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»Los, kommt rein. Darf ich dir was zu trinken anbieten?« Er blickte Sandra an.

»Nein, danke. Ich möchte nicht, daß der Kleine schlechte Angewohnheiten annimmt.«

»Der kann froh sein, daß er Eltern wie euch hat«, erwiderte Quiller herzlich. Er wandte sich an David. »Was darf ich dir bringen?«

»Vorerst nichts, danke.«

Sandra ging zur Küche. »Ich will mal sehen, ob ich Emily helfen kann.«

»Setz dich, David. Du wirkst so ernst.«

»Ich stecke in einer Zwickmühle«, räumte David ein.

»Laß mich mal raten. Geht’s um das Penthaus oder um den Gesellschaftervertrag?«

»Um beides.« »Beides?«

»Ja. Weißt du über den Fall Patterson Bescheid?«

»Ashley Patterson? Klar. Aber was hast du denn damit -?« Er stockte. »Moment mal. Du hast mir von Steven Patterson erzählt. Als du noch studiert hast. Er hat deiner Mutter das Leben gerettet.«

»Ja. Er möchte, daß ich seine Tochter verteidige. Ich habe versucht, die Sache auf dich abzuwälzen, aber er will nichts davon wissen.«

Quiller runzelte die Stirn. »Weiß er, daß du nicht mehr als Strafverteidiger tätig bist?«

»Ja. Genau das ist ja das Merkwürdige. Es gibt zig Anwälte, die viel mehr von der Sache verstehen als ich.«

»Weiß er, daß du Strafverteidiger warst?«

»Ja.«

»Welches Verhältnis hat er zu seiner Tochter?« erkundigte sich Quiller.

Eine seltsame Frage, dachte David. »Sie ist sein ein und alles.«

»Okay. Angenommen, du übernimmst den Fall. Der Haken dabei ist, daß -«

»Der Haken dabei ist, daß Kincaid es nicht will. Ich habe das Gefühl, daß ich den Gesellschafter vergessen kann, wenn ich den Fall übernehme.«

»Aha. Und damit wären wir beim Penthaus.«

»Damit wären wir bei allem, was ich mir für die Zukunft vorgenommen habe«, versetzte David aufgebracht. »Ich wäre doch dumm, wenn ich das täte, Jesse. Saudumm sogar!«

»Weshalb wirst du denn so sauer?«

David holte tief Luft. »Weil ich es trotzdem tun werde.«

Quiller lächelte. »Wieso überrascht mich das nicht im geringsten?«

David strich sich über die Stirn. »Wenn ich ablehne und seine Tochter wird verurteilt und hingerichtet, ohne daß ich einen Finger gerührt habe, könnte ich - damit könnte ich nicht leben.«

»Ist mir schon klar. Wie steht Sandra dazu?«

David rang sich ein Lächeln ab. »Du kennst doch Sandra.«

»Jawohl. Sie möchte, daß du es machst.«

»Ganz recht.«

Quiller beugte sich vor. »Ich unterstütze dich, so gut ich kann, David.«

David seufzte. »Nein. Das kommt erschwerend hinzu. Ich muß das allein erledigen.«

Quiller runzelte die Stirn. »Aber das ist doch unsinnig.«

»Ich weiß. Auch das habe ich Dr. Patterson zu erklären versucht, aber er wollte nicht hören.«

»Hast du Kincaid schon Bescheid gesagt?«

»Ich habe morgen früh eine Besprechung mit ihm.«

»Was meinst du, wie er reagiert?«

»Ich weiß genau, wie er reagiert. Er wird mir raten, den Fall nicht zu übernehmen, und wenn ich darauf bestehe, wird er mich auffordern, unbezahlten Urlaub zu nehmen.«

»Laß uns morgen mittag essen gehen. Um eins im Rubicon.«

David nickte. »Gut.«

Emily kam aus der Küche und wischte sich die Hände an einem Trockentuch ab. David und Quiller standen auf.

»Hallo, David.« Emily kam auf ihn zugestürmt, und er gab ihr einen Kuß auf die Wange.

»Ich hoffe, ihr seid hungrig. Das Essen ist gleich fertig. Sandra hilft mir in der Küche. Sie ist ein richtiger Schatz.« Sie schnappte sich ein Tablett und verschwand wieder in der Küche.

Quiller wandte sich wieder an David. »Emily und ich halten große Stücke auf dich. Ich will dir mal einen guten Rat geben. Du mußt loslassen.«

David saß da und sagte gar nichts.

