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Da ertönte plötzlich ein Schrei, ein eigenthümlicher Schrei oder vielmehr ein verzweifelter Ruf, als ob ein menschliches Wesen Hilfe und Beistand verlangte. Als der Stamm dann vor der Ausbuchtung vorbeitrieb, stürzte sich dieses Wesen in den Fluß, offenbar in der Absicht, nach dem Ufer zu schwimmen.

Llanga glaubte ein Kind zu erkennen, das noch kleiner war, als er selbst. Das Kind mußte sich wohl auf dem Baume befunden haben, als dieser gerade umstürzte. Es schien des Schwimmens nur sehr wenig mächtig zu sein, so daß es das Ufer voraussichtlich nicht erreichen konnte; offenbar versagten ihm auch schon die Kräfte. Es paddelte im Wasser, verschwand jetzt und tauchte dann wieder auf, und von Zeit zu Zeit kam ein auffallendes Glucksen über seine Lippen.

Seinem reinen Mitgefühle folgend und ohne erst noch andere herbeizurufen, stürzte sich Llanga in den Rio und erreichte schwimmend die Stelle, wo das Kind eben wieder versunken war.

John Cort und Max Huber, die dessen erste Rufe auch schon gehört hatten, kamen nach dem Rande der Ausbuchtung geeilt.

Da sie Llanga einen Körper an der Wasseroberfläche halten sahen, streckten sie ihm die Hände entgegen, um that das Ersteigen des Ufers zu erleichtern.

»Heda, Llanga, rief Max Huber, was hast Du denn da aufgefischt?

– Ein Kind, lieber Herr Max, ein Kind, das dem Ertrinken nahe war.

– Ein Kind? wiederholte kopfschüttelnd John Cort.

– Ja, lieber Herr John.«

Llanga kniete neben dem kleinen Wesen, das er gerettet hatte, nieder.

Max Huber bückte sich neben ihm, um es genauer sehen zu können.

»Oho, sagte er sich erhebend, das ist ja gar kein Kind!

– Was denn? fragte John Cort.

– Weiter nichts als ein kleiner Affe… ein Abkömmling der greulichen Grimassenschneider, die uns belästigt haben!…

Und um den aus dem Wasser zu ziehen, hast Du, Llanga, Dich der Gefahr ausgesetzt, selbst zu ertrinken!

– Nein, es ist ein Kind… es ist doch ein Kind! wiederholte Llanga.

– Es ist nicht wahr, und ich fordere Dich auf, den Burschen wieder zu seiner Familie im Walde laufen zu lassen.«

Ob er nun an die Behauptung seines Freundes Max nicht glaubte oder sonst welche Gründe für eine andere Anschauung hatte, jedenfalls blieb Llanga dabei, ein Kind in dem kleinen Geschöpf zu sehen, das ihm seine Rettung verdankte, wenn es auch noch nicht wieder zum Bewußtsein gekommen war. Er dachte also gar nicht daran, sich von ihm zu trennen, sondern hob es sorgsam vom Boden auf. Im ganzen schien es das beste, ihn, wenigstens vorläufig, gewähren zu lassen. Als er es nach dem Lagerplatze gebracht hatte, überzeugte sich Llanga, daß es noch athmete; dann rieb er das seltsame Wesen ab, suchte es zu erwärmen und legte es endlich, in Erwartung, daß es die Augen schon noch aufschlagen werde, auf eine Schicht von dürrem Grase nieder.

Die Bewachung während der Nacht wurde in gewohnter Weise geregelt, und die beiden Freunde schliefen bald ein, da Khamis bis Mitternacht wach bleiben sollte.

Llanga dagegen konnte kein Auge zuthun. Er lauschte gespannt auf die leiseste Bewegung seines neben ihm liegenden Schützlings, hielt ihn an den Händen und beobachtete seine Athmung. Wie groß aber war seine Ueberraschung, als er gegen elf Uhr eine schwache Stimme vernahm… er erlauschte das Wort: »Ngora… Ngora!« Es klang, als ob ein Kind nach seiner Mutter riefe.

Elftes Capitel.

Am 19. März

An der jetzt erreichten Stelle war der, halb zu Fuß, halb auf dem Flosse zurückgelegte Weg etwa auf eine Strecke von zweihundert Kilometern zu schätzen Bedurfte es noch ebenso vieler Mühsal, den Ubanghi zu erreichen? Der Ansicht des Forelopers nach nicht. Die zweite Hälfte der Reise sollte schneller überwunden werden, wenn nur kein Hinderniß die Fahrt auf dem Flusse unterbrach.

