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Gewiß ist, daß sich hier ein Stamm von Eingebornen aufhält.

Sie könnten ja die Feuerbrände schwingen und sich auf die Bäume geflüchtet haben, um sich vor gefährlichen Raubthieren zu schützen.

– Vor Raubthieren? wiederholte Max Huber. Panther, Hyänen und wilde Ochsen würde man aber heulen oder brüllen hören, hier ist dagegen das einzige Geräusch, das wir vernehmen, das Knistern der Flammen, die den ganzen Wald in Brand zu setzen drohen. Nein, ich muß alles wissen!«

Max Huber that einige Schritte vorwärts, und Llanga, den Khamis vergeblich zu sich zurückrief, folgte ihm treulich nach.

Der Foreloper überlegte noch, was er in seiner Ohnmacht gegenüber der Ungeduld des Franzosen beginnen sollte. Da er ihn aber nicht allein der Gefahr trotzen lassen wollte, entschloß er sich, ihm bis zum Waldrande nachzugehen, obgleich das seiner Ansicht nach auf eine unverzeihliche Tollkühnheit hinauskam.

Plötzlich blieb er stehen, im nämlichen Augenblicke, wo auch Max Huber und Llanga Halt machten. Alle drei drehten sich schnell um… Der Lichtschein war es nicht mehr, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Wie durch den Athem eines losbrechenden Sturmes waren alle Fackeln verlöscht und tiefe Finsterniß herrschte am Himmel und auf der Erde.

Von der entgegengesetzten Seite her drang ein Geräusch zu ihnen her, eine Art langgezogenen Rauschens, ein Dröhnen und Schnarren, als ob die Tonwellen einer Riesenorgel über die Ebene herflutheten.

War es ein Unwetter, das von jener Seite des Himmels aufzog und dessen erstes Donnergrollen die Atmosphäre erschütterte?

Nein, wenigstens zeigte sich keines der Meteore, die Centralafrika so häufig von einer Küste bis zur anderen verwüsten. Jenes charakteristische Geräusch rührte offenbar von Thieren her, nicht aber von Blitzen, die sich am Himmel zwischen den Wolkenmassen entluden. Auch in den niedrigen Schichten zeigte sich keiner der blendenden Zickzackstreifen, die einander sonst in kurzen Zwischenräumen folgen. Kein Blitz leuchtete am Horizonte im Norden auf, dieser erschien vielmehr ebenso dunkel wie der im Süden. Die Cirruswolken, die wie abgegrenzte Dampfmengen aneinander geschichtet lagen, durchzuckte kein einziger Feuerstrahl.

»Was mag das bedeuten, Khamis? fragte Max Huber.

– Zurück nach dem Lager… lautete nur die Antwort des Foreloper.

– Sollten es vielleicht gar…?« rief noch Max Huber.

Gespannt in der betreffenden Richtung hin lauschend, vernahm er jetzt deutlicher eine Art Trompeten, das zuweilen schrill wie die Pfeife einer Locomotive ertönte und in dem wüsten Lärmen mit dessen Annäherung unheimlich zunahm.

»Nun aber schnell hinweg, rief der Foreloper, schnell… was uns die Füße tragen!«

Drittes Capitel.

Versprengt

 Max Huber, Llanga und Khamis durchflogen in zehn Minuten die fünfzehnhundert Meter, die sie vom Lagerplatze trennten.

Nicht ein einziges Mal hatten sie sich dabei umgesehen, unbekümmert darum, ob die Eingebornen, die ihre Fackeln gelöscht hatten, sie verfolgten oder nicht. Auf der Seite nach diesen hin herrschte übrigens vollkommene Ruhe, während von der entgegengesetzten her ein wüster Lärm mit erschreckenden Tönen dazwischen auf der Ebene hörbar war.

Als die beiden Männer und der Knabe im Lager anlangten, war hier alles eine Beute des Schreckens… eines Schreckens, der gerechtfertigt erschien durch das Drohen einer Gefahr, gegen die Muth und Klugheit so gut wie nichts vermochten. Ihr zu trotzen… unmöglich!… Ihr zu entfliehen?… Das war vielleicht zu spät.

Max Haber und Khamis hatten sich sofort John Cort und Urdax angeschlossen, die etwa fünfzig Schritt weit vor dem Hügel standen.

»Eine Herde Elefanten! rief der Foreloper.

– Ja, bestätigte der Portugiese, und vor Ablauf einer Viertelstunde werden sie über uns gekommen sein.

– Wir sollten im Walde Schutz suchen, meinte John Cort.

– Der Wald wird sie auch nicht aufhalten, wendete Khamis dagegen ein.

– Wie steht es denn mit den Eingebornen? erkundigte sich John Cort.

