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»Nun?« sagte Kincaid. »Haben Sie Dr. Patterson gesagt, daß Sie ihm einen anderen Anwalt beschaffen?«

»Nein. Ich habe beschlossen, daß ich sie verteidigen werde.«

Kincaids Lächeln verflog. »Haben Sie allen Ernstes vor, diese Frau zu verteidigen, David? Sie ist eine gemeine, kranke Mörderin. So etwas färbt auch auf den Verteidiger ab.«

»Ich habe mich nicht darum gerissen, Joseph. Aber ich stehe in der Pflicht. Ich habe Dr. Patterson sehr viel zu verdanken, und nur auf diese Weise kann ich es wiedergutmachen.«

Kincaid schwieg einen Moment. »Wenn Sie sich allen Ernstes dafür entschieden haben«, sagte er schließlich, »würde ich vorschlagen, daß Sie sich unbezahlt beurlauben lassen.«

Von wegen Gesellschafter. Nichts war’s damit.

»Wenn der Prozeß ausgestanden ist, erwarten wir Sie natürlich zurück. Mitsamt der fälligen Ernennung zum Gesellschafter.«

David nickte. »Natürlich.«

»Collins wird unterdessen Ihre Arbeit erledigen. Sie wollen sich doch sicherlich auf den Prozeß vorbereiten.«

Eine halbe Stunde später trafen sich die Gesellschafter von Kincaid, Turner, Rose & Ripley zu einer Besprechung.

»Wir können es uns nicht leisten, daß die Kanzlei in so ein Verfahren hineingezogen wird«, wandte Henry Turner ein.

»Wir werden doch gar nicht hineingezogen«, versetzte Joseph Kincaid. »Der junge Mann ist beurlaubt.«

»Meiner Meinung nach sollten wir uns von ihm trennen«, warf Albert Rose ein.

»Noch nicht. Das wäre kurzsichtig. Dr. Patterson könnte sich für uns noch durchaus als lohnend erweisen. Er kennt Gott und die Welt, und er ist uns garantiert dankbar dafür, daß wir ihm David zur Verfügung gestellt haben. Wir können davon nur profitieren, unabhängig davon, wie der Prozeß ausgeht. Läuft es gut, haben wir einen potenten Mandanten gewonnen und ernennen Singer zum Gesellschafter. Wenn die Sache schiefgeht, lassen wir Singer fallen und sehen zu, daß wir den Doktor trotzdem an uns binden können. Damit gehen wir keinerlei Risiko ein.«

Eine Zeitlang schwiegen alle, dann blickte John Ripley grinsend auf. »Du hast recht, Joseph.«

Nach der Unterredung mit Kincaid fuhr David zu Steven Patterson. Er hatte sich telefonisch angekündigt, und der Arzt erwartete ihn bereits.

»Nun, David?«

Ab jetzt wird sich mein ganzes Leben ändern, dachte David. Und nicht unbedingt zum Besseren. »Ich werde Ihre Tochter verteidigen, Dr. Patterson.«

Steven Patterson holte tief Luft. »Ich wußte es. Darauf hätte ich mein Leben gesetzt.« Er zögerte einen Moment. »Jetzt setze ich das Leben meiner Tochter darauf.«

»Meine Kanzlei hat mich beurlaubt. Außerdem hat mir einer der besten Strafverteidiger im ganzen Land seine Unter-«

Dr. Patterson hob die Hand. »David, ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Ich möchte nicht, daß jemand anders hinzugezogen wird. Sie werden sie vertreten, Sie allein.«

»Ich weiß«, sagte David. »Aber Jesse Quiller ist -«

Dr. Patterson erhob sich. »Ich möchte nichts mehr von einem Jesse Quiller oder irgendwem sonst hören. Ich kenne mich aus mit Strafverteidigern, David. Denen geht es nur um Geld und Ruhm. Hier geht es aber nicht um Geld und Ruhm. Hier geht es um Ashley.«

David wollte etwas sagen, unterließ es aber. Es gab nichts, was er hätte sagen können. Der Mann war völlig vernagelt. Dabei könnte ich jede Unterstützung gebrauchen, dachte David. Was hat er nur dagegen?

»Habe ich mich deutlich ausgedrückt?«

David nickte. »Ja.«

»Ich komme selbstverständlich für Ihr Honorar und die Unkosten auf.«

»Nein. Ich mache es umsonst.«

Dr. Patterson musterte ihn einen Moment lang, dann nickte er. »Eine Hand wäscht die andere, was?«

»Eine Hand wäscht die andere.« David rang sich ein Lächeln ab. »Haben Sie einen Führerschein?«

»David, wenn Sie sich beurlauben lassen, brauchen Sie zumindest eine Unkostenpauschale, damit Sie über die Runden kommen. Ich bestehe darauf.«

»Wie Sie wollen«, sagte David.

