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»Das - das ist kaum zu glauben.«

»Ich habe mich eine ganze Weile mit diesem Thema beschäftigt. Es gibt gewisse Grundmuster, die sich so gut wie nie ändern. Zum Beispiel, daß die anderen Persönlichkeiten häufig Namen verwenden, die mit den gleichen Initialen beginnen wie der Name des oder der Betroffenen - Ashley Patterson . Alette Peters ... Toni Prescott ...«

»Toni -?« wollte David fragen. Dann wurde es ihm klar. »Antoinette?« »Richtig. Sie kennen den Begriff >Alter ego<?«

»Ja.«

»In gewisser Hinsicht besitzen wir alle Alter egos oder multiple Persönlichkeiten. Ein normalerweise gutmütiger Mensch kann Grausamkeiten begehen. Grausame Menschen wiederum sind durchaus zu guten Taten fähig. Die menschliche Psyche hat eine geradezu unglaubliche Bandbreite. Die Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde ist zwar reine Fiktion, aber sie beruht auf Tatsachen.«

Davids Gedanken überschlugen sich. »Wenn Ashley diese Morde begannen hat .«

»Wäre sie sich dessen nicht bewußt. Sie wurden von einer ihrer anderen Persönlichkeiten verübt.«

»Mein Gott! Und wie soll ich das vor Gericht erklären?«

Dr. Salem schaute David erstaunt an. »Sagten Sie nicht, daß Sie sie nicht vertreten werden?«

David schüttelte den Kopf. »Werde ich auch nicht. Das heißt, ich weiß es nicht. Ich - was das angeht, leide ich selbst an multipler Persönlichkeitsstörung.« David schwieg einen Moment. »Ist das heilbar?«

»Häufig ja.«

»Und was passiert, wenn es geheilt wird?«

Dr. Salem zögerte kurz. »Die Selbstmordrate ist ziemlich hoch.«

»Und Ashley weiß nichts von alldem?«

»Nein.«

»Würden Sie es ihr beibringen?«

»Ja, natürlich.«

»Nein!« Es war ein einziger Aufschrei. Sie drückte sich an die Zellenwand und schaute sie voller Entsetzen an. »Sie lügen! Das stimmt nicht!«

»Ashley«, sagte Dr. Salem, »Es ist so. Sie müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Ich habe Ihnen doch erklärt, daß Sie keinerlei Schuld trifft an dem, was vorgefallen ist. Ich -« »Kommen Sie mir nicht zu nahe!«

»Niemand will Ihnen etwas zuleide tun.«

»Ich möchte sterben. Helfen Sie mir dabei!« Sie begann hemmungslos zu schluchzen.

Dr. Salem wandte sich an die Wärterin. »Sie sollten ihr lieber ein Beruhigungsmittel geben. Und lassen Sie sie rund um die Uhr bewachen. Es besteht Selbstmordgefahr.«

David rief Dr. Patterson an. »Ich muß mit Ihnen reden.«

»Ich habe bereits auf Ihren Anruf gewartet, David. Haben Sie Ashley besucht?«

»Ja. Können wir uns irgendwo treffen?«

»Ich erwarte Sie in meiner Praxis.«

Ich kann diesen Fall nie und nimmer übernehmen, dachte David, als er nach San Francisco zurückfuhr. Ich habe zuviel zu verlieren.

Ich besorge ihr einen guten Strafverteidiger, und damit hat sich die Sache.

Dr. Patterson empfing David in seiner Praxis. »Haben Sie mit Ashley gesprochen?«

»Ja.«

»Geht es ihr einigermaßen gut?«

Was soll ich darauf nur antworten? David holte tief Luft. »Haben Sie schon mal etwas von einer multiplen Persönlichkeitsstörung gehört?«

Dr. Patterson runzelte die Stirn. »Andeutungsweise ...«

»Es handelt sich um eine psychische Störung, bei der jemand über mehrere Persönlichkeiten - oder Alter egos - verfügt, ohne daß sich der Betroffene dessen bewußt ist. Ihre Tochter leidet an einer multiplen Persönlichkeitsstörung.«

Dr. Patterson schaute ihn fassungslos an. »Was? Ich - das kann ich nicht glauben. Sind Sie sich dessen sicher?«