– Wir haben keinen einzigen davon sehen können, antwortete Max Huber.

– Sie können doch den Wald unmöglich verlassen haben.

– Nein, gewiß nicht!«

In der Entfernung etwa einer halben Lieue bemerkte man jetzt eine große Menge schwankender Schattengestalten, die sich in einer Ausdehnung von hundert Toisen heranwälzte, ähnlich einer mächtigen Fluth, deren Wellen donnernd über die Ebene hereinbrachen. Der Erdboden erzitterte schwach unter einem schweren Stampfen, eine Erschütterung, die sich bis zu den Wurzeln der Tamarinden fühlbar machte. Das verwirrte Geräusch nahm schnell in beängstigender Weise zu. Gellende Laute, untermischt mit metallenen Tönen, drangen aus Hunderten von Rüsseln… wie von ebensoviel scharf angeblasenen Trompeten.

Die Reisenden in Afrika haben das schauerliche Concert ganz treffend mit dem Getöse verglichen, das auf dem Schlachtfelde eine mit größter Schnelligkeit dahinziehende Artillerieabtheilung hervorbringt. Das stimmt wenigstens unter der Voraussetzung, daß dazu Trompeten ihre ohrzerreißenden Töne in die Luft schmettern. Das Entsetzen des Personals der Karawane bei dem Gedanken. bald von einer Herde Elefanten elend zertreten zu werden, kann man sich dann wohl leicht vorstellen.

Eine Jagd auf die mächtigen Thierkolosse ist allemal mit ernster Gefahr verknüpft. Diese vermindert sich nur, wenn es gelingt, sie zu überraschen, ein einzelnes der Pachydermen von der Herde, wozu es gehört, zu trennen und auf dieses unter Verhältnissen zu schießen, die einen Erfolg erwarten lassen.

denn nur, wenn den Elefanten eine Kugel zwischen Auge und Ohr trifft wird das große Thier fast auf der Stelle getödtet.

Selbst wenn eine Herde gelegentlich nur aus einem halben Dutzend der mächtigen Rüsselthiere besteht, ist die allergrößte Vorsicht nöthig. Fünf bis sechs Paaren wüthender Elefanten gegenüber, ist schon an keinen Widerstand mehr zu denken, da ihre Waffe – würde ein Mathematiker sagen – sich im Verhältniß des Quadrats ihrer Geschwindigkeit vergrößert.

Stürzen sich die furchtbaren Thiere gar zu Hunderten auf ein Lager, so kann man ihren Ansturm ebensowenig aufhalten, wie eine Lawine oder wie eine Springfluth, die die Schiffe kilometerweit vom Ufer aufs Land schleudert.

So zahlreich diese Thierart jetzt noch ist, wird sie doch endlich verschwinden. Da ein Elefant wenigstens für tausend Francs Elfenbein liefert, stellt man ihm mit zähester Hartnäckigkeit nach.

Nach der Berechnung Foa’s werden – meist im Herzen Afrikas jährlich nicht weniger als vierzigtausend Elefanten erlegt. Diese liefern etwas siebenhundertfünfzigtausend Kilogramm Elfenbein, das nach England verschiffen wird.

Nach einem halben Jahrhundert dürfte es, trotz der Langlebigkeit diese Thiere, kein einziges davon mehr geben.

Wäre es nicht empfehlenswerther, aus der Züchtung und Zähmung der kostbaren Thiere Nutzen zu ziehen, da ein Elefant dieselbe Last tragen kann, wie zweiunddreißig Menschen, und einen viermal längeren Weg zurückzulegen vermag, als ein Fußgänger? Gezähmt würden sie auch, wie in Indien, reichlich doppelt so viel werth sein, als der Ertrag, der man durch ihre Abschlachtung gewinnt.

Der afrikanische Elefant bildet mit dem asiatischen die zwei einzigen noch vorkommenden Arten, die sich mehrfach unterscheiden. Die ersten sind kleinen, haben eine braunere Haut, eine mehr vorgewölbte Stirn, dazu größere Ohren und längere Stoßzähne, als ihre asiatischen Genossen, sie sind auch weit wilde als diese und kaum einigermaßen zu zähmen.

Während seines jetzigen Jagdzuges war der Portugiese entschieden von Glücke begünstigt worden, und auch die beiden Liebhaber dieses Sports konnten sich wohl für befriedigt erklären. In Lybien sind die Dickhäuter, wie erwähnt noch in großer Zahl zu finden. Die Gebiete von Ubanghi bieten ihnen, was sie suchen: Wälder und bei ihnen vorzüglich beliebte sumpfige Ebenen. Hier leben sie truppweise, gewöhnlich angeführt von einem alten männlichen Thiere.