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»Mrs. Singer, wissen Sie überhaupt, wie sehr ich Sie liebe?«

»Nein. Aber laß dir Zeit. Das Abendessen ist erst in einer Stunde fertig.«

»Eine Stunde reicht nicht«, erwiderte David.

Sie legte ihm den Arm um die Schulter. »Wieso ziehst du dich nicht aus, Liebster?«

»Was?« Er zuckte zurück und schaute sie besorgt an. »Was ist mit - was meint Dr. Bailey dazu?«

»Der Doktor sagt, wenn du dich nicht sofort ausziehst, soll ich über dich herfallen.«

David grinste. »Sein Wort ist mir Befehl.«

Am nächsten Morgen zog David in sein Zimmer in Jesse Quillers Kanzlei ein. Es war ein zweckmäßig eingerichteter Raum im hinteren Teil einer Büroetage.

»Wir haben ein bißchen expandiert, seit du das letztemal hiergewesen bist«, erklärte ihm Jesse. »Aber du findest dich bestimmt zurecht. Die Bibliothek ist gleich nebenan, außerdem stehen dir sämtliche Faxgeräte und Computer zur Verfügung. Alles, was du brauchst. Wenn du dich nicht zurechtfindest, mußt du nur Bescheid sagen.«

»Danke«, sagte David. »Ich - ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll.«

Jesse lächelte. »Du wirst dich schon revanchieren - wie wir gesagt haben.«

Kurz darauf kam Sandra hinzu. »Ich bin soweit«, sagte sie. »Womit wollen wir anfangen?«

»Zunächst mal klären wir die Rechtslage. Dazu müssen wir uns sämtliche andere Fälle vornehmen, bei denen Menschen mit multipler Persönlichkeitsstörung vor Gericht standen. Im Internet finden wir dazu vermutlich tonnenweise Material, zum Beispiel bei den darüber zugängigen Publikationen, den gerichtsspezifischen Websites und den juristischen Anlaufstellen, und dann wollen wir doch mal sehen, was dabei rausspringt. Anschließend nehmen wir uns die Psychologen vor, die sich auf so etwas spezialisiert haben, und sehen zu, daß wir sie als Sachverständige gewinnen. Wir müssen sie befragen und feststellen, ob ihre Aussagen unsere Argumente untermauern können. Außerdem muß ich mich wieder in die Strafprozeßordnung einlesen und mich aufs Kreuzverhör vorbereiten. Und wir müssen feststellen, welche Zeugen die Anklage aufbietet und was sie aussagen werden. Wir müssen über alles Bescheid wissen.«

»Wir müssen uns aber auch offenbaren. Hast du vor, Ashley in den Zeugenstand zu rufen?«

David schüttelte den Kopf. »Das möchte ich ihr nicht zumuten. Der Staatsanwalt würde ihr zu sehr zusetzen.« Er blickte zu Sandra auf. »Das wird alles andere als leicht.«

Sandra lächelte. »Aber du wirst den Prozeß gewinnen. Das weiß ich doch.«

David rief Harvey Udell an, den kaufmännischen Leiter von Kincaid, Turner, Rose & Ripley. »Harvey, David Singer hier.«

»Hallo, David. Ich habe gehört, daß Sie uns eine Weile verlassen wollen.«

»Ja.«

»Sie übernehmen da einen interessanten Fall. Die Zeitungen berichten ständig davon. Was kann ich für Sie tun?«

»Ich habe doch sechzigtausend Dollar in meiner Rentenkasse, Harvey. Eigentlich wollte ich die ja nicht so früh in Anspruch nehmen, aber Sandra und ich haben uns gerade ein Penthaus gekauft, und ich brauche das Geld für die Anzahlung.«

»Ein Penthaus. Na denn, meinen Glückwunsch.«

»Danke. Wir rasch kann ich an das Geld rankommen?«

Udell zögerte einen Moment. »Kann ich Sie zurückrufen?«

»Natürlich.« David nannte ihm die Telefonnummer.

