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Morris Panov näherte sich der Kreuzung und war immer noch beunruhigt durch das merkwürdige Telefongespräch, das er zehn Minuten zuvor geführt hatte. Gleichzeitig versuchte er, sich jeden zu befolgenden Abschnitt des Plans ins Gedächtnis zu rufen, wobei er Angst hatte, auf die Uhr zu sehen, um zu überprüfen, ob er im Zeitplan lag. Ihm war gesagt worden, auf der Straße nicht auf die Uhr zu schauen. Warum konnten sie nicht sagen,»annähernd um die und die Zeit«, statt den etwas entnervenden Begriff» Zeitspanne «zu benutzen? Als ob eine militärische Invasion Washingtons unmittelbar bevorstünde. Egal, er ging weiter, überquerte die Straßen, die ihm genannt worden waren, und hoffte, daß ihn irgendein unsichtbares Uhrwerk ungefähr im Takt mit den verdammten» Zeitspannen «halten würde, die festgelegt worden waren, während er zwischen zwei Pflöcken auf irgendeinem Rasen hinter einem Gartenhaus in Vienna, Virginia, hin- und herspazierte… Er würde alles für David Webb tun — wahrlich alles —, aber das hier war idiotisch… Natürlich war es das nicht. Sie würden ihn nicht bitten zu tun, was er tat, wenn es das wäre.

Was war das? Ein Gesicht im Schatten spähte nach ihm, genau wie die anderen zwei! Der eine krümmte sich über einen Bordstein und hob seine weingetränkten Augen zu ihm hoch. Alte Männer, wettergegerbt, sehr alte Männer, die sich kaum bewegen konnten und die ihn anstarrten. Er ließ seine Gedanken abschweifen — die Städte waren voll von diesen Obdachlosen, völlig harmlosen Leuten, deren Psyche sie auf die Straßen trieb oder die Armut. Wie sehr er es auch wollte, so konnte er nichts anderes tun, als auf dem Amtsweg das taube Washington mit Eingaben zu nerven… Da war noch einer! In einer Lücke zwischen zwei Geschäften mit einem Eisengitter davor beobachtete er ihn. Hör auf! Du bist irrational. War er es wirklich? Natürlich war er es. Geh weiter, halt deinen Zeitplan ein, das ist es, was von dir erwartet wird… Gütiger Gott! Da ist noch einer. Über die Straße… weitergehen!

Das weite, vom Mondschein erhellte Gelände des Smithsonian Institutes ließ die beiden Figuren winzig erscheinen, die aus verschiedenen Richtungen aufeinander zusteuerten, und miteinander weiter zu einer Bank gingen. Conklin setzte sich mit Hilfe seines Stocks, während Mo Panov sich nervös umschaute, horchte, als ob er das Unerwartete erwartete. Es war 3.28 Uhr im Morgengrauen. Die einzigen Geräusche waren das gedämpfte Zirpen der Grillen und die milde Sommerbrise in den Bäumen. Wachsam setzte sich Panov nieder.

«Ist auf dem Weg hierher etwas passiert?«fragte Conklin.

«Ich bin mir nicht sicher«, antwortete der Psychiater.»Ich fühle mich genauso verloren wie in Hongkong, außer, daß wir dort wußten, wohin wir gingen und wen wir treffen würden. Ihr seid wirklich verrückt.«

«Du widersprichst dir selbst, Mo«, sagte Alex lächelnd.»Du hast mir gesagt, ich sei geheilt.«

«Ach, das! Das war nur eine obsessive manische Depression, die an eine Dementia praecox grenzte. Dies hier ist Irrsinn! Es ist beinahe vier Uhr morgens. Vernünftige Leute treiben um vier Uhr früh keine Spielchen.«

Alex beobachtete Panov im schwachen Licht einer Außenbeleuchtung vom Smithsonian-Gebäude, die die massiven Steinmauern erhellte.»Du sagtest, daß du nicht sicher wärest. Was heißt das?«

«Beinahe fürchte ich, es auszusprechen… ich habe zu vielen Patienten erzählt, daß sie unangenehme Bilder erfinden, um ihre Panik zu rationalisieren, ihre Ängste zu rechtfertigen.«

«Was, zum Teufel, hat das zu bedeuten?«

«Es ist eine Form der Übertragung…«

«Komm schon, Mo!«unterbrach Conklin.»Was hat dich beunruhigt? Was hast du gesehen?«

«Figuren, vornübergebeugt, langsamen Schrittes, mühsam — nicht wie du, Alex, nicht behindert durch Verletzungen, sondern durch ihr Alter. Ausgemergelt und alt, in dunklen Straßenecken und Nebeneingängen. Vier oder fünf auf dem Weg hierher. Zweimal hätte ich beinahe nach deinen Leuten geschrien, und dann dachte ich mir, mein Gott, Doktor, du hast eine Überreaktion und hältst ein paar erbarmungswürdige Obdachlose für etwas, was sie nicht sind, siehst Dinge, die es gar nicht gibt.«

