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«Mr. McAllister war dabei«, antwortete Alex kurz.»Er flog inkognito mit Jason Borowski nach Macao, wo er so schwer angeschossen wurde, daß es ihn beinahe erwischt hätte. Er ist ein intellektueller Sonderling, aber trotzdem einer der tapfersten Männer, die ich je getroffen habe.«

«Er sagte nichts Genaueres, sondern nur, daß er da sei und daß ich notfalls meinen Terminkalender ändern müsse, weil unser Treffen mit Ihnen von höchster Dringlichkeit sei… Schweres Geschütz, Mr. Conklin.«

«Ich wiederhole, es gibt schwerwiegende Gründe.«

«Offensichtlich. Mr. McAllister gab mir die exakten, streng geheimen Kodes, mit denen man an die Akte kommt, von der Sie sprechen — die Unterlagen über die Hongkong-Operation. Ich meinerseits gab die Information an Mr. DeSole weiter. Lassen Sie uns hören, was er zu sagen hat.«

«Nichts ist angerührt worden, Alex«, sagte DeSole ruhig und sah Conklin an.»Bis heute früh, neun Uhr dreißig, lag alles vier

Jahre, fünf Monate, einundzwanzig Tage, elf Stunden und dreiundvierzig Minuten ohne Unterbrechung in der schwarzen Kassette, ob du es glaubst oder nicht.«

«Was diese Akte angeht, bin ich auf alles gefaßt.«

«Wie auch immer«, sagte DeSole sanft.»Man wußte von dir, daß du Probleme hattest, und Panov ist nicht so erfahren, was Sicherheitsprobleme angeht.«

«Worauf, zum Teufel, willst du hinaus?«

«Ein dritter Name wurde den Zugriffsformalitäten für die Hongkong-Akte hinzugefügt… Edward Newington MacAllister, auf seine eigene Veranlassung hin und mit dem Einverständnis sowohl des Präsidenten als auch des Kongresses. Dafür hat er gesorgt.«

«Oh, mein Gott«, sagte Conklin leise, zögernd.»Als ich ihn vergangene Nacht von Baltimore aus anrief, sagte er, es sei unmöglich. Dann sagte er, ich müsse mir selbst ein Bild machen und er werde diese Konferenz hier ansetzen… Jesus, was ist geschehen?«

«Ich würde sagen, daß wir in anderer Richtung suchen müssen«, sagte der DCI.»Aber bevor wir das tun, Mr. Conklin, müssen Sie eine Entscheidung treffen. Sie sehen, daß keiner von uns hier am Tisch etwas über den Inhalt dieser höchst geheimen Akte weiß. Wir haben uns natürlich darüber ausgetauscht, wobei klar wurde, daß wir alle nicht mehr wissen, als daß Sie in Hongkong einen Teufelsjob geleistet haben. Worum es aber genau ging, ist uns allen unbekannt. Wir kennen Gerüchte aus unserer Fernostabteilung, die die meisten von uns allerdings, offen gesagt, für übertrieben halten, doch es taucht immer wieder Ihr Name und der von Jason Borowski auf. Weiter heißt es, daß Sie für die Verhaftung und Hinrichtung des Killers, den wir als Borowski kennen, oder besser: kannten, verantwortlich waren. Aber vor wenigen Minuten haben Sie gesagt: >Der Mann, der den Namen Jason Borowski annahmc, womit Sie sagen, daß er lebt und sich irgendwo versteckt hält. Was also die Details angeht, wissen wir nichts, zumindest ich nicht.«

«Sie haben die Akte nicht eingesehen?«

«Nein«, antwortete DeSole.»Das war meine Entscheidung. Wie du vielleicht weißt oder auch nicht, wird jedes Öffnen einer Akte von höchster Geheimhaltung automatisch mit Datum und Stunde vermerkt. Da ich wußte, daß es bei einem illegalen Zugriff mächtige Aufregung geben würde, habe ich mich gehütet, mir das Ding anzusehen. Die Akte wurde also beinahe fünf Jahre lang nicht angerührt, folglich auch nicht gelesen, nicht einmal ihre Existenz war bekannt, und so kann sie auch nicht in die Hände der falschen Leute geraten sein, um wen immer es sich da handeln mag.«

«Du hast dich ja gründlich abgesichert.«

«Aber natürlich, Alex. Diese Akte trägt das Siegel des Weißen Hauses. Im Moment ist hier alles einigermaßen ruhig, und niemandem ist damit gedient, sich mit dem Oval Office anzulegen. Zwar sitzt da mittlerweile ein neuer Mann am Tisch, aber der frühere Präsident ist noch sehr lebendig und sehr eigensinnig. Er müßte konsultiert werden. Warum soll man sich Ärger aufhalsen?«

Conklin sah sich jedes Gesicht genau an und sagte ruhig:»Dann kennen Sie die Geschichte also wirklich nicht?«

«Das ist die Wahrheit, Alex«, sagte Casset.

