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»Nicht viel.« Deputy Blake nahm gegenüber vom Sheriff Platz. »Das Opfer hat drüben bei Global Computer Graphics gearbeitet. Dennis Tibble war offenbar so eine Art Genie.«

»Aber anscheinend nicht genial genug, sonst hätte er sich nicht umbringen lassen.«

»Er wurde nicht einfach umgebracht, Matt. Er wurde regelrecht abgeschlachtet. Du hättest mal sehen sollen, wie die Leiche zugerichtet war. Das muß irgendein Irrer gewesen sein.«

»Keinerlei Anhaltspunkte?«

»Wir wissen nicht genau, was die Mordwaffe war. Dazu müssen wir erst noch die Laboruntersuchung abwarten. Aber möglicherweise war es eine zerbrochene Weinflasche. Die Putzfrau hat sie in den Müllschlucker geworfen. Sieht so aus, als wäre auf einer der Scherben in seinem Rücken ein Fingerabdruck. Ich habe mit den Nachbarn geredet. Die konnten mir aber auch nicht weiterhelfen. Keiner hat jemanden aus der Wohnung kommen sehen oder irgendwelche verdächtigen Geräusche gehört. Tibble hat sich offenbar ziemlich abgeschottet. War nicht besonders gesellig. Eins konnten wir feststellen: Tibble muß unmittelbar vor seinem Tod Geschlechtsverkehr gehabt haben. Wir haben Vaginalsekret gefunden, Schamhaare und andere Hinweise. Dazu eine Zigarettenkippe mit Lippenstiftspuren. Das Labor macht gerade einen DNS-Test.«

»Die Zeitungen werden das gewaltig ausschlachten, Sam. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir - WAHNWITZIGER MÖRDER sucht SILICON VALLEY heim.« Sheriff Dowling seufzte. »Wir sollten die Sache so schnell wie möglich aufklären.«

»Ich fahre gleich rüber zu Global Computer Graphics.«

Ashley hatte eine Stunde lang überlegt, ob sie ins Büro gehen sollte. Sie war hin- und hergerissen. Alle werden mir auf Anhieb ansehen, daß irgend etwas nicht stimmt. Aber wenn ich mich nicht blicken lasse, wollen sie bestimmt wissen, warum. Vermutlich ist die Polizei dort und erkundigt sich. Wenn sie mich vernehmen, muß ich ihnen die Wahrheit sagen. Die werden mir nicht glauben. Sie werden mich des Mordes an Dennis Tibble bezichtigen. Und wenn sie mir glauben und ich erzähle ihnen, daß mein Vater weiß, was er mir angetan hat, werden sie ihn verdächtigen.

Sie mußte daran denken, wie Jim Cleary ums Leben gekommen war. Sie konnte Florences Stimme hören. Am Tag nach der Abschlußfeier sind Jims Eltern nach Hause gekommen und haben seine Leiche gefunden. Jemand hat ihn erstochen und ... entmannt.

Ashley kniff die Augen zusammen. Mein Gott, was geht hier vor? Was geht hier bloß vor?

Etliche Angestellte standen auf den Gängen herum und sprachen leise miteinander, als Deputy Blake in die Kreativabteilung von Global Computer Graphics kam. Blake konnte sich nur zu gut vorstellen, worüber sie sich unterhielten. Ashley beobachtete ihn ängstlich, als er sich zu Shane Millers Büro begab.

Shane stand auf, als er eintrat. »Deputy Blake?«

»Jawohl.« Die beiden gaben sich die Hand.

»Nehmen Sie Platz, Deputy.«

Sam Blake setzte sich. »Soweit ich weiß, hat Dennis Tibble hier gearbeitet.«

»Ganz recht. Er war einer unserer besten Mitarbeiter. Ein schrecklicher Verlust.«

»Und er war hier seit etwa drei Jahren beschäftigt?«

»Ja. Er war unser Genie. Am Computer brachte er einfach alles zustande.«

»Was wissen Sie über sein Privatleben?«

Shane Miller schüttelte den Kopf. »Da bin ich leider überfragt. Tibble war eher ein Einzelgänger.«

»Wissen Sie, ob er Drogen genommen hat?«

»Dennis? Nie und nimmer. Er war ein Gesundheitsfanatiker.«

»Hat er gespielt? Wäre es möglich, daß er jemandem Geld geschuldet hat?« »Nein. Er hat hier ein verdammt gutes Gehalt kassiert, aber meiner Meinung nach war er eher knauserig.«

»Was ist mit Frauen? Hatte er eine feste Freundin?«

»Die Frauen sind nicht gerade auf Tibble geflogen.« Er dachte einen Moment lang nach. »Aber in letzter Zeit hat er allen Leuten erzählt, daß er womöglich heiraten will.«

»Hat er gesagt, wen er dabei im Sinn hatte?«

Miller schüttelte den Kopf. »Nein. Mir jedenfalls nicht.«

»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mit ein paar Angestellten von Ihnen rede?«

»Ganz und gar nicht. Nur zu. Aber sie sind alle ziemlich betroffen.«

Die wären noch betroffener, wenn sie seine Leiche gesehen hätten, dachte Blake.

