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»Kann ich dir behilflich sein?«

»Nein, danke.«

»Hey, wollen wir Samstag abend irgendwo eine Kleinigkeit essen gehen?«

»Besten Dank. Ich habe schon was vor.«

»Gehst du wieder mit dem Boß aus?«

Ashley wandte sich um und schaute ihn wütend an. »Hör mal, das geht dich gar nichts .«

»Ich versteh’ sowieso nicht, was du an dem findest. Das ist doch ein Streber hoch drei. Mit mir wird’s bestimmt amüsanter.« Er zwinkerte. »Weißt du, was ich meine?«

Ashley versuchte sich zu beherrschen. »Ich muß wieder an die Arbeit, Dennis.«

Tibble beugte sich zu ihr. »Ich will dir mal was verraten, meine Süße«, flüsterte er. »Ich gebe nicht auf. Niemals.«

Sie schaute ihm nach, als er wegging. Könnte er derjenige sein? fragte sie sich.

Um halb eins fuhr Ashley ihren Computer herunter und begab sich zum Margherita Di Roma, wo sie mit ihrem Vater zum Essen verabredet war.

Sie saß an einem Ecktisch in dem bis auf den letzten Platz besetzten Restaurant und blickte auf, als ihr Vater auf sie zukam. Er sah gut aus, das mußte sie ihm lassen. Die Leute drehten sich um und starrten ihn an, als er zu Ashleys Tisch ging. Wie fühlt man sich denn als Tochter eines berühmten Vaters?

Vor etlichen Jahren war Dr. Steven Patterson ein entscheidender Durchbruch in der Anwendung mikrochirurgischer Methoden bei Herzoperationen gelungen. Seither wurde er ständig von sämtlichen bedeutenden Universitätskliniken auf der ganzen Welt zu Vorträgen eingeladen. Ashleys Mutter war gestorben, als Ashley zwölf war, und außer ihrem Vater hatte sie keinerlei Anverwandte.

»Entschuldige die Verspätung, Ashley.« Er beugte sich vor und küßte sie auf die Wange.

»Ist schon gut. Ich bin gerade erst gekommen.«

Er setzte sich. »Hast du das Time Magazine gesehen?«

»Ja. Shane hat es mir gezeigt.«

Er runzelte die Stirn. »Shane? Dein Chef?«

»Er ist nicht mein Chef. Er ist - er ist einer der Abteilungsleiter.«

»Beruf und Privatleben sollte man stets voneinander trennen, Ashley. Du triffst dich doch auch privat mit ihm, nicht wahr? Das ist ein Fehler.«

»Vater, wir sind doch bloß gute -«

Ein Kellner kam an ihrem Tisch. »Darf ich Ihnen die Speisekarte bringen?«

Dr. Steven Patterson drehte sich um. »Sehen Sie nicht, daß wir uns gerade unterhalten?« herrschte er ihn an. »Verschwinden Sie gefälligst, bis wir Sie rufen.«

»Entschuldigung, Sir.« Der Kellner eilte davon.

Ashley wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Sie hatte vergessen, wie aufbrausend ihr Vater sein konnte. Einmal hatte er während einer Operation auf einen Assistenten eingeprügelt, weil der sich ein Fehlurteil erlaubt hatte. Ashley konnte sich nur zu gut an die Streitereien zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater erinnern, die sie als kleines Mädchen miterlebt hatte. Sie hatten sie zu Tode erschreckt. Es war immer um das gleiche Thema gegangen, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was es gewesen war. Sie hatte es verdrängt.

Ihr Vater fuhr fort, als ob nichts gewesen wäre. »Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja. Daß du dich nicht mit diesem Shane Miller abgeben solltest. Auf gar keinen Fall.«

Und seine Worte beschworen eine weitere schlimme Erinnerung herauf.

»Du solltest dich nicht mit diesem Jim Cleary abgeben«, hörte sie ihren Vater sagen. »Auf gar keinen Fall ...«

Ashley war gerade achtzehn geworden. Sie lebten in Bedford in Pennsylvania, wo sie auch geboren war. Jim Cleary war der beliebteste Junge auf der ganzen High-School. Er spielte in der Footballmannschaft, sah blendend aus, war immer lustig und konnte einen hinreißend anlächeln. Ashley hatte den Eindruck, daß sämtliche Mädchen auf der Schule mit ihm schlafen wollten. Und die meisten haben es vermutlich auch getan, hatte sie seinerzeit spöttisch gedacht. Als Jim Cleary sich auch mit ihr verabreden wollte, war Ashley fest entschlossen, nicht mit ihm ins Bett zu gehen. Sie war davon überzeugt, daß er sie nur herumkriegen wollte, doch im Laufe der Zeit änderte sie ihre Meinung. Sie war gern mit ihm zusammen, und sie hatte das Gefühl, daß er sie wirklich mochte.

