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Der andere rief etwas in seiner Sprache, die Conn nicht verstand. Es mochte ein Ausruf des Triumphs sein oder eine Beschimpfung, mit der er zum tödlichen Streich ausholte. Die Klinge des Türken flog heran, und Conn ließ sich reaktionsschnell nach hinten fallen, um ihr zu entgehen. Er landete zwischen leblosen, blutigen Körpern, denen nicht mehr anzusehen war, für welche Seite sie gefochten hatten. Der Krieger wollte hinterher, um seinem Gegner den Todesstoß zu versetzen – da schwang Conn das Schwert, dessen Griff er noch immer beidhändig umklammert hielt, nach seinen Beinen.

Der Seldschuke schrie entsetzlich, als der schartige Stahl knapp unterhalb des Knies in sein linkes Bein schnitt und bis auf den Knochen drang. Der Krieger brach ein und stürzte auf Conn, begrub ihn unter dem Gewicht seines schwer gepanzerten Oberkörpers.

Conn spürte den keuchenden Atem des Mannes, blickte in seine Augen, die weit aufgerissen waren vor Schmerz und Entsetzen. Der Türke brüllte und gebärdete sich wie von Sinnen, während unaufhörlich Blut aus der offenen Wunde pulsierte. Er war nicht mehr in der Lage, einen Schwertstreich zu führen, aber seine behandschuhte Linke fuhr wie das Maul einer giftigen Schlange an Conns Kehle, packte sie und drückte zu.

Verzweifelt rang Conn nach Atem.

Er versuchte, seinen Gegner von sich abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht. Alles, was er sah, waren die Augen seines Feindes, die unheilvoll über ihm schwebten, nun nicht mehr überheblich wie zuvor, sondern vor Zorn und Blutdurst lodernd. Conn versuchte, sein Schwert zu heben, aber der Schild seines Gegners lag darauf, den der Türke mit seinem Körpergewicht niederdrückte. Immerhin gelang es Conn, die rechte Hand freizubekommen, die vom Sturz verstaucht, aber nicht gebrochen war, und schlug auf seinen Gegner ein. Die Hiebe prallten von den Metallplatten der Rüstung ab, und schon nach kurzer Zeit waren Conns Knöchel blutig. Seine Schläge ermatteten, während seine Lungen gleichzeitig wie Feuer zu brennen begannen. Noch immer sah er die glühenden Augen seines Gegners über sich, deren starrer Blick sich geradewegs in sein Bewusstsein bohrte. Verzweifelt schnappte Conn nach Luft, aber der Seldschuke drückte weiter zu, unbarmherzig und mit stählernem Griff.

Der von allen Seiten dringende Kampflärm trat in den Hintergrund, und Conn hatte das Gefühl, allein auf dem Schlachtfeld zu sein. Nur sein schwer verwundeter Widersacher war geblieben, der ihn mit in den Abgrund reißen wollte.

Noch einmal unternahm Conn einen Befreiungsversuch, wollte sich aufbäumen, aber er war bereits zu schwach dazu. Schlaff fiel sein rechter Arm herab – als seine Hand plötzlich etwas ertastete.

Es war der Griff eines kurzen, gekrümmten Dolchs, den der Seldschuke am Gürtel trug.

Den Edelsteinen nach, mit denen er besetzt war, handelte es sich um eine Prunkwaffe, ein Erbstück womöglich, das der fremde Kämpfer von seinem Vater erhalten hatte oder von seinem König – und das nun zu seinem Verderben wurde. In einem letzten, verzweifelten Entschluss umfasste Conn den Dolch, riss ihn aus der Scheide und trieb ihn zwischen den metallenen Platten hindurch ins Fleisch seines Gegners.

Sofort ließ der Seldschuke von ihm ab, tastete nach der Waffe, die in seinem Rücken steckte. Conn hustete und keuchte, war dankbar für die Luft, die in seine Lungen strömte. Mit einer Drehung zur Seite entwand er sich seinem zu Tode verwundeten Feind, stieß ihn zurück und kam schwankend wieder auf die Beine. Benommen packte Conn eine Lanze, die im Körper eines toten Kreuzfahrers steckte, und riss sie heraus, fuhr herum, um sich dem nächsten Angreifer zu stellen. Doch zu seiner Verblüffung war niemand mehr in seiner unmittelbaren Umgebung.

Das Kampfgeschehen hatte sich ein Stück nach Norden verlagert, wo das Gemetzel zwischen den Ausläufern der Hügel weiterging. Nur blutgetränkter Boden war geblieben, der mit den Leichen unzähliger Gefallener übersät war, Christen wie Muselmanen. Vom Kampfesfieber erfasst, das wild durch seine Adern wallte, wollte Conn zu seinen Kameraden eilen – als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.

