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Sieh nur, wie es allmählich dunkel wird! … Die positive Ruhe von allem erfüllt mich mit Zorn, schmeckt bitter beim Atemholen. Meine Seele schmerzt mich … Langsam steigt ein Rauchfaden auf und verfliegt in der Ferne … Banger Überdruß lenkt meine Gedanken ab von dir …

So überflüssig alles! Wir, die Welt und beider Geheimnis.

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Das Leben ist für uns das, was wir in ihm sehen. Für den Bauern, dem sein Feld alles bedeutet, ist dieses Feld ein Imperium. Für den Cäsar, dem sein Imperium nicht genügt, ist dieses Imperium ein Feld. Der Arme besitzt ein Imperium; der Große besitzt ein Feld. Tatsächlich besitzen wir einzig unsere eigenen Wahrnehmungen; auf sie und nicht auf das, was sie sehen, müssen wir demnach die Wirklichkeit unseres Lebens gründen.

Das sage ich in einer bestimmten Absicht.

Ich habe viel geträumt. Ich bin es müde, geträumt zu haben, doch nicht müde zu träumen. Des Träumens wird niemand müde, denn träumen heißt vergessen, und vergessen bedrückt nicht, es ist ein traumloser Schlaf, in dem wir wach sind. In Träumen habe ich alles erreicht. Ich bin auch aufgewacht, aber was macht das schon aus? Wie viele Cäsaren war ich nicht! Und die Ruhmreichen, welche Kleingeister! Cäsar, durch die Großmut eines Piraten vom Tod errettet, ließ diesen Piraten suchen, gefangennehmen und kreuzigen. Als Napoleon auf St. Helena sein Testament machte, setzte er einem Verbrecher, der versucht hatte, Wellington zu ermorden, ein Legat aus. O Größe, wie gleichst du der Seelengröße meiner schielenden Nachbarin! O große Männer der Köchin einer anderen Welt! Wie viele Cäsaren war ich und träume ich noch immer zu sein!

Wie viele Cäsaren war ich, wenngleich nie ein wirklicher! Wahrhaft kaiserlich war ich nur im Traum, weshalb ich auch nie etwas war. Meine Heere wurden geschlagen, aber die Niederlage war eine matte Sache, und niemand verlor dabei sein Leben. Ich habe keine Banner verloren. In meinen Träumen sehe ich nie ein Heer mit Bannern, eine Ecke verstellt mir immer die Sicht. Wie viele Cäsaren war ich nicht hier, in der Rua dos Douradores! Und die Cäsaren, die ich war, leben weiter in meiner Phantasie; aber die einstigen Cäsaren sind tot, und die Rua dos Douradores, das heißt die Wirklichkeit, kann sie nicht kennen.

Ich werfe die leere Streichholzschachtel in den Abgrund der Straße, über das Sims meines hohen balkonlosen Fensters. Ich erhebe mich von meinem Stuhl und lausche. Deutlich, als habe dies etwas zu bedeuten, hallt die Streichholzschachtel auf der Straße wider, und ich weiß, sie ist menschenleer. Kein anderes Geräusch ist vernehmbar, nur der Geräuschpegel der Stadt. Ja, einer ganz und gar sonntäglichen Stadt – so viele Geräusche, nicht einzeln auszumachen, und doch hat es mit allen seine Richtigkeit.

Auf wie wenig stützen sich in der Welt unsere besten Überlegungen! Daß ich zu spät zum Mittagessen gekommen bin, daß mir die Streichhölzer ausgegangen sind, daß ich die Schachtel eigenhändig und mißlaunig auf die Straße geworfen habe, da ich nicht zur gewohnten Zeit gegessen habe, daß der Sonntag die luftige Verheißung eines unschönen Sonnenuntergangs ist, daß ich auf dieser Welt ein Niemand bin, und dazu die ganze Metaphysik.

Doch wie viele Cäsaren war ich nicht!

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Ich kultiviere meinen Haß auf das Handeln wie eine Treibhauspflanze. Ich stimme nicht überein mit dem Leben und bin stolz darauf.

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Ohne ein Gran Dummheit läßt sich keine noch so glänzende Idee verbreiten. Das kollektive Denken ist dumm, da es kollektiv ist: Nichts kann die Schranken des Kollektiven passieren, ohne an der Grenze den größten Teil seiner Intelligenz als Wegzoll zurückzulassen.