Die beiden Männer begaben sich in den Arbeitsbereich.

»Hört bitte mal alle zu«, rief Shane Miller. »Das ist Deputy Blake. Er möchte euch ein paar Fragen stellen.«

Die Angestellten ließen ihre Arbeit liegen und horchten auf.

»Ich gehe mal davon aus, daß Sie alle gehört haben, was mit Mr. Tibble passiert ist«, sagte Deputy Blake. »Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen, wenn wir den Mörder finden wollen. Weiß irgend jemand von Ihnen, ob er Feinde hatte? Ob ihn irgend jemand so gehaßt hat, daß er ihn womöglich umgebracht hat?« Niemand antwortete. Blake fuhr fort. »Angeblich hatte er eine Frau kennengelernt, die er heiraten wollte. Hat er mit jemandem darüber gesprochen?«

Ashley bekam kaum noch Luft. Jetzt müßte sie sich eigentlich zu Wort melden. Jetzt müßte sie dem Polizisten berichten, was Tibble ihr angetan hatte. Aber Ashley mußte an die Miene ihres Vaters denken, als sie ihm erzählt hatte, was vorgefallen war. Man würde ihn des Mordes verdächtigen.

Ihr Vater konnte niemanden umbringen.

Er war Arzt.

Er war Chirurg.

Dennis Tibble war entmannt worden.

». und keiner von Ihnen hat ihn also noch einmal zu Gesicht bekommen, nachdem er am Freitag hier Feierabend gemacht hat?« sagte Deputy Blake.

Na komm schon, du Landei, dachte Toni Prescott. Sag ihm, daß du mit zu ihm nach Hause gegangen bist. Warum rückst du nicht damit raus?

Deputy Blake stand einen Moment lang da und versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Nun ja, falls jemandem noch was einfällt, was vielleicht von Nutzen sein könnte, wäre ich dankbar, wenn er oder sie mich anrufen würde. Mr. Miller hat meine Nummer. Besten Dank.«

Sie schauten ihm nach, als er sich mit Shane in Richtung Ausgang entfernte.

Ashley wurde fast schwindlig vor Erleichterung.

Deputy Blake wandte sich an Shane. »Gibt es hier im Hause jemanden, dem er nahestand?«

»Nein, eigentlich nicht«, erwiderte Shane. »Ich glaube nicht, daß Dennis irgend jemandem nahestand. Eine unserer Computergraphikerinnen hatte es ihm offenbar angetan, aber daraus ist nichts geworden.«

Deputy Blake blieb stehen. »Ist sie hier?«

»Ja, aber -«

»Ich möchte mit ihr reden.«

»Na schön. Sie können in mein Büro gehen.«

Ashley sah, wie sie umkehrten und auf ihr Kabuff zukamen. Sie spürte, daß sie rot anlief.

»Ashley, Deputy Blake würde dich gern sprechen.«

Er wußte also Bescheid. Er wollte sie wegen ihres Besuchs bei Dennis Tibble fragen. Ich muß vorsichtig sein, dachte Ashley.

Der Polizist schaute sie an. »Macht es Ihnen etwas aus, Miss Patterson?«

Sie nahm sich zusammen. »Nein, ganz und gar nicht«, versetzte sie. Sie folgte ihm in Shane Millers Büro.

»Nehmen Sie Platz.« Sie setzten sich beide hin. »Meines Wissens hatte Dennis Tibble ein Auge auf Sie geworfen?«

»Ich - ich nehme es ...« Aufpassen. »Ja.«

»Sind Sie mit ihm ausgegangen?«

Mit ihm nach Hause zu gehen ist nicht das gleiche, wie mit ihm auszugehen. »Nein.«

»Hat er mit Ihnen über diese Frau gesprochen, die er angeblich heiraten wollte?«

Sie geriet immer tiefer hinein. Nahm er ihr Gespräch womöglich auf Band auf? Vielleicht wußte er bereits, daß sie in Tibbles Wohnung gewesen war. Möglicherweise hatten sie ihre Fingerabdrücke gefunden. Jetzt sollte sie dem Kriminalpolizisten erzählen, was Tibble ihr angetan hatte. Aber wenn ich das mache, dachte Ashley verzweifelt, stoßen sie auf meinen Vater, und dann bringen sie es mit dem Mord an Jim Cleary in Verbindung. Wußten sie darüber ebenfalls Bescheid? Aber die Polizei in Bedford hatte keinerlei Anlaß, die Behörden in Cupertino von diesem Vorfall zu verständigen. Oder vielleicht doch?