Выбрать главу

– Eine zarte Aufmerksamkeit,« gestand Max Huber, während er mittels eines dütenförmig zusammengebogenen Blattes sich etwas frisches Wasser schöpfte.

Wie beunruhigend die Sachlage auch erschien, die Müdigkeit trug doch den Sieg davon und der Schlaf ließ nicht auf sich warten. John Cort und Max Huber schlummerten jedoch nicht ein, ohne von Llanga gesprochen zu haben… Das arme Kind!… War es in der Stromschnelle ertrunken?… Und wenn der Knabe gerettet worden war, warum hatte man ihn nicht wiedergesehen?… Warum war er nicht zu seinen Freunden Max und John gekommen?

Als die Schläfer erwachten, verrieth ein durch die Zweige fallender Dämmerschein, daß es wieder Tag war. Khamis glaubte annehmen zu dürfen, daß sie in östlicher Richtung hingeführt worden seien. Leider war das die falsche Seite, und dennoch blieb ihnen nichts übrig, als in derselben Richtung weiter zu wandern.

»Und das Licht?… sagte John Cort.

– Eben blitzt es dort wieder auf, antwortete Khamis.

– Meiner Treu, rief Max Huber, das ist ja rein der Stern der drei Könige aus dem Morgenlande! Leider führt er uns nicht dem Abendlande entgegen, und wann werden wir unser Bethlehem erreichen?«

Im Laufe des 22. März ereignete sich nichts besonderes. Die Fackel führte die kleine Truppe unausgesetzt nach Osten weiter.

Auf jeder Seite des Pfades erschien der Hochwald ganz undurchdringlich, so dicht standen die Bäume an einandergedrängt und mit einem unentwirrbaren Knäuel von Gestrüpp verbunden. Es sah aus, als ob der Foreloper und seine Gefährten sich in einem endlosen Schlauch von Grün verloren hätten. An einzelnen Stellen jedoch durchschnitten ebenso schmale Pfade, wie der, auf dem sie hinmarschierten, den von dem Führer eingeschlagenen Weg, und ohne diesen Anhalt hätte Khamis nicht gewußt, welchen er einschlagen sollte.

Kein einziger Wiederkäuer hatte sich bisher wieder gezeigt, diese großen Thiere hätten auch wohl kaum hierher vordringen können… keine der Fährten, die dem Foreloper so nützlich gewesen waren, nach dem Rio Johausen zu kommen. Wären die Jäger auch noch im Besitz ihrer Gewehre gewesen, hier hätten sie sie nicht gebrauchen können, denn es wäre ihnen doch kein Stück Wild vor deren Mündung gekommen.

Max Huber, John Cort und der Foreloper sahen mit Besorgniß, daß ihr Proviant mehr und mehr zu Ende ging.

Noch eine Mahlzeit, dann konnte nichts mehr davon übrig sein.

Und wenn sie morgen nicht am Ziele anlangten, das heißt, am Ende dieser merkwürdigen Wanderung unter Verfolgung jenes geheimnißvollen Lichtscheins, was sollte dann aus ihnen werden?

Wie am Tage vorher, erlosch gegen Abend die Fackel, und wie die vorhergehende, verlief auch diese Nacht ohne jede Störung.

Als John Cort wieder zuerst aufgestanden war, weckte er seine Gefährten sofort mit dem Rufe:

»Während wir schliefen, ist jemand hier gewesen!«

In der That war ein Feuer angezündet worden, von dem noch eine ruhige Gluth übrig war, und ein Stück Antilope hing an dem niedrigen Zweige einer Akazie über dem kleinen Bache.

Diesmal ließ Max Huber nicht einmal einen Ausruf der Ueberraschung hören. Weder er, noch seine Gefährten wollten über die Seltsamkeit ihrer Lage grübeln, so wenig wie über den unbekannten Führer, der sie über ebenso unbekannte Pfade leitete, über diesen guten Geist des großen Waldes, dem sie nun schon seit vorgestern nachfolgten.

Da alle jetzt tüchtigen Hunger verspürten, röstete Khamis das vorgefundene Stück der Antilope, das für die Mittags- und die Abendmahlzeit recht gut ausreichte.

Bald darauf gab die Fackel das Signal zum Aufbruche.

Die Wanderung verlief nochmals unter den gewöhnlichen Verhältnissen. Am Nachmittage fiel es jedoch auf, daß der Hochwald nach und nach weniger dicht wurde. Mindestens durch die Gipfel der Bäume. drang etwas mehr Licht herein.

Immerhin war es noch nicht möglich, das unbekannte Wesen, das wie gewöhnlich vorausging, auch nur unbestimmt zu erkennen.

Wie am Tage vorher wurden auch heute – schätzungsweise –fünf bis sechs Lieues zurückgelegt. Vom Rio Johausen ab mochte die Strecke bis hierher gegen sechzig Kilometer messen.