»Es ist lange her, David. Und außerdem war es nicht deine Schuld. Das hätte jedem passieren können.«

David blickte Quiller an. »Aber es ist mir passiert, Jesse. Ich habe sie auf dem Gewissen.«

Er hatte alles wieder vor Augen. Wie so oft weilte er in der Vergangenheit, an einem anderen Ort.

Es ging um eine Pflichtverteidigung, und David hatte zu Quiller gesagt: »Das übernehme ich.«

Helen Woodman war eine gutaussehende junge Frau, die man des Mordes an ihrer reichen Stiefmutter beschuldigte. Die beiden hatten sich in aller Öffentlichkeit bis aufs Blut gestritten, doch die Beweise, die gegen Helen ins Feld geführt wurden, waren reine Indizien. Nachdem David sie im Gefängnis aufgesucht hatte, war er von ihrer Unschuld überzeugt. Je öfter er mit ihr sprach, desto sympathischer wurde sie ihm. Zu guter Letzt hatte er gegen eine der Grundregeln verstoßen: Verliebe dich nie in deine Mandantschaft.

Der Prozeß war gut gelaufen. David hatte die Argumente des Staatsanwalts Stück für Stück entkräftet, und am Ende der Beweisaufnahme war es ihm gelungen, die Geschworenen für seine Mandantin einzunehmen. Doch dann, als die Anklage wieder am Zuge war, kam es zur Katastrophe. Helen hatte angegeben, daß sie zum Zeitpunkt des Mordes mit einem Freund im Kino gewesen sei. Doch bei seiner Aussage vor Gericht gab der Freund zu, daß er ihr ein falsches Alibi verschafft hatte. Außerdem meldete sich eine Zeugin, die Helen zum Zeitpunkt des Mordes vor der Wohnung ihrer Stiefmutter gesehen hatte. Damit war Helens Glaubwürdigkeit erschüttert. Die Geschworenen sprachen sie schuldig, und der Richter verurteilte sie zum Tode. David war am Boden zerstört.

»Warum haben Sie mir das nur angetan?« herrschte er sie an. »Wieso haben Sie mich angelogen?«

»Ich habe meine Stiefmutter nicht umgebracht, David. Ich bin in ihrer Wohnung gewesen und habe sie tot aufgefunden.

Ich hatte Angst, Sie könnten mir nicht glauben, deshalb -deshalb habe ich mir die Geschichte mit dem Kinobesuch ausgedacht.«

Er stand da und hörte ihr mit spöttischer Miene zu.

»Das ist die Wahrheit, David.«

»Wirklich?« Er drehte sich um und stürmte hinaus.

In der gleichen Nacht beging Helen Selbstmord.

Eine Woche später gestand ein Ex-Sträfling, den man bei einem Einbruch ertappt hatte, den Mord an Helens Stiefmutter.

Am nächsten Tag schied David aus der Kanzlei aus. Jesse Quiller hatte bis zuletzt versucht, es ihm auszureden.

»Es war nicht deine Schuld, David. Sie hat dich angelogen, und -«

»Genau das ist es ja. Ich hab’ mich von ihr anlügen lassen. Ich habe meine Arbeit nicht gemacht. Ich habe nicht dafür gesorgt, daß sie mir die Wahrheit sagt. Ich wollte ihr glauben, und dadurch habe ich sie reingeritten.«

Zwei Wochen später trat David in die Dienste von Kincaid, Turner, Rose & Ripley.

»Ich will nie mehr für das Leben eines anderen Menschen verantwortlich sein«, hatte sich David geschworen.

Und jetzt sollte er Ashley Patterson verteidigen.

14

Am nächsten Morgen um zehn Uhr fand sich David in Joseph Kincaids Büro ein. Kincaid, der gerade etliche Papiere unterzeichnete, blickte kurz auf, als David eintrat.

»Ah. Nehmen Sie Platz, David. Ich bin gleich soweit.«

David setzte sich und wartete.

Kincaid lächelte ihn an, als er fertig war. »Nun denn? Sie überbringen mir doch bestimmt eine gute Nachricht, nicht wahr?«

Eine gute Nachricht schon, dachte David. Fragt sich nur, für wen.

»Sie haben hier hervorragende Aussichten, David, und ich bin davon überzeugt, daß Sie sich Ihre Zukunft nicht verbauen wollen. Wir haben noch viel vor mit Ihnen.«

David schwieg. Er überlegte sich, wie er es ihm beibringen sollte.