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Conn bekreuzigte sich und senkte das Haupt, Chaya bedeckte das Gesicht mit den Händen und verbeugte sich, Bahram fiel auf die Knie – doch der Augenblick frömmiger Verehrung war schon im nächsten Moment vorüber. Das Stampfen von Schritten und metallisches Klirren erklangen – und ihre Verfolger stürzten aus allen drei Eingängen.

Es waren Ritter, Normannen und Provenzalen, und ihren Anführer erkannte Conn trotz der Kettenbrünne, die die untere Hälfte seines Gesichts bedeckte: Es war Eustace de Privas, Guillaume de Reins ergebener Mitverschwörer.

»Mörder!«, brüllte Eustace, hob den Speer, den er in seiner Rechten hielt, und schleuderte ihn auf Conn, der ohne Deckung stand.

Conn blieb keine Zeit zu reagieren.

Die Speerspitze raste auf ihn zu und wäre in seinen Brustkorb gefahren, hätte sich nicht jemand schreiend in die Bahn des tödlichen Geschosses geworfen.

Der entsetzte Schrei auf Chayas Lippen verstummte jäh, als sich der Speer in ihre Brust bohrte.

Die Wucht des Aufpralls riss sie nieder, und sie schlug hart auf dem Boden auf. Entsetzt starrte Conn auf den hölzernen Schaft, der aus ihrer zarten Gestalt ragte, auf das dunkle Blut, das ihre Robe tränkte. »Chaya!«

»Stirb, Mörder!«

Wütend darüber, dass sein Geschoss das eigentliche Ziel verfehlt hatte, riss Eustace de Privas sein Schwert heraus und drang damit auf Conn ein, dessen Kampferfahrung ihn sofort eine Verteidigungshaltung annehmen ließ. Eine ganze Meute von Angreifern fiel gleichzeitig über Bahram her, der nun seinerseits das Schwert gezückt hatte und sich seines Lebens erwehrte.

Einer der Angreifer beging den Fehler, die gekrümmte und wesentlich wendigere Klinge seines Gegners zu unterschätzen. Seine Schwerthand blieb herrenlos am Boden liegen, den Griff der Waffe noch umklammernd. Den blutigen Stumpf an sich pressend, flüchtete der Provenzale heulend zurück in den Stollen. Ein Kumpan, der sich davon ablenken ließ, bezahlte seine Unvorsicht mit dem Leben, als die Klinge des Armeniers durch seine Kehle fuhr.

Conn hatte ungleich mehr damit zu tun, sich seine Gegner vom Leib zu halten. Seine Fackel hatte er von sich geworfen, um sich auf das Führen des Schwertes konzentrieren zu können, doch nicht nur Eustace schlug mit wütenden Hieben auf ihn ein, sondern auch einer seiner Sektiererbrüder, der statt einer Klinge eine mit eisernen Spitzen versehene Keule führte. Nur mit Mühe konnte Conn ausweichen, als der unförmige Totschläger heranpfiff, und trug seinerseits eine Attacke vor, die jedoch wirkungslos abprallte. Wie einen verschreckten Hasen trieben seine Gegner ihn vor sich her, bis er mit dem Rücken gegen eine der Säulen stieß, die den steinernen Baldachin trugen.

Wieder schwang die Keule heran, Conn duckte sich. Die Waffe schlug nur wenige Handbreit über ihm in die Säule und riss kleine Gesteinsbrocken heraus, die auf ihn herabprasselten. Der Ritter – Helm und Rüstung nach ein italischer Normanne – lachte verächtlich und holte über dem Kopf zu einem weiteren Hieb aus. Dabei verlor er jedoch das Gleichgewicht und taumelte zurück. Eustace wollte in die Bresche springen und führte seine Klinge gegen Conns Hals, um ihm den Kopf vom Rumpf zu trennen, aber Conn stieß sein eigenes Schwert empor und parierte den wuchtigen Hieb. Gleichzeitig riss er das rechte Bein hoch und versetzte seinem anderen Gegner einen harten Tritt, sodass dieser endgültig die Balance verlor und vom Gewicht der Keule gezogen rückwärtstaumelte. Noch während er wieder Tritt zu fassen suchte, prallte er mit Wucht gegen die Höhlenwand und in die Stacheln seiner eigenen Waffe. Mit vor Schreck und Schmerz weit aufgerissenen Augen verharrte er und kippte nach vorn.

Eustace de Privas griff daraufhin erneut an, erbitterter noch als zuvor, obschon seine Augen, die zwischen Nasenschutz und Brünne hervorstarrten, seltsam ausdruckslos waren. Fast kam es Conn vor, als würde er gegen einen Toten fechten, so leidenschaftslos waren seine Bewegungen – und doch so präzise und kraftvoll, dass Conn alle Mühe aufbieten musste, um sie zu parieren.

