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»Meine Mandantin ist nicht schuldig. Ashley Patterson hat sich einem Lügendetektortest unterzogen, bei dem eindeutig bewiesen -«

»Das will gar nichts heißen. Außerdem ist das vor Gericht nicht als Beweismittel zugelassen, wie Sie sehr wohl wissen. Der Fall hat so viel Aufsehen erregt, daß es garantiert ein langer, schmutziger Prozeß werden wird.«

»Ich bin davon überzeugt, daß -«

»Ich bin schon eine ganze Weile Richterin, Mr. Singer, und ich habe mir schon alle möglichen Einlassungen anhören müssen. Manche schützen Notwehr vor - das ist akzeptabel. Manche vorübergehende geistige Umnachtung - das ist nachvollziehbar. Andere verminderte Schuldfähigkeit ... Aber ich will Ihnen mal sagen, wovon ich gar nichts halte, Herr Rechtsanwalt. >Nicht schuldig, weil nicht ich, sondern mein Alter ego die Tat begangen hat.< Um es mit einem Begriff auszudrücken, der in keinem Rechtskommentar vorkommt - so was ist Bockmist. Ihre Mandantin hat die Straftaten entweder begangen oder nicht. Wenn sie sich zu einem Schuldeingeständnis bereit erklärt, können wir eine Menge Zeit und -«

»Nein, Euer Ehren. Nicht mit mir.«

Richterin Williams musterte David einen Moment lang. »Sie sind ziemlich stur. Manche Menschen mögen das bewundernswert finden.« Sie beugte sich nach vorn. »Ich nicht.«

»Euer Ehren -«

»Sie zwingen uns, in ein Verfahren einzutreten, das mindestens drei Monate in Anspruch nehmen wird - wenn nicht mehr.«

Brennan nickte. »Ganz meine Meinung.«

»Tut mir leid, wenn Sie den Eindruck haben -«

»Mr. Singer, ich bin nur Ihnen zuliebe hier. Wenn wir Ihrer Mandantin den Prozeß machen, wird sie sterben.«

»Moment! Sie urteilen hier im voraus, ohne daß der Fall überhaupt -«

»Ich urteile im voraus? Haben Sie das Beweismaterial gesehen?«

»Ja, ich -«

»Himmel noch mal! An sämtlichen Tatorten wurden Ashley Pattersons Fingerabdrücke und Spuren mit ihrer DNS sichergestellt. Mir ist bislang noch kein Fall untergekommen, der eindeutiger gewesen wäre. Wenn Sie an Ihrer Vorgehensweise festhalten wollen, könnte die Sache leicht zu einem Affentheater werden. Nun, das werde ich nicht zulassen. Ich dulde kein Affentheater in meinem Gerichtssaal. Erledigen wir die Sache hier und jetzt. Ich frage Sie noch einmal - werden Sie auf schuldig plädieren, wenn Ihre Mandantin dafür mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne vorzeitige Entlassung davonkommt?« »Nein«, erwiderte David halsstarrig.

Sie funkelte ihn an. »Na schön. Wir sehen uns nächste Woche.«

Er hatte sie sich zur Feindin gemacht.

15

In San Jose ging es zu wie auf dem Jahrmarkt. Pressevertreter aus aller Welt fielen in der Stadt ein. Binnen kürzester Zeit waren sämtliche Hotels ausgebucht, und etliche Journalisten waren gezwungen, sich in den umliegenden Städten Santa Clara, Sunnyvale und Palo Alto einzumieten. David wurde auf Schritt und Tritt von Reportern belagert.

»Mr. Singer, berichten Sie uns etwas über den Fall. Haben Sie vor, Ihre Mandantin für nicht schuldig zu erklären ...?«

»Werden Sie Ashley Patterson in den Zeugenstand rufen ...?«

»Stimmt es, daß die Staatsanwaltschaft für den Fall eines Schuldeingeständnisses zu einem Entgegenkommen beim Strafantrag bereit war?«

»Wird Dr. Patterson zugunsten seiner Tochter aussagen ...?« »Meine Illustrierte bietet fünfzigtausend Dollar für ein Interview mit Ihrer Mandantin .«

Mickey Brennan wurde ebenfalls von Journalisten verfolgt.

