Выбрать главу

»David. Meinst du, sie werden zusammenpassen?«

Er blickte sie an. »Was? Oh. Ja. Wie du meinst, mein Schatz.«

»Ich bin ja so aufgeregt. Es wird bestimmt wunderbar.«

Wenn ich nicht zum Gesellschafter ernannt werde, können wir uns das nie im Leben leisten.

Sandra blickte sich in der kleinen Wohnung um. »Ein paar von den Möbeln hier können wir mitnehmen, aber ich fürchte, wir brauchen etliche neue Sachen.« Sie schaute ihn besorgt an. »Wir schaffen das doch, nicht wahr, Liebster? Ich möchte nicht, daß wir uns übernehmen.«

»Ganz recht«, erwiderte David geistesabwesend.

Sie kuschelte sich an seine Schulter. »Es wird ein ganz anderes Leben werden, nicht? Wir haben ein Baby, du bist Gesellschafter, und wir wohnen in einem Penthaus. Ich war heute noch mal dort. Ich wollte mir den Spielplatz und die Schule ansehen. Der Spielplatz ist wunderbar. Es gibt Rutschen und Schaukeln und Klettergerüste. Ich möchte, daß du Sonnabend mitkommst und ihn dir anschaust. Jeffrey wird begeistert sein.«

Vielleicht kann ich Kincaid davon überzeugen, daß die Kanzlei von dieser Sache profitieren könnte.

»Die Schule macht einen guten Eindruck. Sie ist nur zwei Straßen von unserer Wohnung entfernt, und sie ist nicht zu groß. Ich halte das für wichtig.«

Ich darf sie nicht enttäuschen, dachte David, während er ihr zuhörte. Ich darf ihr diesen Traum nicht kaputtmachen. Morgen früh erkläre ich Kincaid, daß ich den Fall Patterson nicht übernehmen werde. Patterson muß sich jemand anders suchen.

»Wir müssen uns fertig machen, Liebster. Wir sollen um acht bei den Quillers sein.«

Das war der Augenblick der Wahrheit. David spürte, wie er sich innerlich verkrampfte. »Ich muß etwas mit dir bereden.«

»Ja?« »Ich habe heute morgen Ashley Patterson besucht.«

»Ja? Erzähl schon. Ist sie schuldig? Hat sie diese schrecklichen Taten begangen?«

»Ja und nein.«

»Typisch Anwalt. Was soll das heißen?«

»Sie hat die Morde zwar begangen - aber sie ist nicht schuldig.«

»David -!«

»Ashley ist krank. Sie leidet an einer sogenannten multiplen Persönlichkeitsstörung. Das ist eine Art Bewußtseinsspaltung, die dazu führt, daß sie mitunter Dinge tut, ohne etwas davon zu wissen.«

Sandra starrte ihn an. »Wie furchtbar.«

»Es gibt noch zwei andere Persönlichkeiten. Ich habe beide gehört.«

»Du hast sie gehört

»Ja. Und es gibt sie wirklich. Ich meine, daß sie uns nichts vormacht.«

»Und sie hatte keine Ahnung, daß sie -?«

»Nicht die geringste.«

»Ist sie schuldig oder nicht?«

»Darüber muß das Gericht urteilen. Aber ihr Vater will nicht mit Jesse Quiller reden, folglich muß ich ihm einen anderen Anwalt besorgen.«

»Aber Jesse ist der Beste. Wieso will er nicht mit ihm reden?«

David zögerte. »Er möchte, daß ich sie verteidige.«

»Aber du hast ihm doch sicher erklärt, daß du das nicht kannst.«

»Natürlich.«

»Dann -?«

»Er will es nicht wahrhaben.«

»Was hat er gesagt, David?«

Er schüttelte den Kopf. »Ist doch egal.« »Was hat er gesagt?«

»Er hat gesagt«, erwiderte David langsam, »daß ich ihm seinerzeit vertraut hätte, als es um das Leben meiner Mutter ging. Und jetzt, wo es um das Leben seiner Tochter ginge, setzt er sein ganzes Vertrauen in mich, und er hat mich inständig gebeten, sie zu retten.«

Sandra schaute ihn prüfend an. »Meinst du, du kannst das?«

»Ich weiß es nicht. Kincaid will nicht, daß ich den Fall übernehme. Wenn ich ihn trotzdem annehme, werde ich womöglich kein Gesellschafter.«

»Oh.«

Eine ganze Weile schwiegen sie beide.