Am Abend machten Khamis, John Cort und Max Huber, sobald die Fackel erlosch, wieder Halt. Die Nacht kam offenbar heran, denn eine tiefe Finsterniß lagerte sich allmählich über die Waldung. Von der langen Wanderung ermüdet und nachdem sie das noch vorhandene Stück von der Antilope verzehrt und sich mit frischem Quellwasser erquickt hatten, legten sich alle am Fuße eines Baumes nieder und versanken bald in tiefen Schlummer.

Da glaubte Max Huber – jedenfalls im Traume – die Töne eines Instruments zu vernehmen, auf dem, hoch über ihm – der so bekannte… Walzer aus dem »Freischütz« von Weber gespielt wurde…

Dreizehntes Capitel.

Das Dorf in den Lüften

 Beim Erwachen am nächsten Morgen bemerkten der Foreloper und seine Gefährten zu ihrer größten Verwunderung, daß die Dunkelheit in diesem Theile des Waldes eher noch ärger war als vorher. – Ob es wohl Tag war?… Keiner hätte es sagen können. Merkwürdigerweise tauchte aber auch der Lichtschein nicht wieder auf, der ihnen seit sechzig Stunden den Weg gewiesen hatte. Die drei Männer sahen sich also gezwungen, zu warten, bis dieser sich aufs neue zeigte.

Da machte John Cort noch eine Bemerkung, aus der seine Gefährten und er sofort gewisse Schlüsse zogen.

»Mir fällt besonders auf, sagte er, daß wir heute Morgen keine glimmende Feuerstätte vorfanden, und in der Nacht auch jedenfalls niemand hierher gekommen ist, um uns mit dem nöthigen Mundvorrath zu versorgen.

– Das ist um so schlimmer, setzte Max Huber hinzu, da wir nichts mehr übrig haben.

– Vielleicht, meinte der Foreloper, ist das ein Zeichen, daß wir angekommen sind…

– Wo denn? fragte John Cort.

– Da, wohin wer weiß wer uns geführt hat, lieber John!«

Das war freilich eine Antwort so gut wie keine, doch wer hätte eine bessere ertheilen können?

Ferner: War der Wald auch jetzt noch dunkler, so schien er doch keineswegs schweigsamer zu sein. Man hörte eine Art Summen in der Luft, ein wirres Getöse, das aus den Aesten oben herabdrang. Als sie in die Höhe sahen, erkannten Khamis, John Cort und Max Huber, wenn auch nur unklar, eine Art von großer Holzdecke etwa hundert Fuß über dem Erdboden.

Zweifellos dehnte sich da oben eine erstaunliche Menge durcheinander gewachsener Aeste und Zweige aus, ohne jeden Zwischenraum, durch den das Tageslicht hätte herunterleuchten können. Ein dickes Strohdach wäre für Lichtstrahlen nicht undurchdringlicher gewesen. Das erklärte wenigstens die Dunkelheit, die unter den Bäumen herrschte.

An der Stelle, wo die drei Männer die Nacht verbracht hatten, zeigte sich auch die Natur des Erdbodens auffallend verändert.

Hier stand kein ineinander verwirrtes Gesträuch, keine der stachlichen Sisiphusarten, die früher den Pfad auf beiden Seiten begrenzten. Ueberall ein fast glatter Rasen, auf dem kein Wiederkäuer hätte weiden können. Er glich mehr einer Wiese, die niemals von einem Tropfen Regen oder einer Quelle benetzt würde.

Die Bäume, die hier in Zwischenräumen von zwanzig bis dreißig Fuß standen, ähnelten eigentlich den Grundpfeilern eines riesigen Bauwerks und ihre Kronen mußten wohl eine Fläche von mehreren tausend Quadratmetern bedecken.

Hier erhoben sich in Gruppen afrikanische Sykomoren, deren Stamm aus mehreren, mit einander verbundenen Schäften besteht, Bombaxbäume mit glattem, rundem Stamm und riesigen Wurzeln, die in der Größe die aller anderen übertreffen; ferner Baobabs, erkennbar an der bauchigen Flaschenform am unteren Theile, wo sie einen Umfang von zwanzig bis dreißig Metern haben, und über den eine ungeheuere Laube von Zweigen herabhängt; weiter noch

»Dumpalmen« mit gegabeltem Stamme, »Delebpalmen«, die einen höckerigen Schaft haben, Wollbäume, deren Stamm eine Reihe so großer Aushöhlungen aufweist, daß sich ein Mensch bequem darin bewegen kann, Acajons mit Wurzelschößlingen von anderthalb Meter Durchmesser, aus denen man wohl fünfzehn bis achtzehn Meter lange, drei bis vier Tonnen große Boote herstellt, endlich Bauhinias, die unter anderen Breiten nur als Büsche vorkommen, hier aber die Riesen aus der Familie der Leguminosen darstellen. Man kann sich wohl denken, welch ungeheuere Ausbreitung die Kronen dieser Bäume in der Höhe von einigen hundert Fuß haben mochten.