»Ich habe Ashley zugehört, als Dr. Salem sie unter Hypnose befragte. Sie besitzt zwei weitere Persönlichkeiten. Von Zeit zu Zeit zwingen sie ihr ihren Willen auf.« David sprach jetzt schneller. »Der Sheriff hat mir gezeigt, welches Beweismaterial gegen Ihre Tochter vorliegt. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, daß sie die Morde begangen hat.«

»O mein Gott«, sagte Dr. Patterson. »Dann - dann ist sie also schuldig?«

»Nein. Ich glaube nämlich nicht, daß sie wußte, was sie tat, als sie die Morde begangen hat. Sie stand unter dem Einfluß einer anderen Persönlichkeit. Ashley hatte keinerlei Grund, die Taten zu begehen. Sie hatte kein Motiv, und sie war ihrer Sinne nicht mächtig. Meiner Meinung dürfte es der Staatsanwaltschaft sehr schwerfallen, ihr ein Motiv oder einen Vorsatz nachzuweisen.«

»Dann werden Sie die Verteidigung also darauf -«

David fiel ihm ins Wort. »Ich werde sie nicht verteidigen. Ich besorge Ihnen Jesse Quiller. Er ist ein hervorragender Strafverteidiger. Ich habe früher mit ihm zusammengearbeitet, und er ist der beste -«

»Nein«, versetzte Dr. Patterson mit schneidender Stimme. »Sie müssen Ashley verteidigen.«

»Sie verstehen das nicht«, hakte David geduldig nach. »Ich bin nicht der geeignete Verteidiger. Sie braucht -«

»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß Sie der einzige sind, dem ich vertraue. Meine Tochter ist mein ein und alles, David. Sie müssen ihr das Leben retten.«

»Ich kann nicht. Ich habe nicht die nötige Erfahrung -«

»Selbstverständlich. Sie waren doch Strafverteidiger.«

»Ja, aber ich -«

»Ich will keinen anderen.«

Das ist doch unsinnig, dachte David. Er versuchte es erneut. »Jesse Quiller ist der beste -«

Dr. Patterson beugte sich vor. »David, Sie haben sehr an Ihrer Mutter gehangen. Ich hänge sehr an Ashley. Sie haben mich einst um Hilfe gebeten und das Leben Ihrer Mutter in meine Hände gelegt. Jetzt bitte ich Sie um Hilfe, und ich lege Ashleys Leben in Ihre Hände. Ich möchte, daß Sie Ashley verteidigen. Das sind Sie mir schuldig.«

Er will überhaupt nicht zuhören, dachte David verzweifelt. Was ist nur los mit ihm? Ihm fielen zig Einwände ein, aber gegen diesen einen Satz wirkten sie allesamt wie kümmerliche Ausflüchte. Das sind Sie mir schuldig. David versuchte es ein letztes Mal. »Dr. Patterson -«

»Ja oder nein, David?«

13

Sandra empfing David in der Tür, als er nach Hause kam.

»Guten Abend, Liebster.«

Mein Gott, ist sie bezaubernd, dachte er, als er sie in die Arme schloß. Welcher Trottel hat bloß behauptet, schwangere Frauen wären nicht schön?

»Der Kleine hat heute wieder ausgekeilt«, sagte Sandra aufgeregt. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. »Spürst du ihn?«

»Nein«, sagte David nach einer Weile. »Das ist ein kleiner Sturkopf.«

»Mr. Crowther hat übrigens angerufen.«

»Crowther?«

»Der Immobilienmakler. Die Papiere liegen zur Unterschrift bereit.«

David hatte einen Moment lang ein flaues Gefühl im Magen. »Oh.«

»Ich muß dir was zeigen«, sagte sie eifrig. »Warte mal kurz.«

David schaute ihr nach, als sie ins Schlafzimmer stürmte. Was soll ich bloß machen? dachte er. Ich muß mich entscheiden.

Sandra kehrte mit etlichen Tapetenmusterbogen ins Wohnzimmer zurück. »Das Kinderzimmer tapezieren wir blau und das Wohnzimmer blau-weiß. Deine Lieblingsfarben. Welchen Farbton möchtest du, den helleren oder den dunkleren?«

David konnte sich nur mühsam konzentrieren. »Der hellere gefällt mir gut.«

»Mir auch. Das einzige Problem dabei ist, daß wir einen dunkelblauen Teppichboden bekommen. Meinst du, daß die Farben zusammenpassen?«

Ich kann auf die Ernennung zum Gesellschafter nicht verzichten. Ich habe zu hart dafür gearbeitet. Sie bedeutet mir zu viel. viel.