«Mein Wort«, fügte Steven DeSole hinzu.

«Da Sie unsere Hilfe brauchen, könnten wir vielleicht das eine oder andere über die widersprüchlichen Gerüchte hinaus erfahren«, sagte der Direktor.»Ich weiß nicht, ob wir helfen können, aber ich weiß, daß wir manches absolut geheim machen können.«

Alex schaute sich nochmals jeden einzelnen an, wobei sich die Falten in seinem Gesicht deutlicher als sonst abzeichneten — als würde ihm die Entscheidung im Moment äußerst schwerfallen.»Seinen Namen werde ich Ihnen nicht sagen, weil ich ihm mein Wort gegeben habe… vielleicht später, nicht jetzt. Und er ist auch nicht in den Akten zu finden. Nur als Kode, aber auch darauf habe ich mein Wort gegeben. Das übrige erzähle ich Ihnen, weil ich Ihre Hilfe brauche. Wo soll ich anfangen?«

«Vielleicht bei diesem Treffen?«schlug der Direktor vor.»Wodurch ist es zustande gekommen?«

«In Ordnung, das geht schnell. «Conklin schaute nachdenklich auf die Tischplatte, griff abwesend nach seinem Stock und hob dann den Blick.»Vergangene Nacht wurde eine Frau in einem Vergnügungspark außerhalb von Baltimore getötet…«

«Ich habe heute früh darüber in der Post gelesen«, unterbrach ihn DeSole.»Mein Gott, warst du…«

«Ich hab's auch gelesen«, flocht Casset ein und sah Alex an.»Vor einer Schießgalerie. Sie haben sie geschlossen.«

«Ich habe gedacht, es sei irgendwie ein schrecklicher Unfall gewesen. «Valentino schüttelte leicht den Kopf.»Ich habe den Artikel allerdings nicht gelesen.«

«Ich habe den üblichen Packen Zeitungsausschnitte bekommen, was genug Journalismus am frühen Morgen ist«, sagte der Direktor.»Ich erinnere mich nicht an solch einen Artikel.«

«Bist du da drin verwickelt, alter Junge?«»Nur um den Preis eines ziemlichen Opfers bin ich es nicht… ich sollte sagen, sind wir es nicht.«»Wir?«Casset legte alarmiert die Stirn in Falten.»Morris Panov und ich haben identische Telegramme von Jason Borowski erhalten, worin er uns bat, um 21.30 Uhr vergangene Nacht im Vergnügungspark zu sein. Es sei dringend, und wir sollten ihn vor der Schießgalerie treffen, aber unter keinen Umständen zu Hause anrufen. Wir nahmen beide unabhängig voneinander an, daß er seine Frau nicht beunruhigen wollte, daß er uns persönlich etwas sagen mußte, was sie nicht wissen sollte… Wir kamen zur selben Zeit an, ich sah Panov zuerst und hatte das Gefühl, daß die Umgebung nicht gut sei. In aller Interesse, vor allem Borowskis, hätten wir vorher miteinander reden müssen. Das roch ziemlich nach einer Falle, und ich tat mein Bestes, uns da schnell rauszubekommen. Die einzige Möglichkeit schien mir ein Ablenkungsmanöver zu sein.«

«Du hast einen mittleren Tumult ausgelöst«, sagte Casset nüchtern.»Es war das einzige, was ich tun konnte, und das einzige, wozu dieser verdammte Stock gut ist, außer daß er mich aufrecht hält. Ich schlug gegen jedes Schienbein, jede Kniescheibe in Reichweite, ein paar Bäuche und Titten haben auch was abgekriegt. Wir kamen aus dem Kreis heraus, aber die arme Frau wurde getötet.«

«Was stellst du dir vor… hast du eine Ahnung?«fragte Valentino.»Ich weiß es nicht, Val. Es war eine Falle, das ist keine Frage, aber was für eine Falle? Wenn das, was ich in dem Moment dachte und was ich jetzt denke, stimmt, wie konnte ein gekaufter Pistolenschütze auf diese Entfernung danebenschießen? Der Schuß kam von weiter oben links — nicht, daß ich ihn gehört hätte —, die Stellung der Frau und das Blut überall an ihrem Hals deuteten darauf hin, daß sie sich umgedreht und bei der Drehung die Kugel abbekommen hatte. Sie konnte nicht von der Galerie gekommen sein, die Gewehre dort sind angekettet, und die Fleischfetzen in ihrem Genick wurden von einem stärkeren Kaliber als dem der Spielzeuge dort verursacht. Wenn der Killer entweder Mo Panov oder mich erwischen wollte, hätte er nicht so weit danebenliegen dürfen. Nicht, wenn das, was ich denke, richtig ist.«