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Wurden die Gewehre übrigens zu Jagdzwecken verwendet, so wäre das mit dem mißlichen Umstande verknüpft gewesen, daß damit ihre Wirkung verrathen wurde. Jedenfalls erschien es aber rathsamer, diese geheim zu halten und die Waffen erst im Nothfall zur Abwehr oder zum Angriff zu benutzen.

Die Fremdlinge wurden reichlich mit Fleisch versorgt, weil sich auch die Wagddis mit solchem, das entweder über glühenden Kohlen geröstet oder in den von ihnen selbst angefertigten irdenen Gefäßen gekocht war, in der Hauptsache ernährten. Die Zubereitung der Speisen ließ sich, mit Unterstützung durch Llanga, Kollo eifrig angelegen sein –

Khamis betheiligte sich dabei nicht, sein Stolz als Eingeborner hätte das niemals zugelassen.

Hier muß noch erwähnt werden, daß es – zur großen Befriedigung Max Huber’s – auch an Salz nicht fehlte. Das war jedoch nicht das Natriumchlorür, das im Meerwasser enthalten ist, sondern das in Afrika, Asien und Amerika so weitverbreitete Steinsalz, das den Erdboden in der Umgebung von Ngala an vielen Stellen bedeckte. Den Nutzen dieses Minerals, des einzigen, das im Naturzustande genossen wird, hatten die Wagddis – so gut wie sogar die Thiere – rein aus Instinct erkannt.

John Cort interessierte sich nebenbei auch lebhaft für die Frage, wie diese Urmenschen sich wohl Feuer erzeugen möchten, und ob sie das mittels Reibung eines harten Holzstückes auf einem weichen nach der bei den Wilden gewöhnlichen Art erreichten. Das war jedoch nicht der Fall; sie bedienten sich dazu vielmehr zweier Feuersteine, die beim Aneinanderschlagen Funken gaben. Diese Funken genügten zur Entzündung des Flaumes der Frucht eines »Rentenier«

genannten Baumes, den man in den afrikanischen Wäldern häufig antrifft, und von dem gewisse Theile unseren Zündschwamm vollkommen ersetzen.

Zu der stickstoffhaltigen Nahrung trat bei den wagddiischen Familien als stickstofflose eine pflanzliche Nahrung, die ihnen die Natur gleich fertig lieferte. Sie bestand einerseits aus zwei bis drei Arten eßbarer Wurzeln und andererseits aus vielerlei Früchten, z. B. denen der Acacia adonsonia, die den ihr mit Recht zukommenden Namen Brod- oder Affenbrodbaum führt, ferner denen der Karitas, deren kastanienähnliche Frucht eine fettige Masse enthält, die einigermaßen als Ersatz für Butter dienen kann, sowie denen der Kijelia mit etwas fade schmeckenden, doch sehr nahrhaften und außerordentlich – gut zwei Fuß – langen Beeren; endlich aus anderen Früchten, wie Bananen, Feigen, Mangofrüchten in rohem Zustande und aus den vortrefflichen Früchten des Tso, woneben man sich der Tamarindenschoten an Stelle eines Gewürzes bediente. Die Wagddis sammelten aber auch Honig ein und ließen sich beim Aufsuchen der Bienenwohnungen vom Rufe des Kuckucks leiten. Aus diesem köstlichen Süßstoffe und aus dem Safte anderer Pflanzen, z. B. dem aus einer gewissen Liane gewonnenen Lutex, verstanden sie, unter Zusatz von Wasser aus dem Rio, gegohrene Getränke mit hohem Alkoholgehalt zu bereiten. Das ist ja kaum zum verwundern, wenn man bedenkt, daß sogar die afrikanischen Mandrills, die doch nur Affen sind, eine große Vorliebe für Alkohol verrathen.

Zu dem allen lieferte noch ein unterhalb Ngalas sich hinschlängelnder, fischreicher Wasserlauf dieselben Arten von Fischen, die Khamis und seine Gefährten im Rio Johausen gefunden hatten. Für den Fall eines Fluchtversuches war es nur von Bedeutung, zu wissen, ob jener Wasserlauf befahrbar war und ob die Wagddis sich dazu irgendwelcher Boote bedienten.

Von dem der Königswohnung entgegengesetzten Ende des Dorfes aus konnte man den Fluß sehen. Stellte man sich dort nahe an die letzten Bäume, so erkannte man, daß sein Bett dreißig bis vierzig Fuß Breite hatte. Weiterhin verlor er sich unter prächtigen Baumriesen, wie fünfschächtigen Baumwollbäumen, wunderbar schönen Mparamusis mit knotigen, herabhängenden Zweigflechten und unter herrlichen Msukulios, deren Stamm mit riesigen Lianen umwunden war, mit diesen Epiphyten, die ihn schlangengleich umrankten.

