«Was wird er unternehmen?«
«Ich bat ihn, ein paar Tage lang gar nichts zu tun, und das hat er mir zugesagt. Achtundvierzig Stunden, um genau zu sein. Und dann wird er DeSole damit konfrontieren.«
«Das kann er nicht tun«, sagte Borowski entschlossen.
«Was immer diese Leute verbergen, wir können es nutzen, um den Schakal hervorzulocken. Sie benutzen, um ihn hervorzulocken, wie andere vom selben Schlage mich vor dreizehn Jahren benutzt haben.«
Conklin starrte zuerst auf den Fußboden, dann auf Jason Borowski.»Es läuft also auf das allmächtige Ego hinaus, nicht wahr?«sagte er.»Je größer das Ego, um so größer die Furcht… «
«Je größer der Köder, um so größer der Fisch«, vervollständigte Jason.
«Vor sehr langer Zeit einmal hast du mir erzählt, der >Stachel< von Carlos sei so groß wie sein Kopf, der schon über alle Maße angeschwollen gewesen sein muß für das Geschäft, in dem er ist. Das war damals wahr und ist es auch heute noch. Wenn wir irgendeins von diesen hohen Regierungstieren dazu bringen können, ihm eine Botschaft zu schicken — etwa, mich zu jagen, zu töten —, wird er anbeißen. Weißt du, warum?«
«Habe ich ja gerade gesagt. Das Ego.«
«Sicher, teilweise, aber da ist noch etwas. Es ist der Respekt, der Carlos mehr als zwanzig Jahre lang versagt geblieben ist, angefangen damit, daß Moskau ihn hinausgeworfen hat. Er hat Millionen gemacht, aber seine Klienten sind und waren immer der Abschaum der Erde. Trotz aller Angst, die er verbreitet, ist und bleibt er ein im Grunde dummer Psychopath. Keine Legenden haben sich um ihn gebildet, nur Verachtung, und das muß ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht haben. Die Tatsache, daß er mir hinterherjagt, um eine dreizehn Jahre alte Rechnung zu begleichen, unterstreicht das, was ich sage… Ich bin für ihn lebenswichtig. Mich zu töten, ist für ihn lebenswichtig — weil ich das Produkt unserer geheimen Operationen gewesen bin. Da möchte er seine Fähigkeiten aufblitzen lassen, zeigen, daß er besser ist als wir alle zusammen.«
«Es könnte auch sein, weil er immer noch meint, daß du ihn identifizieren könntest.«
«Das dachte ich zuerst auch, aber das ist jetzt dreizehn Jahre her — nein, da mußte etwas anderes dahinterstecken.«
«Also hast du dich auf das Feld von Mr. Panov begeben und eine psychologische Erklärung entwickelt.«
«Dies ist ein freies Land.«
«Verglichen mit den meisten anderen, ja, aber was soll uns das alles nützen?«
«Ich weiß, daß ich recht habe.«
«Das ist keine Antwort.«
«Nichts darf falsch sein oder gestellt«, beharrte Borowski und beugte sich vor, die Ellbogen auf seinen nackten Knien, die Hände verschränkt.»Carlos würde die List bemerken. Das ist
das erste, wonach er sucht. Unsere Medusa-Leute müssen echt sein, und sie müssen echt in ihrer Panik sein.«
«Sind sie beides, ich habe es dir schon gesagt.«
«Bis zu dem Punkt, wo sie tatsächlich bereit sind, sogar Kontakt mit jemandem wie dem Schakal aufzunehmen?«
«Das weiß ich nicht.«
«Das werden wir niemals wissen, solange wir nicht herausfinden, was sie zu verbergen haben.«
«Aber wenn wir in Langley alle Computer in Schwung bringen, dann wird DeSole dahinterkommen. Und wenn er ein Teil von was weiß der Teufel auch immer ist, dann wird er die anderen alarmieren.«
«Dann werden wir eben nicht in Langley nachforschen. Ich habe ausreichend Material, um auch so weiterzumachen. Du brauchst mir nur die Adressen und Telefonnummern zu geben. Das kannst du doch, oder?«
«Gewiß. Das ist das mindeste. Was willst du denn tun?«
Borowski lächelte und sprach ruhig, geradezu sanft:»Wie wäre es damit, ihre Häuser zu stürmen und ihnen Nadeln in den Arsch zu jagen, zwischen dem Aperitif und dem Entree?«
«Jetzt höre ich wieder Jason Borowski.«
«So muß es sein.«
Kapitel 7
Marie St. Jacques-Webb begrüßte den karibischen Morgen, indem sie sich im Bett streckte und zur Wiege hinüberschaute. Alison schlief tief und fest, im Gegensatz zu vier oder fünf Stunden zuvor. Ihr kleiner Liebling war schwierig gewesen, so sehr, daß Maries Bruder Johnny an die Tür geklopft hatte, zaghaft hereingekommen war und gefragt hatte, ob er irgend etwas tun könne, auch wenn er eigentlich überzeugt war, daß er es nicht konnte.
