ja, wie ich sage, sein Tempo war so unglaublich, daß ich wirklich der Meinung bin, wir müßten ein bißchen über die Justierung meines wohlverdienten Honorars diskutieren.«
«Für wen, zum Teufel, hältst du dich eigentlich? Ich habe dir dreitausend Dollar geschickt! Fünfhundert für den Telefonmann und fünfzehnhundert für den elenden Schlüssellochgucker, der sich Privatdetektiv nennt…«
«Nur weil er nicht mehr auf der Gehaltsliste der Polizei steht, Randolph. Wie ich ist er in Ungnade gefallen, aber er leistet offenbar sehr gute Arbeit. Sollen wir verhandeln, oder soll ich gehen?«
Wütend starrte der glatzköpfige, gebieterische Rechtsprofessor den graugesichtigen, alten und entehrten Juristen an.»Wie kannst du es wagen?«
«Mein lieber Randy, glaubst du denn wirklich deiner Presse? Nun gut, ich werde dir sagen, warum ich es wage, mein arroganter alter Freund. Ich habe gelesen, habe gesehen, wie du deine esoterischen Interpretationen komplexer Gesetzestexte geäußert hast, wie du gegen jedes vernünftige Gesetz angegangen bist, das die Gerichtshöfe in diesem Land in den vergangenen dreißig Jahren erlassen haben. Dabei hast du nicht die leiseste Idee davon, was es heißt, arm oder hungrig zu sein oder ein Kind im Bauch zu haben, das man weder gewünscht hat, noch jemals versorgen kann. Du bist der Darling der Royalisten, mein nicht sehr tiefschürfender Freund, und du zwingst die Normalbürger, in einem Land zu leben, in dem wirkliche Individualität unerwünscht ist, in dem freies Denken durch Zensur eingeschränkt wird, in dem die Reichen immer reicher werden und in dem die Ärmsten unter uns sich von einem anständigen Leben von vornherein verabschieden können, sofern sie überleben wollen. Und du entwickelst diese wenig originellen, mittelalterlichen Konzepte nur, um dich selbst als brillanter Außenseiter der Katastrophe darzustellen. Willst du, daß ich fortfahre, Doktor Gates? Ich glaube wirklich, du hast dir den falschen Verlierer für deine dreckigen Geschäfte ausgesucht.«
«Wie kannst du es wagen?«wiederholte der Professor perplex und undeutlich. Er trat ans Fenster.»Das muß ich mir nicht anhören!«
«Nein, gewiß nicht, Randy. Aber als ich noch der juristischen Fakultät angehörte und du mein Schüler warst einer der besten, aber nicht der glänzendste —, mußtest du verdammt noch mal auch schon zuhören!«
«Also was?«schrie Gates und wandte sich vom Fenster ab.
«Es betrifft das, was du willst. Die Information, für die du mich unterbezahlt hast. Sie ist doch sehr wichtig für dich, nicht?«
«Ich muß sie haben. Ich habe bezahlt! Ich verlange…«
«Dann muß ich mehr Geld verlangen. Wer immer dich bezahlt, kann das verkraften.«
«Nicht einen Dollar!«
«Dann gehe ich.«
«Halt!.. Fünfhundert mehr, und dabei bleibt's.«
«Fünftausend. Oder ich gehe.«
«Lächerlich!«
«Dann sehen wir uns in zwanzig Jahren wieder.«
«Gut… gut, fünftausend.«
«Oh, Randy, du bist so durchsichtig. Deshalb bist du auch nicht wirklich glänzend, sondern nur einer, der sich in ein glänzendes Licht zu rücken versteht… Zehntausend, Dr. Gates, oder ich gehe in meine verräucherte Lieblingsbar.«
«Das kannst du nicht tun.«
«Natürlich kann ich. Ich bin jetzt ein vertraulicher Rechtsbeistand. Zehntausend Dollar. Wie möchtest du es bezahlen? Ich kann mir nicht vorstellen, daß du es bei dir hast…«
«Mein Ehrenwort…«
«Vergiß es, Randy.«
«Also gut. Ich werde es morgen früh zur Boston Five schicken. Auf deinen Namen. Einen Bankscheck.«
«Das ist sehr liebenswürdig von dir. Aber für den Fall, daß deine Vorgesetzten verhindern möchten, daß ich es abhole, sag ihnen doch bitte, daß eine unbekannte Person, ein alter Freund von mir, einen Brief bei sich hat, in dem jedes Detail dessen steht, was zwischen uns vor sich gegangen ist. Und der Brief ist an den Generalstaatsanwalt von Massachusetts gerichtet, als Einschreiben, nur für den Fall, daß ich einen Unfall habe.«
«Das ist absurd. Die Information bitte.«
«Na gut. Du wirst ja wohl wissen, daß du dich auf etwas eingelassen hast, was eine sehr empfindliche Regierungsangelegenheit zu sein scheint. Das ist der Ausgangspunkt… In der Annahme, daß jemand in einem dringenden Fall von einem Platz zum anderen das schnellste Transportmittel benutzt, fuhr unser gewiefter Detektiv zum
Flughafen Logan. In welcher Verkleidung, weiß ich nicht. Nichtsdestoweniger hat er die Unterlagen über jedes von Boston abgeflogene Flugzeug von gestern früh um 6.30 Uhr bis 22.00 Uhr abends erhalten. Wie du dich erinnerst, entspricht das deinen Angaben an mich — >Abfahrt mit der ersten Kiste am Morgenc.«»Und?«
«Geduld, Randolph. Du hast gesagt, ich solle nichts aufschreiben, also muß ich Schritt für Schritt vorgehen. Wo war ich stehengeblieben?«»Die Unterlagen.«
«Ach ja. Also, laut Detektiv Sleaze gab es elf unbegleitete Kinder, die für verschiedene Flüge gebucht waren, und acht Frauen, zwei von ihnen Nonnen, die Reservierungen mit Minderjährigen hatten. Von diesen acht, einschließlich der beiden Nonnen, die Waisenkinder nach Kalifornien brachten, wurden die restlichen sechs wie folgt identifiziert. «Der alte Mann griff in seine Tasche und zog ein maschinenbeschriebenes Stück Papier hervor.»Klar, daß ich das nicht geschrieben habe. Ich habe keine Schreibmaschine, weil ich nicht tippen kann. Es kommt von Sleaze.«
«Gib es mir!«befahl Gates und stürzte mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
«Gewiß«, sagte der Siebzigjährige und reichte das Papier seinem ehemaligen Schüler.»Es wird dir jedoch nichts nützen«, fügte er hinzu.»Unser Sleaze hat sie überprüft, mehr, um Stunden zu schinden, als für sonst etwas. Nicht nur sind sie vollständig sauber, sondern er hat diesen überflüssigen Service auch noch geleistet, als er die eigentliche Information schon herausgefunden hatte.«