Mit Tagesanbruch ging es wieder weiter; der neue Ankömmling, von dem sich Llanga nicht hatte trennen wollen, wurde mitgenommen. Der Knabe hatte ihn unter das Blätterdach getragen und wollte bei ihm bleiben, um ihn die Augen öffnen zu sehen.

Max Huber und John Cort zweifelten auch jetzt noch nicht daran, es mit einem Zugehörigen der Vierhänderfamilien, der Schimpansen, Gorillas, Mandrillassen, der Paviane und anderer zu thun zu haben. Sie hatten gar nicht daran gedacht, ihn näher zu besichtigen oder ihm sonst eine größere Aufmerksamkeit zu widmen. Das Geschöpfchen interessierte sie nicht weiter.

Llanga hatte den Burschen gerettet und wünschte ihn zu behalten, wie man einen aus Mitleid aufgenommenen Hund behält… er sollte seinen Willen haben. Daß er ihn zu seinem Gefährten machte, zeugte ja für sein gutes Herz. Kurz, da die beiden Freunde den jungen Eingebornen adoptiert hatten, mußte auch diesem gestattet sein, einen kleinen Affen zu adoptieren. Fand dieser Gelegenheit, in den Wald zu entwischen, so würde er seinen Retter schon verlassen.

verlassen mit der Undankbarkeit, worauf die Menschen ja nicht das alleinige Monopol haben.

Freilich, hätte Llanga gegen John Cort und Max Huber oder auch nur gegen Khamis geäußert: Er kann sprechen dieser Affe!… Er hat schon drei- oder viermal das Wort »Ngora«

wiederholt, so wäre vielleicht deren Aufmerksamkeit, wenigstens deren Neugier erregt worden. Vielleicht hätten sie ihn sorgsamer betrachtet… das kleine Thier! Vielleicht hätten sie in ihm den Vertreter einer noch unbekannten Rasse, der der sprechenden Affen entdeckt!

Llanga schwieg aber noch, da er sich getäuscht, falsch gehört zu haben fürchtete. Er nahm sich nur noch ernster vor, seinen Schützling zu beobachten, und wenn ihm dann das Wort

»Ngora« oder ein anderes über die Lippen käme, wollte er seinem Freund John und seinem Freund Max sofort davon Mittheilung machen.

Das war einer der Gründe, der ihn unter dem Schutzdache hielt, er bemühte sich aber auch, seinem durch langes Fasten aufs äußerste erschöpften Schützling etwas Nahrung beizubringen. Ihn zu ernähren, wenn es ein Affe war, mußte allerdings schwierig werden, da Affen nur Früchte verzehren, und von solchen hatte Llanga nichts zu bieten. Ein Stückchen Antilopenfleisch würde er jedenfalls verschmähen. Uebrigens hätte ein heftiges Fieber ihn jetzt überhaupt gehindert, etwas zu sich zu nehmen, denn er lag noch immer in tiefer Betäubung vor seinem Lebensretter.

»Na, wie geht’s denn Deinem Affen? fragte Max Huber Llanga, als dieser sich eine Stunde nach der Abfahrt einmal sehen ließ.

– Er schläft noch immer, Herr Max.

– Und Du willst ihn wirklich behalten?…

– Wenn Sie nichts dagegen haben… ja!

– Ich?… Ich habe nichts dagegen, Llanga. Hüte Dich nur, daß er Dich nicht kratzt!

– O… lieber Herr Max!

– Solchen Burschen soll man mißtrauen, sie sind heimtückisch wie die Katzen!

– Dieser nicht. Er ist noch so jung und hat ein so sanftes Gesicht.

– Na, wenn Du ihn denn zu Deinem Kameraden erheben willst, solltest Du doch auch einen Namen für ihn wählen.

– Einen Namen?… Welchen denn?

– Nun, sapperment: Jocko!… Alle Affen heißen ja Jocko!«

Wahrscheinlich paßte dem Knaben dieser Name nicht. Er gab keine weitere Antwort, sondern wendete sich wieder seinem Schützling zu.

Im Laufe dieses Vormittags ging die Fahrt recht angenehm vor sich und man hatte auch nicht von der Hitze zu leiden. Die Wolkenschichten waren so dick, daß sie kein Sonnenstrahl durchdringen konnte. Das war um so werthvoller, als der Rio Johausen zuweilen durch große Lichtungen hinfloß. Auch nahe am Ufer wäre kein Schutz zu finden gewesen, da an diesen nur vereinzelte Bäume standen. Der Erdboden wurde allmählich sumpfig. Nach rechts und nach links hin hätte man wohl einen halben Kilometer weit gehen müssen, um das nächste Waldesdickicht zu erreichen. Heute war höchstens ein, wie gewöhnlich, heftiger Niederschlag zu fürchten, der Himmel öffnete jedoch seine Schleusen nicht.