Funken stoben, als die Klingen aufeinanderprallten, während Eleanors Scherge seinen Gegner quer durch die Kammer trieb und wieder zurück zu der Stelle, an der ihr Schlag­abtausch begonnen hatte. Conns Muskeln bebten, seine Kräfte ließen nach, während Eustace kaum außer Atem war. In einem plötzlichen Ausfall schwang er sein Schwert nach Conns Beinen.

Conn begegnete dem Hieb, indem er seine Klinge so tief hielt, dass die Spitze fast den Boden berührte. Darauf jedoch schien Eustace nur gewartet zu haben, denn indem er sich nach vorn warf und Conn anrempelte, brachte er diesen aus dem Gleichgewicht. Conn geriet ins Straucheln. Eine weitere Attacke, die seiner Leibesmitte galt, konnte er abwehren, doch war sie mit derartiger Wucht geführt, dass sich das Schwert seinem Griff entrang und klirrend zu Boden fiel. Gleichzeitig stolperte Conn über etwas und stürzte – er fand sich neben dem Leichnam des anderen Kämpfers wieder, dem seine eigene Waffe zum Verhängnis geworden war.

»Für Guillaume!«, stieß Eustace hervor, als er über Conn erschien und mit aller Kraft zuhieb. Die beidhändig geführte Klinge stieß herab, und nur indem er sich blitzschnell zur Seite drehte, gelang es Conn, ihr zu entgehen.

Mit einem grässlichen Geräusch schnitt der Stahl in den leblosen Körper des toten Sektierers, um sich mit einem ekelerregenden Schmatzen zu lösen, als Eustace die Waffe wieder in die Höhe riss. Er wollte ein zweites Mal zuschlagen, aber Conn war bereits wieder auf den Beinen – und schwang mit aller Macht die Keule des Gefallenen.

Der Angriff traf Eustace überraschend. Zwar riss er sein Schwert herab, aber die Wucht des Hiebes durchdrang seine schwache Deckung, und die Stacheln bohrten sich durch das Kettengeflecht seiner Rüstung und in seinen Unterleib.

Eleanors Scherge krümmte sich, als wollte er die mörderische Waffe umarmen. Conn stieß den Schaft von sich, worauf sein Gegner in den Staub niederfiel, der sich rings um ihn blutig färbte. Conn hatte sich bereits abgewandt und nach dem nächsten Gegner umgesehen, aber es gab niemanden mehr. Keuchend stand Bahram inmitten fünf lebloser Körper, die Klinge seines Schwertes in grelles Rot getaucht, das der Schein der am Boden liegenden Fackeln grässlich schimmern ließ.

Der Kampf war beendet.

Atemlos stürzte Conn zu Chaya. Den Speer hatte sie herausgezogen, worauf nur noch mehr Blut aus der Wunde in ihrer Brust gedrungen war und ihr Gewand getränkt hatte. Erinnerungen wurden wach, als Conn neben ihr niederfiel und ihr Haupt in seinen Schoß bettete. Erinnerungen an Ereignisse, die sich, so schien es, vor undenklich langer Zeit in London ereignet hatten und die ihm nun wieder gegenwärtig waren.

»Chaya«, flüsterte er entsetzt, »was hast du nur getan?«

Obschon der Schmerz entsetzlich sein musste, rang sie sich ein Lächeln ab. »Habe dich gerettet … endlich.«

»Du hast mein Leben oft gerettet«, widersprach er. Tränen traten ihm in die Augen. Er spürte, wie das Leben aus ihr wich, und konnte nichts dagegen tun. »Viel öfter, als du ahnst.«

»So wie du das meine.« Erneut wollte sie lächeln, aber ein stechender Schmerz ließ sie zusammenfahren und verzerrte ihre anmutigen Züge. »Conn …«, hauchte sie.

»Ja?«

»Unser Sohn … Du musst dich um ihn kümmern, hörst du?«

»Das werde ich«, versprach Conn. Ungehemmt rannen Tränen über seine Wangen. »Ich schwöre es dir.«

Ihre Züge entspannten sich daraufhin. »Sei nicht traurig, Geliebter. Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist vorbei, die Blumen zeigen sich im Lande …«

Conn schüttelte den Kopf. Er wollte nichts hören von Blumen und von Freude, wenn in seinem Herzen eisige Trauer herrschte. »Bitte geh nicht …«, flüsterte er mit brüchiger Stimme.

»Adonei segne und behüte dich, mein Geliebter«, sagte sie so leise, dass er sich dicht über sie beugen musste, um sie zu verstehen. »Er wende dir sein Angesicht zu und gebe dir Frieden …«