Es zeigte sich da, daß die Wagddis Wasserfahrzeuge herzustellen verstanden, eine Kunst, die ja auch den niedrigst stehenden Bewohnern Oceaniens nicht fremd ist. Ihre schwimmenden Fahrzeuge waren mehr als ein Floß, doch weniger als eine Pirogue, denn sie bestanden aus einem mit der Axt und mittels Feuers ausgehöhlten Baumstamme. Diese wurden mit einer Art flacher Schaufel fortgetrieben oder bei günstigem Winde auch durch ein zwischen zwei Stangen ausgespanntes Segel, das aus der Rinde des sehr harten Eisenbaumholzes hergestellt war, die man durch geeignetes Beklopfen geschmeidig gemacht hatte.

John Cort konnte sich überzeugen, daß diese Urmenschen für ihre Ernährung keine Gemüse- oder Getreidearten verwendeten. Sie bauten weder Sorgho, noch Hirse, Reis oder Manioc an, wie das sonst die Völkerschaften Centralafrikas thun.

Man durfte von diesen Leuten bezüglich des Ackerbaues ja auch nicht erwarten, was man bei den zu den wirklichen Menschen zählenden Denkas, Funds und Monbullus sehen konnte.

Nach diesen Beobachtungen bemühte sich John Cort noch zu ergründen, ob die Wagddis eine gewisse Moral oder etwas wie eine Religion besäßen.

Eines Tages fragte ihn Max Huber, was er denn in dieser Beziehung gefunden habe.

»Nun, eine gewisse Moralität, wenigstens ein Sinn für Rechtschaffenheit, ist bei ihnen vorhanden. Sie unterscheiden wohl mit Sicherheit Gutes und Böses. Sie kennen auch den Begriff des Eigenthums. Ich weiß wohl, vielen Thieren fehlt dieser auch nicht, z. B. den Hunden, die sich nicht gern stören lassen, wenn sie ihr Futter verzehren. Meiner Ansicht nach haben die Wagddis einen deutlichen Begriff von Mein und Dein. Das habe ich gelegentlich an einem von ihnen beobachtet, der sich aus einer Hütte, in die er eingedrungen war, mehrere Früchte geholt hatte.

– Nun, rief man da nach der Polizei oder gleich nach dem Kriminalgerichte? fragte Max Huber.

– Lacht nur, liebe Freunde, doch was ich sage, ist in diesem Falle kennzeichnend: der Dieb wurde von dem Bestohlenen, dem seine Nachbarn willig beisprangen, tüchtig durchgeprügelt. Ich möchte hier noch hinzufügen, daß bei diesen Urgeschöpfen noch eine Einrichtung vorkommt, die sie der Menschheit weiter nähert…

– Und das wäre?

– Die des Familienstandes, dem man überall bei ihnen begegnet, die Lebensgemeinschaft von Vater und Mutter, die Sorge für die Kinder, und die gegenseitige Liebe, die alle verbindet. Haben wir das nicht schon bei Lo-Maï sehen können? Die Wagddis sind selbst für rein menschliche Seeleneindrücke empfänglich. Achtet nur auf unseren Kollo…

erröthet der nicht zuweilen aus irgend welcher Ursache? Ob das aus Scham oder Furchtsamkeit, aus Bescheidenheit oder Verwirrung geschieht, denn das sind die vier Veranlassungen, die dem Menschen das Blut ins Gesicht treiben, ist ja gleichgiltig, doch unbestreitbar bringt irgend etwas diese Wirkung bei ihm hervor. Wo aber eine Empfindung ist, da ist auch eine Seele.

– Wenn die Wagddis aber, ließ sich Max Huber vernehmen, so viele menschliche Eigenschaften zeigen, warum soll man sie dann nicht als wirkliche Menschen anerkennen?

– Weil ihnen doch noch eine Vorstellung fehlt, die sonst allen Menschen eigen ist, mein lieber Max.

– Welche hast Du da im Sinne?

– Die von einem höchsten Wesen, kurz, die Religiosität, die sich selbst bei den wildesten Volksstämmen findet. Ich habe noch nicht beobachten können, daß sie irgendwelche Gottheiten anbeten, habe hier auch noch keine Götzenbilder oder Priester gesehen.

– Wenn ihr höchstes Wesen, meinte Max Huber, nicht gerade jener König Mselo-Tala-Tala ist, von dem sie uns nicht einmal die Nasenspitze zu sehen erlauben!«