»Ich melde mich gleich zurück.«

»Danke.«

Harvey Udell legte den Hörer auf. Dann griff er erneut zum Telefon. »Bestellen Sie Mr. Kincaid, daß ich ihn sprechen möchte.«

Eine halbe Stunde später saß er in Joseph Kincaids Büro. »Worum geht’s, Harvey?«

»David Singer hat gerade bei mir angerufen, Mr. Kincaid. Er hat sich ein Penthaus gekauft, und er benötigt die sechzigtausend Dollar, die er in seine Altersversorgung eingezahlt hat, für die Anzahlung. Meiner Ansicht nach sind wir nicht dazu verpflichtet, ihm das Geld jetzt auszuhändigen. Er ist beurlaubt und hat keinen -«

»Ob er sich wohl darüber im klaren ist, wie hoch die laufenden Kosten für so ein Penthaus sind?«

»Vermutlich nicht. Ich teile ihm einfach mit, daß wir nicht dazu -«

»Geben Sie ihm das Geld.«

Harvey schaute ihn erstaunt an. »Aber wir sind nicht dazu -«

Kincaid beugte sich vor. »Wir wollen ihm doch dabei helfen, wenn er sich unbedingt eine Grube graben will. Sobald er eine Anzahlung für das Penthaus geleistet hat, haben wir ihn in der Hand.«

Harvey Udell rief David zurück. »Ich habe eine gute Nachricht für Sie, David. Sie wollen das Geld, das Sie in Ihre Altersversorgung eingezahlt haben, zwar ein bißchen früh abheben, aber das sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Mr. Kincaid sagt, Sie können soviel haben, wie Sie wollen.«

»Mr. Crowther. David Singer hier.«

»Ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet, Mr. Singer.«

»Die Anzahlung für das Penthaus ist unterwegs. Morgen müßten Sie sie vorliegen haben.«

»Wunderbar. Es gibt, wie gesagt, noch andere Leute, die scharf darauf sind, aber ich habe das Gefühl, daß Sie und Ihre Frau Gemahlin genau die Richtigen sind. Sie werden dort bestimmt sehr glücklich werden.«

Dazu müssen nur noch ein paar Dutzend Wunder geschehen, dachte David.

Ashley Pattersons Haftprüfungstermin fand vor dem Gericht des Bezirks Santa Clara in der North First Street in San Jose statt. Zuvor hatte es ein wochenlanges juristisches Gerangel um die Frage der Zuständigkeit gegeben. Die Entscheidung wurde vor allem dadurch erschwert, daß die Morde in zwei Ländern und zwei Bundesstaaten verübt worden waren. Schließlich wurde in San Francisco eine Besprechung anberaumt, an der Detective Guy Fontaine vom Polizeipräsidium Quebec, Sheriff Dowling vom Bezirk Santa Clara, Detective Eagan aus Bed-ford, Pennsylvania, Captain Rudford vom San Francisco Police Department und Roger Toland, der Polizeichef von San Jose, teilnahmen.

»Wir würden gern in Quebec gegen sie verhandeln«, sagte Detective Fontaine, »weil wir eindeutige Beweise dafür haben, daß sie schuldig ist. Dort kann sie den Prozeß auf keinen Fall gewinnen.«

»Das gilt für uns ganz genauso, Detective Fontaine«, wandte Detective Eagan ein. »Außerdem war Jim Cleary das erste Opfer, und das sollte meiner Meinung nach Vorrang vor allem anderen haben.«

»Meine Herren«, entgegnete Captain Rudford von der Polizei in San Francisco, »es besteht doch wohl kein Zweifel daran, daß wir alle ihre Schuld beweisen können. Aber drei der Morde fanden in Kalifornien statt, und daher sollten wir alle Fälle bündeln und den Prozeß hier führen. Dadurch bekommt die Sache viel mehr Gewicht.«

»Einverstanden«, sagte Sheriff Dowling. »Und da zwei davon im Bezirk Santa Clara verübt wurden, sollte auch die dortige Gerichtsbarkeit dafür zuständig sein.«

Die nächsten zwei Stunden diskutierten sie das Für und Wider ihrer jeweiligen Standpunkte, und zu guter Letzt beschlossen sie, daß der Prozeß wegen der Morde an Dennis Tibble, Richard Melton und Deputy Sam Blake in der Hall of Justice, dem altehrwürdigen Gerichtsgebäude von San Jose, stattfinden sollte. Ferner kamen sie überein, daß wegen der beiden anderen Fälle in Bedford und Quebec später verhandelt werden sollte.

David stand neben Ashley, als der Haftprüfungstermin eröffnet wurde.

»Worauf plädieren Sie?« fragte der Richter.

»Nicht schuldig aufgrund von Unzurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten.«

Der Richter nickte. »Na schön.«

»Euer Ehren, wir beantragen eine Freilassung auf Kaution.«

Der Vertreter der Anklagebehörde meldete sich zu Wort. »Euer Ehren, wir widersprechen dem mit allem Nachdruck. Der Beschuldigten werden drei brutale Morde zur Last gelegt, und sie muß mit der Todesstrafe rechnen. Sie würde außer Landes fliehen, wenn man ihr die Gelegenheit dazu gibt.«