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Noch einmal warfen sie einen Blick auf das Ufer stromauf-und stromabwärts, und da alles in der Umgebung des Sumpfes ruhig zu sein schien, machten sich beide auf den Weg.

Sie hatten kaum hundert Schritte zu thun gehabt, als sie schon auf eine Anhäufung schwimmfähiger Holzstücke trafen.

Eine größere Schwierigkeit lag freilich in deren Beförderung bis zum Wasserrande. Erwiesen sie sich für die Kräfte zweier Personen zu schwer, so sollte das erst nach der Rückkehr der Jäger versucht werden.

Inzwischen ließ alles vermuthen, daß Max Huber auf der Jagd Glück habe. Eben krachte ein Schuß und bei der Treffsicherheit des Franzosen war anzunehmen, daß das kein verlorener wäre. Bei ausreichender Munition ließ sich mit Bestimmtheit erwarten, daß die Ernährung der kleinen Gesellschaft für die dreihundert Kilometer bis zum Ubanghi und auch noch darüber hinaus gesichert sein werde.

Khamis und John Cort waren noch mit der Auswahl der geeignetsten Hölzer beschäftigt, da vernahmen sie aus der von Max Huber eingeschlagenen Richtung her laute Rufe.

»Das war Maxens Stimme, sagte John Cort.

– Jawohl, antwortete Khamis, und daneben auch die Llangas.«

Wirklich mischten sich ein schärferer Laut und eine tiefere Männerstimme.

»Sollten sie in Gefahr sein?« fragte John Cort.

Beide schritten über das Sumpfland zurück und erreichten die mäßige Anhöhe, unter der die Grotte lag. Als sie von hier aus auf den Fluß hinunter blickten, sahen sie Max Huber und den kleinen Eingebornen am rechten Ufer stehen. Menschen oder Thiere zeigten sich nirgends. Aus dem Winken der beiden, die keinerlei Unruhe verriethen, konnten sie nur entnehmen, daß sie zu ihnen hinkommen sollten.

Khamis und John Cort stiegen sofort hinunter und eilten drei-bis vierhundert Meter am Ufer hin, wo sie bereits die anderen trafen.

»Ihr könnt Euch vielleicht die Mühe ersparen, ein Floß zu bauen, rief ihnen Max Huber entgegen.

– Und warum? fragte der Foreloper.

– Weil hier schon eines fix und fertig liegt. Es ist freilich nicht im besten Zustand, die einzelnen Stücke davon sind aber noch recht gut erhalten.«

Max Huber wies dabei in einer Einbuchtung des Ufers auf eine Art Plattform hin, eine Vereinigung von Pfählen und Planken, zusammengehalten durch ein halbverfaultes Tau, dessen freies Ende an einem Pfahle auf dem Lande befestigt war.

»Ah… ein Floß! rief John Cort erfreut.

– Ja, wahrhaftig… ein Floß!« bestätigte Khamis.

Ueber die Bestimmung dieser Pfähle und Planken konnte in der That kein Zweifel herrschen.

»So sind also doch schon Eingeborne auf dem Flusse bis an diese Stelle gekommen? bemerkte Khamis.

– Eingeborne oder Forschungsreisende, antwortete John Cort.

Und doch, wenn dieser Theil des Waldes schon besucht worden wäre, hätte man am Congo oder in Kamerun davon doch etwas wissen müssen.

– Im Grunde kann uns das ja gleichgiltig sein, ließ sich Max Huber vernehmen, die Hauptsache bleibt doch, ob wir uns dieses Flosses bedienen können.

– O, gewiß!«

Der Foreloper ließ sich schon nach der Wasserfläche der Einbuchtung hinabgleiten, als ein Ausruf Llangas ihn zurückhielt.

Der Knabe, der etwa fünfzig Schritt am Flusse hinunter gelaufen war, kam eben zurück und schwenkte einen Gegenstand, den er in der Hand hielt.

Eine Minute darauf übergab er ihn John Cort.

Es war ein von Rost zerfressenes, eisernes Vorlegeschloß, dessen Schlüssel fehlte, und das überhaupt nicht mehr brauchbar erschien.

»Entschieden handelt es sich hier, begann Max Huber, nicht um congolesische oder andere Nomaden, denen die Erzeugnisse der jetzigen Schlosserei ja noch unbekannt sind.

Dieses Floß haben Weiße bis an die Flußbiegung geführt.

– Weiße, die nie wieder hierher zurückgekehrt sind,« setzte Jahn Cort hinzu.