«Wie wäre es, wenn du ihr die Windel wechseln würdest?«
«Das dann doch lieber nicht«, lachte Johnny und verschwand wieder. Jetzt jedoch hörte sie seine Stimme von draußen durch die Jalousien. Es war verführerisch, wie er ihren Sohn Jamie in den Swimmingpool lockte und dabei so laut sprach, daß er auf der ganzen Insel gehört werden konnte. Marie kroch aus dem Bett, ging ins Badezimmer, und nachdem sie geduscht und ihr kastanienbraunes Haar gebürstet hatte, trat sie im Badeanzug hinaus in den Patio, von wo sie den Pool überblicken konnte.
«Oh, Marie, hallo. «schrie ihr braungebrannter, dunkelhaariger jüngerer Bruder neben ihrem Sohn im Wasser.»Ich hoffe, wir haben dich nicht aufgeweckt. Wir wollten nur unbedingt schwimmen.«
«Hallo, Mami. Onkel John hat mir gezeigt, wie man Haifische mit einem Stock vertreiben kann.«
«Dein Onkel weiß lauter so schreckliche Sachen, die du hoffentlich nie, nie zu wissen brauchst.«
«Auf dem Tisch steht eine Kanne mit Kaffee, Marie. Und Mrs. Cooper wird dir alles machen, was du zum Frühstück möchtest.«
«Kaffee ist prima, Johnny. Das Telefon hat in der Nacht geläutet — war es David?«
«Er«, antwortete der Bruder,»und du und ich, wir müssen miteinander reden… Komm, Jamie, raus mit dir. Faß die Leiter an.«
«Was ist denn mit den Haifischen?«
«Die bekommst du noch alle. Hol dir was zu trinken.«
«Johnny!«
«Orangensaft, in der Küche steht ein Krug voll. «John St. Jacques ging um den Pool herum und die Stufen zum Schlafzimmerpatio hinauf, während sein Neffe ins Haus rannte.
Marie sah ihren Bruder näher kommen, wobei sie die Ähnlichkeit zwischen ihm und ihrem Mann bemerkte. Beide waren groß und muskulös; beide hatten einen Mangel an Kompromißbereitschaft in ihrem Gang, während jedoch David gewöhnlich gewann, verlor Johnny meistens, ohne daß sie wußte, warum. Oder warum David solch ein Vertrauen in den jüngsten Schwager setzte, wo doch die beiden älteren St. Jacques' viel verantwortungsbewußter schienen. David — oder war es Jason Borowski? — diskutierte diese Frage niemals ausführlich. Er ging einfach mit einem Lachen darüber hinweg und sagte, daß Johnny etwas habe, was ihm — oder war es Borowski? gefalle.
«Nun mal raus mit der Sprache«, sagte der jüngste St. Jacques und setzte sich, während das Wasser von seinem Körper tropfte.»Was für eine Art Ärger hat David? Am Telefon konnte er nicht sprechen, und du warst vergangene Nacht ja nicht in der Lage zu einem längeren Gespräch. Was ist geschehen?«
«Der Schakal… der Schakal, das ist geschehen.«
«Oh, Gott!«brach es aus Johnny heraus.»Nach all den Jahren?«
«Nach all den Jahren«, wiederholte Marie mit schwacher Stimme.»Wie weit ist der Bastard gekommen?«
«David versucht, es in Washington herauszufinden. Alles, was wir mit Sicherheit wissen, ist, daß er Alex Conklin und Mo Panov im Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen in Hongkong und Kowloon ausgegraben hat. «Sie erzählte ihm von den falschen Telegrammen und der Falle im Vergnügungspark in Baltimore.
«Ich denke, daß Alex alle unter seinen Schutz genommen hat, oder wie sie es nennen.«
«Rund um die Uhr, da bin ich sicher. Außer uns und McAllister sind Alex und Mo die einzigen noch lebenden Leute, die wissen, daß David — mein Gott, ich kann nicht einmal den Namen aussprechen!«Marie setzte die Kaffeetasse heftig auf den Tisch.
«Ruhig, Schwesterchen. «Johnny ergriff ihre Hand und legte seine auf die ihre.»Conklin weiß schon, was er tut. David hat mir gesagt, daß Alex der Beste war — der beste Mann im Außendienst, so nannte er ihn —, der je für die Amerikaner gearbeitet hat.«