Damit haben wir wenigstens etwas zu beißen, solange der Prozeß läuft.

Jesse Quiller wartete im Rubicon bereits auf ihn.

»Wie ist es gelaufen?«

David seufzte. »Wie vorauszusehen war. Ich bin beurlaubt, ohne Gehalt.«

»Mistbagage. Was bilden die -«

David fiel ihm ins Wort. »Ich kann es ihnen nicht verübeln. Es ist eine sehr konservative Kanzlei.«

»Was hast du jetzt vor?«

»Was meinst du damit?«

»Was ich damit meine? Du hast den Prozeß des Jahrhunderts am Hals. Aber du hast keine Kanzlei, keinerlei Zugang zu irgendwelchen Akten oder Unterlagen, du hast weder die entsprechende Literatur noch ein Faxgerät, und den Steinzeitcomputer, der bei euch zu Hause rumsteht, kenne ich nur zu gut. Auf dem läuft ja nicht mal die Software, die du brauchst, und ins Internet kommst du mit dem auch nicht.«

»Ich komme schon klar«, sagte David.

»Selbstverständlich kommst du klar. In meiner Kanzlei ist ein Büro frei. Du kannst dich dort einnisten. Dort findest du alles, was du brauchst.«

David verschlug es einen Moment lang die Sprache. »Jesse, das kann ich nicht -«

»Kannst du wohl.« Quiller grinste. »Du wirst mir das schon irgendwie vergelten. Du revanchierst dich doch immer, nicht wahr, du heiliger David?« Er griff zur Speisekarte. »Mann, hab’ ich einen Hunger.« Er blickte auf. »Das Essen geht übrigens auf dich.«

Tags darauf fuhr David zum Bezirksgefängnis von Santa Clara und besuchte Ashley.

»Guten Morgen, Ashley.«

»Guten Morgen.« Sie wirkte noch blasser als sonst. »Mein Vater war heute morgen hier. Er hat gesagt, daß Sie mich rausholen werden.«

Ich wünschte, ich wäre da genauso zuversichtlich, dachte David. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, Ash-ley«, erwiderte er. »Wir müssen unser Augenmerk vor allem darauf richten, daß die meisten Menschen noch nie etwas von Ihrer Krankheit gehört haben. Das heißt, daß wir sie aufklären müssen. Wir werden die weltweit besten Sachverständigen aufbieten und sie zu Ihren Gunsten aussagen lassen.«

»Es macht mir solche angst«, flüsterte Ashley.:

»Was?«

»Es ist, als steckten zwei andere Menschen in mir, die ich überhaupt nicht kenne.« Ihre Stimme bebte. »Die können jederzeit wieder durchbrechen, ohne daß ich etwas dagegen tun kann. Ich fürchte mich so.« Tränen standen ihr in den Augen.

»Das sind keine anderen Menschen, Ashley«, sagte David leise. »Sie gehören zu Ihnen. Sie sind ein Teil Ihres Wesens. Und mit der entsprechenden Behandlung werden Sie auch wieder geheilt.«

Sandra umarmte ihn, als David an diesem Abend nach Hause kam. »Hab’ ich dir schon gesagt, wie stolz ich auf dich bin?«

»Weil ich mich um Lohn und Brot gebracht habe?« fragte David.

»Unter anderem. Mr. Crowther hat noch mal angerufen.«

»Crowther?«

»Der Immobilienmakler. Er wollte wissen, wann wir zur Unterschrift vorbeikommen. Außerdem sind die sechzigtausend Dollar Anzahlung fällig. Ich fürchte, wir müssen ihm mitteilen, daß wir uns das derzeit nicht leisten -«

»Moment! Soviel habe ich in etwa in meiner Rentenkasse. Wenn Dr. Patterson uns zwischendurch etwas zuschießt, könnten wir es vielleicht trotzdem schaffen.«

»Das ist doch nicht so wichtig, David. Wir wollen doch sowieso kein verzogenes Balg, das in einem Penthaus aufwächst.«

»Na ja, es gibt auch was Gutes zu berichten. Jesse will mir ein -« »Ich weiß. Ich habe mit Emily gesprochen. Wir mieten uns in Jesses Kanzlei ein.«

»Wir?«

»Denk dran, daß du mit einer Kanzleigehilfin verheiratet bist. Ich mein’s ernst, Liebster. Ich kann mich nützlich machen. Ich geh’ dir zur Hand, bis -«, sie legte die Hand auf ihren Bauch -»bis Jeffrey zur Welt kommt. Danach sehen wir weiter.«