«Weiter!«flüsterte Conklin eindringlich.»Du hast genau gesehen, was tatsächlich da war, Mo. Weil ich dasselbe gesehen habe, dieselbe Art von Leuten, die du gesehen hast, und sie waren erbarmungswürdig, die meisten in heruntergekommenen Kleidern, und sie bewegten sich langsamer als ich… Was bedeutet das alles?«

Schritte. Langsam, zögernd. Im Schatten eines verlassenen Weges sah man zwei kleine Männer — alte Männer. Auf den ersten Blick schienen sie wirklich Teil der zunehmenden Armee von Obdachlosen zu sein, aber etwas stimmte nicht mit ihnen, vielleicht eine bestimmte Absicht, die sie im Schilde führten. Keine zehn Meter von der Bank entfernt blieben sie stehen, ihre Gesichter im Dunklen. Der auf der linken Seite sagte mit dünner Stimme und fremdem Akzent:»Eine ungewöhnliche Zeit und ein ungewöhnlicher Platz für zwei so gutgekleidete Männer. Ist es rechtens, einen Ruheplatz zu besetzen, der für andere, nicht so begünstigte Menschen dasein sollte?«

«Es gibt noch genügend freie Bänke«, sagte Alex freundlich.»Ist diese hier etwa reserviert?«

«Das sind sie nie«, antwortete der andere alte Mann in klarem Englisch, das aber eindeutig nicht seine Muttersprache war.»Was machen Sie hier?«

«Was geht Sie das an?«fragte Conklin.

«Zu dieser Stunde und an diesem Ort?«sagte der erste Eindringling und sah sich um.

«Ich wiederhole«, sagte Alex.»Das geht Sie nichts an, und ich denke wirklich, Sie sollten uns allein lassen.«

«Geschäft ist Geschäft«, fing der zweite alte Mann wieder an.

«Wovon, zum Teufel, redet er?«flüsterte Panov verwirrt Conklin zu.

«Keine Ahnung«, sagte Alex,»sei ruhig. «Der ehemalige CIA-Agent wandte sich den beiden alten Männern zu.

«Okay, Jungs, warum wollt ihr nicht weitergehen?«»Geschäft ist Geschäft«, sagte der zweite, zittrige Alte erneut, wobei er zu seinem Kollegen hinüberblinzelte.»Was für Geschäfte könntet ihr mit uns…?«»Sind Sie da so sicher?«unterbrach der erste alte Mann.

«Nehmen Sie mal an, ich würde Ihnen sagen, daß ich Ihnen eine Botschaft aus Macao bringe?«»Was?«rief Panov.»Sei ruhig!«flüsterte Conklin und fragte dann lässig:

«Was hat Macao zu bedeuten?«

«Ein großer Taipan möchte Sie gerne treffen. Der größte Taipan in Hongkong.«

«Warum?«

«Er wird Ihnen viel Geld bezahlen. Für Ihre Dienste.«

«Ich sage es noch mal. Warum?«

«Wir sollen Ihnen sagen, daß ein Killer zurückgekommen ist. Er möchte, daß Sie ihn finden.«

«Die Geschichte hab ich doch schon mal gehört. Die zieht nicht.«

«Das ist eine Angelegenheit zwischen dem großen Taipan und Ihnen. Nichts für uns. Er wartet auf Sie.«

«Wo ist er?«

«In einem Hotel, Sir.«

«In welchem?«

«Wir sollen Ihnen sagen, daß es eine sehr große Lobby hat, wo ständig viele Leute sind, und der Name des Hotels hat mit der Vergangenheit dieses Landes zu tun.«

«Dann kann es nur das Mayflower sein. «Conklin sprach in Richtung des Mikrofons, das in Kragennähe in ein Knopfloch genäht war.

«Wie Sie wollen.«

«Nach wem sollen wir fragen?«

«Nach niemandem, Sir. Sein Sekretär wird Sie ansprechen.«

«Hat derselbe Sekretär sich auch an Sie gewandt?«

«Sir?«

«Wer hat Sie angeheuert, uns zu folgen?«

«Darüber dürfen wir nicht sprechen.«

«Das reicht!«schrie Alexander Conklin hinter sich ins Dunkel, und unvermittelt erleuchteten Flutlichter das Smithsonian-Gelände und den verlassenen Pfad mit den beiden Alten, die jetzt klar als Orientalen zu erkennen waren. Neun Geheimdienstmänner rannten aus verschiedenen Richtungen in den Lichtkegel, die Waffen noch unter den Jacken, da sie offensichtlich nicht gebraucht wurden.