In unserer Jugend sind wir ein Zweifaches: Unsere angeborene Intelligenz, die beachtlich sein kann, koexistiert mit der Dummheit unserer Unerfahrenheit, einer zweiten, geringeren Form der Intelligenz. Erst wenn wir älter sind, werden beide eins. Daher das stets unzulängliche Tun der Jugend – nicht ihre Unerfahrenheit ist der Grund, sondern ihr Nicht-eins-Sein.

Einem überlegen intelligenten Menschen bleibt heute nur noch der Weg des Verzichts.

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Ästhetik des Verzichts

Sich abfinden heißt sich unterwerfen, siegen heißt sich abfinden und somit besiegt werden. Deshalb ist jeder Sieg ein Unding. Die Sieger verlieren stets all jene Kräfte, die sie aus der Verzweiflung in den Kampf und zum Sieg führten. Der Sieg genügt ihnen, und genügsam kann nur sein, wer sich abfindet, wer nicht die Mentalität eines Siegers hat. Es siegt nur, wer nie gewinnt. Stark ist nur, wer stets den Mut verliert. Das Beste und Purpurnste ist der Verzicht. Das Reich aller Reiche ist das des Herrschers, der auf ein normales Leben verzichtet, auf andere Menschen, und auf dem das Bewahren der Herrschaft nicht lastet wie schwere Juwelen.

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Wenn ich noch benommen von den Büchern aufschaue, in die ich anderer Leute Rechnungen schreibe und das Fehlen eigenen Lebens, verspüre ich bisweilen ein starkes physisches Unwohlsein, das von meiner gebückten Haltung herrühren mag, aber über die Zahlen und meine Enttäuschung hinausweist. Das Leben ekelt mich wie ein nutzloses Medikament. Dann wiederum fühle ich, ja, kann mir genau vorstellen, wie leicht ich mich von diesem Ekel kurieren könnte, besäße ich nur die Kraft, es wirklich zu wollen.

Wir leben durch unser Handeln, das heißt durch unseren Willen. All jene von uns, die nicht wollen können – Genies oder Bettler –, verbrüdert das Unvermögen. Wozu mich als Genie ausgeben, wenn ich doch nur Hilfsbuchhalter bin? Als Cesário Verde[17]   seinem Arzt sagen ließ, er sei nicht Herr Verde, der kaufmännische Angestellte, sondern der Dichter Cesário Verde, bediente er sich Worten nutzlosen Stolzes, die, wie alle Worte dieser Art, penetrant nach Eitelkeit riechen. Der Ärmste, war und blieb doch immer Herr Verde, der kaufmännische Angestellte. Der Dichter wurde erst nach seinem eigenen Tod geboren, denn erst dann begann man ihn als Dichter zu schätzen.

Handeln, das ist wahre Klugkeit. Ich werde sein, was ich will. Doch muß ich auch wollen, was immer es sein mag. Der Erfolg liegt im Erfolghaben, nicht in der Möglichkeit zum Erfolg! Jedes größere Stück Land ist ein möglicher Standort für einen Palast, doch solange man ihn dort nicht errichtet, wird es ihn auch nicht geben!

Mein Stolz wurde von Blinden gesteinigt, meine Enttäuschung von Bettlern mit Füßen getreten.

»Ich will dich nur im Traum«, sagen der geliebten Frau in nie an sie geschickten Versen jene, die es nicht wagen, ihr nichts zu sagen. »Ich will dich nur im Traum« ist ein Vers aus einem alten Gedicht von mir. Ich nehme diese Erinnerung mit einem Lächeln ins Bewußtsein auf, und nicht einmal dieses Lächeln erläutere ich.

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Ich gehöre zu den Seelen, von denen die Frauen sagen, sie liebten sie, und die sie nie erkennen, wenn sie ihnen begegnen; zu den Seelen, die sie, selbst wenn sie sie erkennten, nicht erkennen würden. Ich leide an der Zartheit meiner Gefühle mit verächtlicher Aufmerksamkeit. Ich besitze all jene Eigenschaften, für die man romantische Dichter bewundert, ja selbst das Fehlen dieser Eigenschaften, das einen zum wahrhaft romantischen Dichter macht. In manchen Romanen finde ich mich (zum Teil) als Protagonist mehrerer Handlungen beschrieben; doch in meinem Leben wie in meiner Seele ist mir daran gelegen, nie Protagonist zu sein.