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All dies – diese menschlichen Enttäuschungen – zwingt uns zu hinterfragen, was es denn tatsächlich auf sich hat mit der Vorstellung, die man sich gemeinhin von der Inspiration macht. Es scheint, daß dieser zu einem Geschäftsmann bestimmte Körper und diese zu einem gebildeten Menschen bestimmte Seele, wenn sie allein sind, geheimnisvoll mit etwas Innerem ausgestattet werden, das ihnen äußerlich ist, und daß nicht sie sprechen, sondern es in ihnen spricht und ihnen eine Stimme sagt, was Lüge wäre, wenn sie es sagten.

Dies sind zufällige, unnütze Spekulationen. Es tut mir fast leid, sie angestellt zu haben. Sie mindern weder das Format dieses Mannes, noch steigern sie die Ausdruckskraft seines Körpers. Im Grunde aber ändert nichts etwas, und was wir sagen oder tun, streift nur die Gipfel der Berge, in deren Tälern die Dinge schlafen.

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Keiner versteht den anderen. Wir sind – wie der Dichter sagte – Inseln im Meer des Lebens; zwischen uns das Wasser, das uns bestimmt und trennt. Sosehr eine Seele sich auch bemühen mag, zu wissen, was eine andere Seele ist, sie wird nur wissen, was ihr das Wort vermittelt: einen undeutlichen Schatten auf dem Grund ihres Verstehens.

Ich liebe Äußerungen, denn nichts weiß ich von dem, was sie ausdrücken. Wie der Meister der Heiligen Marta begnüge ich mich mit dem, was man mir gibt. Ich sehe, und das ist viel. Wer vermag schon zu verstehen?

Vielleicht ist es diese Skepsis gegenüber unserem Verstehen, die mich einen Baum und ein Gesicht, ein Plakat und ein Lächeln auf ein und dieselbe Weise betrachten läßt. (Alles ist natürlich, alles ist künstlich, alles ist gleich.) Alles, was ich sehe, ist für mich das Nur-Sichtbare, sei es der tiefblaue, weißgrüne Himmel des anbrechenden Morgens, sei es die Grimasse, zu der sich das Gesicht von einem verzieht, der in Gegenwart anderer dem Tod eines geliebten Menschen beiwohnt.

Hampelmänner, Bilder, Buchseiten, wir betrachten sie und drehen sie um. Mein Herz hängt nicht an ihnen, und meine Aufmerksamkeit fast noch weniger, sie geht über sie hinweg wie eine Fliege über ein Blatt Papier.

Weiß ich denn, ob ich fühle, denke, existiere? Nichts weiß ich: Ich kenne nur ein objektives Schema von Farben, Formen und Äußerungen, deren schwankender Spiegel ich bin, zu verkaufen, nutzlos.

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Verglichen mit den einfachen, bodenständigen Menschen, die wie selbstverständlich durch die Straßen des Lebens gehen, geradlinig auf ein Ziel zu, legen diese Kaffeehausgestalten ein Gebaren an den Tag, das sich nur mit dem von Kobolden aus Träumen beschreiben und vergleichen läßt: Gestalten, die weder beängstigend noch quälend sind, doch wenn wir uns beim Erwachen an sie erinnern, einen unerklärlich widerlichen Nachgeschmack hinterlassen, ein Gefühl der Abscheu gegen etwas, das nicht unmittelbar, aber dennoch mit ihnen zu tun hat.

Ich sehe die wirklichen Genies und Sieger – die großen wie die kleinen – durch die Nacht der Dinge segeln, nicht wissend, was ihre stolzen Buge durchpflügen in dieser Sargassosee aus Verpackungsstroh und Korkresten.

Dort sammelt sich alles, wie auf dem Boden des Hofes, auf den mein Büro geht; durch die vergitterten Fenster des Lagerraums gleicht er einer Gefängniszelle für Unrat.

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Die Suche nach der Wahrheit – sei es die subjektive Wahrheit der Überzeugung, die objektive Wahrheit der Wirklichkeit oder die gesellschaftliche Wahrheit des Geldes und der Macht –, sie zeichnet den verdient Suchenden stets aus mit dem Preis der letzten Erkenntnis ihrer Nichtexistenz. Das große Los des Lebens fällt nur denen zu, die es auf gut Glück kaufen.

