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»Nicht um Eures Glaubens willen, oder?«

»Kaum.« Conn hob den Blick. Seine Züge waren hart geworden, seine Kieferknochen mahlten. »Nias Mörder ist ebenfalls in diesem Heer, Chaya. Und er wird büßen für das, was er getan hat, das habe ich geschworen.«

»Ihr wollt Rache? Das ist der Grund Eures Hierseins?«

Conn nickte schweigend.

»Aber hat Jesus Euch nicht gelehrt, Euren Feinden zu vergeben?«

»Das hat er. Aber auch Ihr habt schon bemerkt, dass die Menschen oft nicht das sind, was sie sein wollen. Das gilt für Christen wie für Juden.«

»Das ist wahr.« Nachdenklich schaute sie hinaus auf das Meer, das in Dunkelheit versank. Der feurige Himmel war verblasst, nur noch hier und dort kündete ein Funkeln auf dem Wasser von der vergangenen Pracht. Wellen brandeten mit ruhiger Gleichmäßigkeit an den Strand, weiße Schaumkronen tragend, die im Mondschein leuchteten. Sterne traten glitzernd hervor, ihnen gehörte die Nacht.

»Also hatte Baldric recht«, folgerte Chaya schließlich. »Auch Ihr sehnt Euch danach, Euren Frieden zu finden.«

Conn betrachtete sie von der Seite.

Ihre kleine Nase und die weich geformten Wangen.

Die sanfte Stirn und den Ansatz ihres glänzenden Haars.

Ihre dunkle, vom Mondlicht beschienene Haut.

Und wie schon vor wenigen Tagen konnte er nicht anders, als sie zu berühren.

Langsam hob er die Hand und legte sie an das Tuch, das ihr Haupt wie eine Kapuze bedeckte, streifte es vorsichtig ab und entblößte ihr glattes schwarzes Haar, das nachgewachsen war und ihr Gesicht vollendet umrahmte. Sie ließ ihn gewähren, und als sie sich ihm diesmal zuwandte, sah er kein Entsetzen in ihren dunklen Augen, sondern nur Zuneigung.

Obschon sie Seite an Seite auf dem Felsen saßen, kam es Conn vor, als wären sie unendlich weit voneinander entfernt. Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, während sich ihre Lippen aufeinander zubewegten, gehemmt von dem, was zwischen ihnen stand, ihrer Religion, ihrer Herkunft und den Eiden, die sie geleistet hatten. Doch die Zuneigung war stärker.

Ihre Münder begegneten sich, nur zaghaft zunächst, so als fürchtete jeder, den anderen zu verletzen. Gehauchte Küsse waren es, sanfte Berührungen, die Conn dennoch den Atem raubten. Er schmeckte Chayas weiche Lippen, spürte ihre Wärme, roch den Duft ihres Haars, und zu der Zuneigung, die er empfand, gesellte sich Verlangen.

Als er merkte, dass Chaya sich diesmal nicht zurückzog, ja, dass sie seine Liebkosungen erwiderte, wurden seine Küsse inniger. Seine rechte Hand wanderte an ihrem zarten Rücken empor und legte sich um sie, seine Linke strich zärtlich über ihren Hals und ihren Nacken. Ein Schauer durchrieselte ihn dabei, gepaart mit dem Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, aber er scherte sich nicht darum. Ihre Zungen berührten sich, und ihr Begehren steigerte sich in Leidenschaft. Nicht länger hielt es sie auf dem Felsen, in enger Umarmung glitten sie daran herab und fanden sich im feinen Sand wieder, umgeben vom sanften Rauschen des Meeres.

Es schien nicht wirklich zu geschehen, sondern wie in jenem Traum, den Conn seit ihrer ersten Begegnung immer wieder gehabt hatte. Er sah ihr Gesicht über sich, umgeben vom Leuchten der Sterne, und er sah atemlos zu, wie sie aus ihrer Robe schlüpfte, unter der sie nichts als ein dünnes Hemd aus Baumwolle trug, durch das sich die Knospen ihrer Brüste abzeichneten. Ein Lächeln huschte über ihr engelsgleiches Antlitz, nicht mehr zaghaft und schüchtern, sondern voller Entschlossenheit. Im nächsten Moment wanderten ihre schlanken Hände bereits unter seine Kleider und halfen ihm, seine Männlichkeit zu befreien.

Es ging so schnell, dass Conn kaum wusste, wie ihm geschah. Rasch hob Chaya ihr Hemd und ließ sich auf ihn herab, und er glitt in sie. Von der Wucht des Augenblicks bezwungen, fand seine Begierde jähe Erfüllung. Überwältigt von Leidenschaft, zog er sie an sich heran und küsste sie lange, während sie sich am Boden wälzten, noch immer eins. Als sie wieder voneinander abließen und sie auf dem Rücken liegen blieb, konnte er sich nicht sattsehen an ihrem auf wirrem Haar gebetteten Gesicht und ihren dunklen Augen.