»Ich muß mich entscheiden«, sagte David schließlich. »Ich kann Dr. Patterson absagen und Gesellschafter in der Kanzlei werden. Oder aber ich verteidige seine Tochter, nehme unter Umständen unbezahlten Urlaub und sehe hinterher, wie es weitergeht.«

Sandra hörte ihm ruhig zu.

»Es gibt weitaus erfahrenere Anwälte, die Ashley vertreten könnten, aber aus irgendeinem Grund will ihr Vater nichts davon wissen. Ich habe keine Ahnung, weshalb er sich so stur stellt, aber er tut es nun mal. Wenn ich den Fall übernehme und nicht zum Gesellschafter ernannt werde, wird nichts aus dem Umzug. Dann können wir all unsere großartigen Pläne vergessen, Sandra.«

»Ich kann mich noch erinnern, wie du mir vor unserer Hochzeit von ihm erzählt hast«, sagte Sandra leise. »Er war einer der begehrtesten Ärzte auf der ganzen Welt, aber er hat sich die Zeit genommen und einem jungen Mann geholfen, der keinen Pfennig in der Tasche hatte. Du hast ihn verehrt, David. Du hast gesagt, wenn wir je einen Sohn bekommen sollten, möchtest du, daß er so wird wie Steven Patterson.«

David nickte.

»Bis wann mußt du dich entscheiden?«

»Ich habe morgen früh eine Besprechung mit Kincaid.«

Sandra ergriff seine Hand. »Soviel Zeit brauchst du gar nicht«, sagte sie. »Dr. Patterson hat deine Mutter gerettet. Jetzt wirst du seine Tochter retten.« Sie lächelte. »Außerdem können wir jederzeit auch diese Wohnung blau-weiß tapezieren.«

Jesse Quiller war einer der angesehensten Strafverteidiger im ganzen Land. Er war ein hochaufgeschossener, kernig wirkender Mann, der etwas Schlichtes ausstrahlte, das bei den Geschworenen gut ankam. Sie hatten das Gefühl, daß er einer von ihnen war, jemand, dem man helfen mußte. Das war einer der Gründe dafür, daß er nur selten einen Prozeß verlor. Außerdem hatte er ein geradezu fotografisches Gedächtnis, und er war ein brillanter Anwalt.

Statt in Urlaub zu fahren, lehrte Quiller während des Sommers Strafrecht, und vor einigen Jahren war David einer seiner Studenten gewesen. Als er sein Examen bestanden hatte, hatte Quiller ihm angeboten, daß er in seine Kanzlei eintreten könnte, und zwei Jahre später war David Sozius geworden. David war mit Leib und Seele Strafrechtler und ein ausgezeichneter Verteidiger obendrein. Außerdem achtete er darauf, daß er zehn Prozent seiner Fälle unentgeltlich vertrat. Drei Jahre nach der Ernennung zum Sozius war David plötzlich ausgeschieden und als Wirtschaftsanwalt in die Dienste von Kincaid, Turner, Rose & Ripley getreten.

David und Quiller waren über die Jahre hinweg gute Freunde geblieben. Einmal pro Woche trafen sie sich zusammen mit ihren Frauen zum Abendessen.

Jesse Quiller hatte immer eine Vorliebe für große, schlanke und elegante Blondinen gehabt. Dann hatte er Emily kennengelernt und sich prompt in sie verliebt. Emily, die von einer Farm in Iowa stammte, war eher ein Pummelchen und hatte frühzeitig graue Haare bekommen - das glatte Gegenteil von den Frauen, mit denen Quiller bis dahin gegangen war. Doch sie war fürsorglich, ganz der mütterliche Typ. Sie gaben ein ungleiches Paar ab, doch sie führten eine glückliche Ehe, weil sie sich von Herzen liebten.

Jeden Dienstag trafen sich die Singers und die Quillers zum Abendessen, und anschließend spielten sie Liverpool, ein kompliziertes Kartenspiel. Jesse empfing Sandra und David in der Tür, als sie vor dem schmucken Haus der Quillers in der Hayes Street eintrafen.

»Kommt rein«, sagte er und drückte Sandra an sich. »Der Sekt ist schon kalt gestellt. Ist ein großer Tag für euch, was? Das neue Penthaus, dazu die Ernennung zum Gesellschafter. Oder ist die Reihenfolge umgekehrt?«

David und Sandra blickten einander an.

»Emily ist in der Küche und bereitet das Festmahl zu.« Er schaute sie an. »Ich nehme doch an, daß es ein Festmahl ist. Oder ist mir irgendwas entgangen?«

»Nein, Jesse«, sagte David. »Es könnte nur sein, daß es ein -ein paar Komplikationen gibt.«