Am Fuß eines Hügels, unterhalb eines Abbruchs von rotem Gestein, lag ein totes Schlachtross, das mit Pfeilen gespickt war. Sein Reiter jedoch, ein normannischer Kreuzfahrer, war noch am Leben.

Der Ritter saß noch im Sattel des Pferdes, sodass sein rechtes Bein darunter begraben war. Seinen Helm hatte er verloren, kupferfarbenes Haar quoll unter der Kapuze aus Kettengeflecht hervor, die sein fleischiges Gesicht umrahmte. Vergeblich versuchte er, sich aufzurichten. Das Gewicht seines toten Tieres hielt ihn unnachgiebig am Boden, während vor ihm ein türkischer Reiter den Hang herabsprengte, der schweren Panzerung nach ein ghulam, wie die besten Krieger des Sultans sich nannten.

Der Normanne sah den Feind näher kommen und versuchte noch verzweifelter, sich zu befreien, doch es gelang ihm auch diesmal nicht. Conn jedoch handelte.

Die gesenkte Lanze in den blutigen Händen, eilte er von der einen Seite auf den Ritter zu, während der Seldschuke von der anderen Seite heranjagte. Conn erreichte den Normannen zuerst, aber die Zeit reichte nicht aus, um ihn zu befreien. Kurzerhand ließ sich Conn auf die Knie fallen und richtete die Lanze auf, nur einen Lidschlag ehe der Seldschuke heran war.

Der ghulam war so überrascht von der plötzlichen Gegenwehr, dass er sein Pferd weder zügeln noch der Waffe ausweichen konnte. Die Lanzenspitze durchstieß die Brust des Tieres und drang in sein Herz. Wiehernd brach das Pferd in den Vorderläufen ein und kam zu Fall. Sein Reiter wurde kopfüber aus dem Sattel geschleudert, schlug hart gegen den Felsen und brach sich das Genick. Reglos blieb er liegen.

Conn, am ganzen Körper bebend und gleichermaßen entsetzt wie erleichtert, wandte sich dem Normannen zu.

»Seid Ihr verletzt, Herr?«

»Glücklicherweise nicht, und das verdanke ich wohl dir«, stieß der Ritter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die geröteten Züge mit der krummen Nase und den buschigen Brauen kamen Conn entfernt bekannt vor. Sicher hatte er den Mann bereits einmal gesehen, womöglich im Winterlager. »Aber dieser verdammte Gaul liegt auf mir, ich kann mich nicht bewegen.«

Conn kam ihm zu Hilfe. Obwohl beide erschöpft waren und dem Zusammenbruch nahe, gelang es ihnen, den Kadaver so weit anzuheben, dass der Normanne sein Bein darunter hervorziehen konnte. Schwerfällig richtete sich der Ritter auf, wobei Conn ihn stützen musste, damit er nicht gleich wieder niederging.

»Wird es gehen, Herr?«, fragte Conn.

»Du hast mir das Leben gerettet«, sagte der Normanne, der außer einigen Schrammen und Blessuren keine Verletzungen davongetragen zu haben schien. »Dieser Sarazene hätte mich getötet, wenn du nicht gewesen wärst.«

»Ich habe nur getan, was jeder getan hätte«, wehrte Conn ab, während er sich bückte, um ein herrenloses Schwert an sich zu nehmen. Die Schlacht hatte sich weiter nach Norden verlagert, und allem Anschein nach hatte das Geschehen eine Wendung genommen. Die Türken befanden sich auf dem Rückzug, die Kreuzfahrer setzten ihnen erbittert nach.

»Du hast weit mehr als das getan, Bursche«, war der Normanne überzeugt, streifte seinen linken Handschuh ab und zog einen goldenen, mit kunstvollen Ziselierungen versehenen Ring vom Finger. »Nimm dies als Zeichen meines Dankes.«

»Aber Herr, ich …«, wollte Conn verblüfft erwidern, als ihm der andere das Kleinod auch schon in die blutige Hand drückte.

»Nimm es. Es ist nur ein kleiner Teil dessen, was ich dir schulde.«

»Danke, Herr«, erwiderte Conn – dann wandte er sich ab, um sich wieder in den Kampf zu stürzen.

»Wie ist dein Name?«, rief der Normanne ihm hinterher.

»Conwulf«, rief Conn zurück.

Und die Schlacht ging weiter.

7.