Er holte Atem, um ihr seine Liebe zu gestehen, aber ehe er auch nur ein Wort sagen konnte, legte sie ihre Fingerspitzen auf seinen Mund und versiegelte seine Lippen.

»Nicht«, hauchte sie nur.

»Aber ich …«

»Schhhh. Du würdest es nur zerstören.«

Conn ahnte, dass sie recht hatte, auch wenn es ihm nicht gefiel. Er schaute sie an, weidete sich an ihrer ruhigen Schönheit. Dann erhob er sich und fasste sie an der Hand.

»Was ist?«, wollte sie wissen.

»Komm mit«, sagte er und zog sie zum Wasser.

Chaya kicherte, eine Ausgelassenheit, die er nie zuvor an ihr festgestellt hatte, und sie half ihm dabei, sich auf dem Weg seines Kaftans und seiner Stiefel zu entledigen. Endlich erreichten sie die Brandung, die rauschend gegen das Ufer rollte, und ohne Zögern setzten sie in das von der Hitze des Tages noch immer warme Wasser. Eine Woge rollte über sie hinweg, und als sie wieder daraus auftauchten, waren nicht nur ihre Haare durchnässt, sondern auch die wenigen Kleider, die sie noch am Leibe trugen. Der dünne Stoff von Chayas Hemd war durchsichtig geworden, und das Mondlicht enthüllte alles, was darunter lag, ihre festen Brüste und ihre Weiblichkeit.

Sie betrachteten einander, dann umarmten sie sich und sanken im seichten Wasser nieder, das sie schäumend umbrandete. Als Conn diesmal in sie eindrang, liebten sie sich im Gleichklang der Wellen lange und innig.

Berengar hatte gewartet.

Er hatte sie nebeneinander sitzen sehen, dort auf dem Felsen, und sich innerlich beglückwünscht. Die alte Weisheit, dass eine in aller Deutlichkeit ausgesprochene Warnung das beste Mittel war, um jemanden das genaue Gegenteil tun zu lassen, hatte sich einmal mehr bewahrheitet. Der Mönch hatte beobachtet, wie ihre Lippen miteinander verschmolzen und ihre Leiber hinter dem Felsen verschwunden waren. Dennoch war er geblieben. Nicht, weil er einen Blick auf Dinge zu erhaschen hoffte, die ihm als Ordensmann verwehrt waren, sondern weil er etwas zu erledigen hatte.

Berengar hatte ausgeharrt, lauernd wie ein Aasfresser, der seine Beute umkreiste, und genau wie dieser hatte er auf eine Situation gehofft, die es ihm ermöglichen würde, auf ungefährliche Weise an seine Beute zu kommen.

Begonnen hatte es an jenem Tag, da sie in der Ebene von Tarsus auf die syrische Karawane getroffen waren.

Der Blick, den der Mönch auf jenen geheimnisvollen Gegenstand erhascht hatte, war nur kurz gewesen. Aber was er zu sehen glaubte, hatte ihn derart in Erstaunen versetzt, dass er seinen flüchtigen Eindruck unbedingt überprüfen wollte. Nur aus diesem Grund war er dafür gewesen, die Jüdin nach Antiochia zu begleiten, und nur aus diesem Grund hatte er sich der Gruppe so bereitwillig angeschlossen.

Anfangs hatte Berengar geglaubt, alle Zeit der Welt zu haben. Der Weg nach Antiochia, so hatte er sich eingeredet, war weit, und die Gelegenheit, auf die er wartete, würde sich früher oder später ergeben. Doch das war nicht der Fall gewesen, und mit jedem Tag, der ungenutzt verstrich, wuchs der Druck, der auf dem Mönch lastete.

Was, wenn ihre Wege sich trennten, ohne dass er einen Blick auf das Kleinod geworfen und eine Möglichkeit erhalten hatte, das Geheimnis zu ergründen?

Berengars anfängliche Gelassenheit hatte sich in Unruhe verkehrt, die sich in den letzten Tagen in schiere Verzweiflung gesteigert hatte, namentlich nach dem Gespräch, das er belauscht hatte – nicht so absichtlich, dass es eine Sünde gewesen wäre, aber auch nicht so zufällig, wie er vorgegeben hatte.

Die Jüdin hatte gesagt, dass sie ihrem Vater ein Versprechen gegeben und einen Auftrag zu erfüllen hatte. Gesetzt den Fall, seine Augen hatten ihn an jenem Tag nicht getäuscht, so hätte Berengar seine unsterbliche Seele darauf verwettet, dass dieser Auftrag mit dem geheimnisvollen Gegenstand zusammenhing, den sie Tag und Nacht bei sich trug.