In diesem Winter fuhr die Oberstufe übers Wochenende zu einem Skilager in die Berge. Jim Cleary war leidenschaftlicher Skifahrer.

»Das wird bestimmt klasse«, versicherte er Ashley.

»Ich fahre nicht mit.«

Er schaute sie verdutzt an. »Wieso nicht?«

»Ich kann die Kälte nicht ausstehen. Ich hab’ dann immer steif gefrorene Finger, selbst mit Handschuhen.« »Aber es macht doch Spaß, wenn -«

»Ich fahre nicht mit.«

Schließlich blieb auch er in Bedford.

Sie hatten die gleichen Interessen, die gleichen Ideale, und sie kamen wunderbar miteinander aus.

»Heute morgen hat mich jemand gefragt, ob du meine Freundin bist«, sagte Jim Cleary eines Tages zu Ashley. »Was soll ich ihm sagen?«

Ashley lächelte. »Sag einfach ja«, erwiderte sie.

Dr. Patterson war besorgt. »Du triffst dich ziemlich häufig mit dem jungen Cleary.«

»Vater, er ist ein anständiger Junge, und außerdem liebe ich ihn.«

»Wie kannst du den denn lieben? Einen Footballspieler, verdammt noch mal. Ich lasse nicht zu, daß du einen Footballspieler heiratest. Er ist nicht gut genug für dich, Ashley.«

Das hatte er bislang bei jedem Jungen gesagt, mit dem sie gegangen war.

Ihr Vater äußerte sich weiterhin abfällig über Jim Cleary, doch an dem Tag, an dem sie ihr Abschlußzeugnis erhielt, kam es zur offenen Auseinandersetzung. Jim Cleary wollte Ashley am Abend zu einer Abschlußfeier mitnehmen. Als er sie zu Hause abholte, weinte sie.

»Was ist los? Was ist passiert?«

»Mein - mein Vater hat gesagt, daß er mich nach London bringt. Er hat mich - er hat mich dort auf einem College angemeldet.«

Jim Cleary schaute sie fassungslos an. »Er will nicht, daß wir miteinander gehen, stimmt’s?«

Ashley nickte kläglich.

»Wann reist du ab?«

»Morgen.«

»Nein! Um Gottes willen, Ashley, das darf er uns nicht antun. Hör zu. Ich möchte dich heiraten. Mein Onkel hat mir einen Bombenjob in seiner Werbeagentur in Chicago angeboten. Wir brennen durch. Morgen früh um sieben geht ein Zug nach Chicago. Wir treffen uns am Bahnhof. Kommst du mit?« Sie schaute ihn eine ganze Weile an. »Ja«, sagte sie dann leise.

Hinterher konnte sich Ashley beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wie die Abschlußfeier gewesen war. Sie und Jim hatten sich den ganzen Abend aufgeregt über ihre Pläne unterhalten.

»Warum fliegen wir nicht nach Chicago?« fragte Ashley. »Weil wir bei der Fluggesellschaft unsere Namen angeben müßten. Wenn wir mit dein Zug fahren, weiß niemand, wohin wir uns gewandt haben.«

»Hast du Lust, noch kurz mit zu mir nach Hause zu kommen?« fragte Jim Cleary leise, als sie die Party verließen. »Meine Eltern sind übers Wochenende weggefahren.«

Ashley zögerte. Sie war hin- und hergerissen. »Jim - wir haben so lange gewartet. Auf die paar Tage kommt’s jetzt auch nicht mehr an.«

»Du hast recht.« Er grinste. »Vermutlich bin ich der einzige Mann auf diesem Kontinent, der eine Jungfrau heiratet.«

Als Jim Cleary Ashley nach Hause brachte, erwartete sie Dr. Patterson bereits wutentbrannt. »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«

»Tut mir leid, Sir. Die Party -«

»Kommen Sie mir nicht mit dummen Ausreden, Cleary. Glauben Sie etwa, Sie könnten mir etwas vormachen?«

»Ich will Ihnen nichts -«

»Ab sofort lassen Sie die Finger von meiner Tochter. Haben Sie verstanden?«

»Vater -«

»Du hältst dich da raus.« Er schrie jetzt. »Cleary, ich möchte, daß Sie auf der Stelle verschwinden und sich nie wieder blik-ken lassen.«