Der Wert der Kunst besteht darin, daß sie uns aus dem Hier holt.

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Jeder Verstoß gegen die Gesetze der Moral ist rechtmäßig, wenn er im Namen eines höheren moralischen Gesetzes geschieht. Stiehlt jemand aus Hunger ein Brot, ist dies unentschuldbar. Stiehlt aber ein Künstler zehntausend Escudos, um zwei Jahre ungestört leben zu können, ist dies entschuldbar, sofern sein Werk einen zivilisatorischen Zweck verfolgt; ist es aber ein rein ästhetisches Werk, gilt dieses Argument nicht.

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Wir können nicht lieben, mein Sohn. Die Liebe ist die fleischlichste aller Illusionen. Darum höre: Lieben heißt besitzen. Und was besitzt der Liebende? Einen Körper? Um ihn zu besitzen, müßten wir uns seine Substanz aneignen, ihn verschlingen, ihn uns einverleiben … Und wäre diese Unmöglichkeit möglich, wäre sie nicht von Dauer, denn unser Körper verändert sich und vergeht; ja, wir besitzen nicht einmal unseren eigenen Körper, einzig die Wahrnehmung, die wir von ihm haben, und besäßen wir den geliebten Körper, würde er unser, hörte auf, ein anderer zu sein, und daher verginge mit dem Vergehen des anderen auch die Liebe …

Besitzen wir die Seele? Höre und schweige: Nein, wir besitzen sie nicht. Nicht einmal unsere eigene Seele ist unser. Wie könnte man eine Seele auch besitzen? Zwischen zwei Seelen besteht eine tiefe Kluft: beide sind sie Seelen.

Was aber besitzen wir? Was? Was läßt uns lieben? Die Schönheit? Und besitzen wir sie, wenn wir lieben? Wenn wir einen Körper ganz und gar und besessen besitzen, was besitzen wir dann? Nicht den Körper, nicht seine Seele, ja, nicht einmal seine Schönheit. Wenn wir einen schönen Körper in Besitz nehmen, umfangen wir nicht seine Schönheit, wohl aber sein Fleisch, Zellgewebe und Fett; der Kuß berührt nicht die Schönheit des Mundes, wohl aber das feuchte Fleisch der Lippen, Schleim und Vergänglichkeit; der Koitus selbst ist ein schlichter Kontakt, ein Reiben, dicht an dicht, aber kein wirkliches Durchdringen, nicht einmal das eines Körpers durch einen anderen … Was also besitzen wir? Was?

Wenigstens unsere Gefühle? Ist wenigstens die Liebe ein Mittel, uns selbst zu besitzen in unseren Gefühlen? Ist wenigstens sie eine Möglichkeit, klarer und daher rühmlicher den Traum von unserer Existenz zu träumen? Zumindest aber bleibt uns, wenn das Gefühl erloschen ist, die unauslöschliche Erinnerung, und so besitzen wir wirklich …

Doch weit gefehlt! Nicht einmal unsere Gefühle besitzen wir. Nein, sage nichts! Die Erinnerung ist letzlich nur unser Gefühl für die Vergangenheit … Und jedes Gefühl ist eine Täuschung.

– Höre mich an, höre! Höre mich an, und schaue nicht aus dem Fenster hinüber auf das flache Ufer des Flusses, nicht in die Dämmerung […], nicht hin zum Pfeifen des Zuges, das durch die ferne Leere dringt […]. – Höre und schweige …

Wir besitzen unsere Gefühle nicht … Wir besitzen uns nicht in ihnen.

(Der Krug der Dämmerung gießt […] Öl aus über uns, in dem die Stunden wie Rosenblätter einzeln treiben.)

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Ich besitze meinen Körper nicht, wie also könnte ich mit ihm besitzen? Ich besitze meine Seele nicht – wie also könnte ich mit ihr besitzen? Ich verstehe meinen Geist nicht – wie also könnte ich mit ihm verstehen?

Wir besitzen weder einen Körper noch eine Wahrheit – nicht einmal eine Illusion. Wir sind gespenstische Lügen, schattenhafte Illusionen, und unser Leben ist hohl von außen wie von innen.

Kennt jemand die Grenzen seiner Seele, daß er sagen könnte: Ich bin ich?