Выбрать главу

Meine Abscheu vor wirklichen Frauen, vor Frauen mit Geschlecht, ist der Weg, auf dem ich zu dir kam. Sie, die irdischen Frauen, die das sich bewegende Gewicht eines Mannes ertragen müssen, um […] – wie diese Frauen lieben, ohne daß die Liebe welkt in der Vorahnung jener Lust, die den Sexus […] bedient? Wer könnte seine Frau achten, ohne daran denken zu müssen, daß sie eine Frau ist, die kopuliert? Wen ekelte nicht vor seiner Mutter, entstammt er doch ihrem Schoß, ist ekelerregend geboren? Wen quälte nicht der Ekel beim Gedanken an den fleischlichen Ursprung seiner Seele – diesen mutwilligen, körperlichen […], aus dem unser Fleisch erwächst, und so schön es auch sei, es ist häßlich durch seinen Ursprung und ekelerregend durch seine Geburt.

Die falschen Idealisten des wirklichen Lebens verfassen der Ehefrau Verse, knien nieder vor dem Mutterbild … Ihr Idealismus ist ein Deckmantel, kein schöpferischer Traum.

Rein bist nur du, Hohe Frau der Träume, dich kann ich als Geliebte empfangen und bleibe unbefleckt. Dich kann ich als Mutter empfangen, dich kann ich anbeten, denn du hast dich nie befleckt, durch keine widerwärtige Befruchtung und durch keine widerwärtige Geburt.

Wie dich nicht anbeten, wenn nur du der Anbetung würdig bist? Wie dich nicht lieben, wenn nur du der Liebe würdig bist?

Wer weiß, ob ich dich nicht träumend erschaffe, dich verwirkliche in einer anderen Wirklichkeit, ob du nicht dort die meine bist, in einer anderen, reinen Welt, wo wir einander ohne körperliche Berühung lieben, mit anderen Umarmungen, anderen, unabdingbaren Formen der Besitznahme? Wer weiß, ob du nicht schon existiert hast und ich dich nicht erschaffen, sondern nur gesehen habe, geschaut auf eine andere, innerliche und reine Art, in einer anderen, vollkommenen Welt? Wer weiß, ob mein Dich-Träumen nicht nur ein Dich-Finden war, ob mein Dich-Lieben nicht nur ein An-dich-Denken war, ob meine Verachtung für das Fleisch und meine Abscheu vor der Liebe nicht nur jenes dunkle Sehnen waren, mit dem ich dich, nichts wissend von dir, erwartet habe, und das vage Verlangen, das mich, dich nicht kennend, zu dir hingezogen hat?

Ich weiß nicht einmal, [ob] ich dich nicht schon geliebt habe in einem vagen Wo und ob meine Sehnsucht nach dieser Liebe nicht der Grund ist für meinen beständigen Überdruß. Vielleicht bist du eine Sehnsucht, die ich m mir trage, Verkörperung einer Abwesenheit, Vergegenwärtigung einer Entfernung, weiblich aus Gründen vielleicht, die nicht im Weiblichsein liegen.

Ich kann dich als Jungfrau denken und auch als Mutter, denn du bist nicht von dieser Welt. Das Kind, das du in deinen Armen hältst, war nie so jung, als daß du es in deinem Bauch hättest tragen und beschmutzen können. Du warst nie eine andere, als du bist, wie also solltest du keine Jungfrau sein? Ich kann dich lieben und dich anbeten, denn meine Liebe besetzt dich nicht, und meine Anbetung entfernt dich nicht von mir.

Sei der Ewige Tag, und laß meine Sonnenuntergänge Strahlen deiner Sonne sein, untrennbar von dir!

Sei die Unsichtbare Dämmerung, und mein Sehnen und meine Unruhe mögen die Farben deiner Unentschiedenheit sein, die Schatten deiner Ungewißheit.

Sei die Schwarze Nacht, und werde die Unvergleichliche, in der ich mich vergesse und verliere, und meine Träume mögen leuchtende Sterne sein in deinem Leib der Entfernung und Verneinung …

Laß mich die Falten deines Mantels sein, die Juwelen deiner Tiara und das andere Gold in deinen Fingerringen.

Laß mich Asche sein in deinem Herd, was macht es, daß ich Staub bin? Fenster in deinem Zimmer, was macht es, daß ich Raum bin? […] Stunde in deiner Wasseruhr, was macht es, daß ich vergehe, wenn ich dein bleibe, daß ich sterbe, wenn ich als der Deine weiterlebe, daß ich dich verliere, wenn dich verlieren dich finden ist?