»Mr. Brennan, würden Sie uns ein paar Worte zu dem bevorstehenden Prozeß sagen?«

Brennan drehte sich um und lächelte in die Fernsehkameras. »Ja. Ich kann das Ganze in drei Worten zusammenfassen. >Wir werden gewinnend Kein weiterer Kommentar.«

»Moment! Glauben Sie, daß sie geisteskrank ist ...?«

»Hat die Staatsanwaltschaft vor, die Todesstrafe zu beantragen ...?«

»Haben Sie tatsächlich von einem glasklaren Fall gesprochen

...?«

David mietete sich in unmittelbarer Nähe des Gerichtsgebäudes von San Jose ein Büro, in dem er mit seinen Zeugen sprechen und sie auf die Verhandlung vorbereiten konnte. Er hatte beschlossen, daß Sandra bis zum Prozeßbeginn weiterhin in Quillers Kanzlei in San Francisco arbeiten sollte. Unterdessen war Dr. Salem in San Jose eingetroffen.

»Ich möchte, daß Sie Ashley noch einmal in Hypnose versetzen«, sagte David. »Wir sollten zusehen, daß wir von ihr und den anderen Persönlichkeiten soviel wie möglich erfahren, bevor der Prozeß beginnt.«

Sie trafen sich mit Ashley in einer Arrestzelle der Bezirksstrafanstalt. Sie war sichtlich darum bemüht, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. Dennoch kam sie David vor wie ein Reh, daß unverhofft vom Scheinwerferlicht eines Lastwagens erfaßt wird.

»Guten Morgen, Ashley. Sie kennen doch Dr. Salem?«

Ashley nickte.

»Er wird Sie noch einmal hypnotisieren. Ist Ihnen das recht?«

»Will er wieder mit den . den anderen sprechen?« fragte Ashley.

»Ja. Haben Sie etwas dagegen?«

»Nein. Aber ich - ich möchte nicht mit ihnen reden.«

»Ist schon gut. Das müssen Sie auch nicht.«

»Ich hasse das!« stieß Ashley ungehalten aus.

»Ich weiß«, sagte David besänftigend. »Keine Sorge. Es wird nicht lange dauern.« Er nickte Dr. Salem zu.

»Machen Sie es sich bequem, Ashley. Denken Sie dran, wie leicht es beim letztenmal ging. Versuchen Sie an nichts zu denken. Entspannen Sie sich. Hören Sie auf meine Stimme. Lösen Sie sich von allem. Sie werden müde. Ihre Augen werden schwer. Sie möchten nur noch schlafen ... Schlafen Sie ein .«

Nach zehn Minuten war sie soweit. Dr. Salem gab David ein Zeichen, worauf er sich neben Ashley stellte.

»Ich möchte mit Alette sprechen. Sind Sie da, Alette?«

Und wieder sahen sie, wie sich Ashleys Züge veränderten, weicher wurden, wie sie es schon einmal erlebt hatten. Dann ertönte wieder die zarte Stimme mit dem melodiösen italienischen Singsang.

»Buon giorno.«

»Guten Morgen, Alette. Wie geht es Ihnen?«

»Male. Es sind schwere Zeiten.«

»Leicht fällt uns das allen nicht«, versicherte ihr David, »aber alles wird wieder gut.«

»Hoffentlich.«

»Alette, ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«

»Si...«

»Haben Sie Jim Cleary gekannt?«

»Nein.«

»Haben Sie Richard Melton gekannt?«

»Ja.« Ihre Stimme war voll Trauer. »Was ihm - was ihm da zugestoßen ist -, das war einfach schrecklich.«

David warf Dr. Salem einen kurzen Blick zu. »Ja, es war schrecklich. Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen?«

»Ich habe ihn in San Francisco besucht. Wir sind ins Museum gegangen und haben hinterher gemeinsam zu Abend gegessen. Als ich aufbrechen wollte, hat er mich zu sich nach Hause eingeladen.«

»Sind Sie mitgegangen?«

»Nein. Ich wünschte, ich hätte es getan«, erwiderte Alette reumütig. »Vielleicht hätte ich ihm das Leben retten können.« Sie schwieg einen Moment. »Wir haben uns voneinander verabschiedet, dann bin ich nach Cupertino zurückgefahren.«

»Und das war das letztemal, daß Sie ihn gesehen haben?«

»Ja.«

»Vielen Dank, Alette.«

David beugte sich zu Ashley hinab. »Toni?« sagte er. »Sind Sie da, Toni? Ich möchte mit Ihnen reden.«

Und wieder veränderte sich Ashleys Gesicht. Einmal mehr verwandelte sie sich vor ihren Augen in eine andere Person. Sie wirkte mit einemmal selbstsicher, körperbewußt, aufreizend. Mit ihrer kehligen, aber durchaus tonsicheren Stimme begann sie zu singen.

»Will ich in mein Keller gehn, will mein Weinlein zapfen, steht ein bucklicht Männlein da, tut mir ‘n Krug wegschnappen.«