Aus dem Funde ließen sich nun ganz zuverlässige Schlüsse ziehen. Der oxydierte Zustand des Vorlegeschlosses und der theilweise Zerfall des Flosses bewiesen, daß mehrere Jahre vergangen sein mußten, seit das erste verloren und das zweite am Rande der Einbuchtung verlassen worden war.

Aus dieser Thatsache ergaben sich aber folgerichtig zwei weitere Schlüsse. Als John Cort sich darüber aussprach, stimmten Khamis und Max Huber ihm ohne Zögern bei. Seine Folgerungen aber lauteten:

1. Forscher oder andere Reisende, keine Eingebornen, hatten diese Lichtung bereits betreten, nachdem sie ober- oder unterhalb der Grenze des großen Waldes sich auf dem Flosse eingeschifft hatten.

2. Die Betreffenden hatten aus dem einen oder anderen Grunde ihr Floß verlassen, um den Waldestheil am rechten Flußufer zu besichtigen.

Auf jeden Fall war keiner von ihnen wieder hier erschienen.

Doch weder John Cort noch Max Huber erinnerte sich, daß seit ihrem Aufenthalte im Congogebiete jemals von einer Forschungsreise dieser Art die Rede gewesen wäre.

War das nun auch nichts Außerordentliches, so war es wenigstens etwas Unerwartetes, und Max Huber mußte auf die Ehre verzichten, der erste Besucher des mit Unrecht als undurchdringlich angesehenen Waldes gewesen zu sein.

Ohne Beachtung dieser Prioritätsfrage untersuchte Khamis sorgfältig die Pfähle und Planken des Flosses. Die ersten zeigten sich noch in gutem Zustande, die anderen hatten mehr von der Unbill der Witterung gelitten und zwei oder drei davon mußten womöglich durch frische ersetzt werden. Jedenfalls erwies es sich aber unnöthig, ein völlig neues Floß herzustellen. Einige Ausbesserungen des vorliegenden mußten schon genügen. Ebenso befriedigt wie überrascht, besaßen der Foreloper und seine Gefährten jetzt das schwimmende Fahrzeug, das ihnen erlauben sollte, die Ausmündung des Rio zu erreichen.

Während Khamis sich in der erwähnten Weise beschäftigte, tauschten die beiden Freunde ihre Gedanken über den Vorfall aus.

»Es unterliegt keinem Zweifel, wiederholte John Cort, daß bereits Weiße den Oberlauf des Rio untersucht haben… Weiße auf jeden Fall. Das aus rohem Holz erbaute Floß mag ja ein Werk von Eingebornen sein, doch das Vorlegeschloß…

– Das Aufklärung gebende Vorlegeschloß… ohne die anderen Gegenstände zu zählen, die wir viellleicht noch finden… fiel Max Huber ihm in’s Wort.

– Noch weitere… Max?

– Ei, John, es ist doch möglich, daß wir noch Spuren eines Lagers entdecken, wovon hier allerdings nichts zu sehen ist, denn die Grotte dürfen wir nicht für den Platz eines solchen halten. Sie kann nicht als Ruheplatz gedient haben, und ich bin überzeugt, daß wir als die ersten darin Zuflucht gesucht haben.

– Das liegt auf der Hand, Max. Laß uns bis an die eigentliche Flußbiegung gehen.

– Das erscheint um so mehr geboten, John, als dort die Lichtung aufhört, und es sollte mich gar nicht wundern, daß etwas weiter hin…

– Khamis?« rief da John Cort.

Der Foreloper trat an die beiden Freunde heran.

»Nun, wie steht’s mit dem Flosse? fragte John Cort.

– Das wird sich ohne große Mühe ausbessern lassen. Ich werde das dazu nöthige Holz schon herbeischaffen.

– Ehe wir an diese Arbeit gehen, schlug Max Huber vor, wollen wir doch einmal das Ufer noch eine Strecke weit verfolgen. Wer weiß, ob wir dabei nicht Geräthe finden, die uns durch eine Fabrikmarke über ihren Ursprung aufklären.

Diese könnten unsere recht nothdürftige Küchenausrüstung wohl in wünschenswerther Weise vervollständigen… Eine Feldflasche und nicht einmal ein Kochtopf und eine Tasse…

– Oho, Freund Max, Du erwartest doch nicht etwa, ein Speisezimmer und einen Tisch aufzustöbern, der schon für Vorüberkommende gedeckt wäre?

– Ich erwarte gar nichts, John, wir stehen aber hier vor unaufgeklärten Thatsachen. Versuchen wir wenigstens, eine annehmbare Erklärung zu finden.

– Zugegeben. Max. Es steht doch dem nichts entgegen, Khamis, daß wir noch einen Kilometer weiter hinuntergehen?