Herrin des Absurden, Verfechterin sinnloser Sätze[82]  . Mögen deine Stille und deine […] mich in den Schlaf wiegen, möge dein bloßes Wesen mich liebkosen, besänftigen und trösten, o heraldische Herrin des Jenseits, o Kaiserin der Abwesenheit, Jungfräuliche Mutter aller Stille, Wärmendes Feuer frierender Seelen, Schutzengel aller Verlassenen, o menschliche, unwirkliche Landschaft trauriger, ewiger Vollkommenheit.

*

Du bist nicht Frau. Selbst in mir löst du nichts aus, was ich als weiblich empfinden könnte. Nur wenn ich von dir spreche, nennen die Worte dich weiblich, und die Sätze umfangen dich als Frau. Da ich nicht anders kann als zärtlich von dir sprechen, traumverliebt, findet dies nur Stimme in Worten, die dich als weiblich benennen.

Doch du in deiner unbestimmten Wesenheit bist nichts. Hast keine Wirklichkeit, nicht einmal eine einzig dir eigene. Genaugenommen sehe ich dich nicht oder fühle dich auch nur. Du bist wie ein Gefühl, das sein eigenes Objekt ist, ganz seinem eigenen Inneren angehört. Bist immer die Landschaft, die ich fast hätte sehen können, der Saum des Gewandes, das ich beinahe nicht gesehen hätte, verloren in einem ewigen Jetzt jenseits der Wegbiegung. Dein Profil ist dein Nicht-Sein, und die Kontur deines unwirklichen Leibes löst die Kette der Vorstellung von Kontur in einzelne Perlen auf. Du bist schon vergangen, du bist schon gewesen, ich habe dich schon geliebt – dies empfinde ich, wenn ich deine Gegenwart fühle.

Du besetzt die Zeit zwischen meinen Gedanken und den Raum zwischen meinen Empfindungen. Daher denke ich dich nicht, noch fühle ich dich, doch sind meine Gedanken ogival vom Dich-Fühlen und meine Empfindungen gotisch vom Dich-Heraufbeschwören.

Mond verlorener Erinnerungen über der dunklen, in der Ruhe klaren Landschaft meiner sich selbst erkennenden Unzulänglichkeit. Mein Wesen fühlt dich vage wie einer deiner Gürtel. Ich beuge mich auf den nächtlichen Gewässern meiner Unruhe über dein weißes Gesicht, wissend, daß du Mond bist an meinem Himmel, um sie wachzurufen, oder Mond, wundersam unter Wasser, um sie, ich weiß nicht wie, vorzutäuschen.

Könnte nur jemand den Neuen Blick erschaffen, mit dem ich dich sehen könnte, die Neuen Gedanken und Gefühle, mit denen ich dich denken und fühlen könnte!

Will ich deinen Mantel berühren, ermüdet meine Sprache unter ihren ausgestreckten Händen, und eine hartnäckige, schmerzliche Müdigkeit gefriert in meinen Worten. Und so kreist ein Vogelflug um das, was ich von dir sagen möchte, scheint näher zu kommen, ohne je anzukommen, doch die Substanz meiner Sätze kann nicht die Substanz deiner hallenden Schritte nachahmen, das Vorübergehen deiner Blicke oder der traurig leeren Farbe, die deine unterlassenen Gesten beschreiben.

*

Und sollte ich mit einem fernen Wesen sprechen, und solltest du, heute eine Wolke des Möglichen, morgen als Regen des Wirklichen über der Erde niedergehen, dann vergiß nie: Deine Göttlichkeit erstand aus meinem Traum. Was immer im Leben du bist, sei dem Einsamen Traum, doch nie dem Liebenden Zuflucht. Erfülle deine Pflicht, und sei ganz Kelch. Folge deiner Berufung, und sei nutzlose Amphore. Keiner sage von dir, was der Fluß von seinen Ufern sagen kann: daß sie da sind, um ihn zu begrenzen. Lieber nicht dahinfließen im Leben, lieber den Traumfluß versiegen lassen.

Möge sich dein Genius im Überflüssigsein erschöpfen und dein Leben in der Kunst, es zu betrachten, die Betrachtete zu sein und die Niegleiche. Sei niemals mehr!

Heute bist du nur Profil, erschaffen aus diesem Buch, fleischgewordene Stunde, losgelöst von anderen Stunden. Wäre ich sicher, daß du all dies bist, ich gründete eine Religion auf dem Traum, dich zu lieben.

Du bist, was allem fehlt. Bist, was allem fehlt, damit wir es allzeit lieben können. Verlorener Schlüssel der Tempeltore, geheimer Weg zum Palast, ferne Insel, die der Nebel nie freigibt …

Der visuelle Liebhaber I