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Die Presse überschlug sich förmlich, sobald der Richterspruch bekannt wurde. Über Nacht war David ein Held. Er hatte einen aussichtslosen Fall angenommen und den Prozeß gewonnen.

Er rief Sandra an. »Schatz, ich -«

»Ich weiß, Liebster. Ich weiß Bescheid. Ich hab’s gerade im Fernsehen gesehen. Es ist einfach wunderbar! Ich bin ja so stolz auf dich.«

»Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß es vorüber ist. Ich komme heute abend zurück. Ich kann es kaum abwarten -«

»David ...?«

»Ja?«

»David . oooh .«

»Ja? Was ist los, mein Schatz?«

». oooh . unser Baby kommt .«

»Warte auf mich!« rief David.

Jeffrey Singer wog knapp acht Pfund, und er war das schönste Baby, das David je gesehen hatte.

»Er ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten«, sagte Sandra. »Das stimmt, nicht wahr?« David strahlte.

»Ich bin so froh, daß sich noch alles zum Guten gewendet hat«, sagte Sandra.

David seufzte. »Eine Zeitlang war ich mir da gar nicht so sicher.«

»Ich habe nie an dir gezweifelt.«

David schloß sie in die Arme. »Ich komme wieder, mein Schatz. Ich muß nur kurz meine Sachen aus der Kanzlei holen.«

In der Kanzlei Kincaid, Turner, Rose & Ripley wurde David mit aller Herzlichkeit empfangen.

»Glückwünsche, David .«

»Gute Arbeit .«

»Denen hast du es aber gezeigt .«

David ging in sein Büro. Holly war nicht mehr da. David fing an, seinen Schreibtisch auszuräumen.

»David -«

David drehte sich um. Joseph Kincaid stand in der Tür.

»Was machen Sie da?« fragte er und trat ein.

»Ich räume mein Büro. Ich wurde entlassen.«

Kincaid lächelte. »Entlassen? Selbstverständlich nicht. Nein, nein, nein. Da muß ein Mißverständnis vorliegen.« Er strahlte ihn an. »Wir ernennen Sie zum Gesellschafter, mein Junge. Genauer gesagt, wir haben bereits für heute nachmittag um drei eine Pressekonferenz mit Ihnen anberaumt.«

David schaute ihn an. »Tatsächlich?«

Kincaid nickte. »Hundertprozentig.«

»Dann sollten Sie sie lieber absagen«, erwiderte David. »Ich habe nämlich beschlossen, mich wieder auf Strafrecht zu verlegen. Jesse Quiller hat mir angeboten, als Sozius in seine Kanzlei einzutreten. Wenn man sich auf dem Gebiet betätigt, weiß man wenigstens, wer die wirklichen Verbrecher sind. Und Sie, mein guter Joey, können Ihren Gesellschaftervertrag nehmen und ihn sich sonstwohin schieben.«

Er nahm seine Siebensachen und verließ die Kanzlei.

Jesse Quiller schaute sich in dem Penthaus um. »Das ist ja große Klasse«, sagte er. »Steht euch gut zu Gesicht.«

»Danke«, sagte Sandra. Sie hörte einen Laut aus dem Kinderzimmer. »Ich schau’ lieber mal nach Jeffrey.« Und schon eilte sie nach nebenan.

Jesse Quiller blieb vor einem wunderschönen Bilderrahmen aus Sterlingsilber stehen, in dem bereits das erste Foto von Jeffrey steckte. »Der ist ja hinreißend. Wo kommt der denn her?« »Richterin Williams hat ihn geschickt.«

»Ich freue mich, daß du wieder bei mir bist«, sagte Jesse.

»Ich mich auch, Jesse.«

»Vermutlich willst du erst eine Weile ausspannen. Ruh dich ein bißchen .«

»Ja. Sandra und ich wollten mit Jeffrey rauf nach Oregon fahren und meine Eltern besuchen -«

»Heute morgen ist übrigens ein interessanter Fall bei uns gelandet, David. Eine Frau wird beschuldigt, ihre zwei Kinder ermordet zu haben. Ich halte sie für unschuldig. Leider hab’ ich droben in Washington einen anderen Fall laufen, aber ich dachte, du könntest vielleicht mal mit ihr reden und zusehen, was du davon hältst.«

DRITTES BUCH

22

Das Connecticut Psychiatric Hospital, knapp fünfundzwanzig Kilometer außerhalb von Westport gelegen, war ursprünglich der Landsitz eines reichen Holländers namens Wim Boeker gewesen, der hier, auf einem gut und gerne zwanzig Hektar großen Stück Land, im Jahre 1910 ein riesiges Herrenhaus errichtet hatte. Auf dem Grundstück befanden sich zudem eine Werkstatt, Stallungen und ein Swimmingpool. Im Jahr 1925 hatte der Staat das Anwesen gekauft und das Herrenhaus zu einer psychiatrischen Anstalt für insgesamt einhundert Patienten umgebaut. Das Gelände war von einem hohen Maschendrahtzaun umgeben, am Tor stand ein Wachmann, und sämtliche Fenster waren vergittert. Zudem hatte man in einem Teil des Hauses einen festungsartigen Sicherheitstrakt für die gemeingefährlichen Insassen eingerichtet.

Im Büro des Chefs der psychiatrischen Klinik fand gerade eine Besprechung statt. Dr. Otto Lewison, Dr. Gilbert Keller und Dr. Craig Poster redeten über eine Patientin, die demnächst eintreffen sollte.

Gilbert Keller war um die Vierzig, mittelgroß, blond, mit strahlenden grauen Augen. Er war ein angesehener Fachmann für multiple Persönlichkeitsstörungen.

Otto Lewison, der Leiter des Connecticut Psychiatric Hospitals, war um die Siebzig, ein schmucker, gepflegter kleiner Mann mit Vollbart und einem Kneifer auf der Nase.

Dr. Poster, der seit Jahren mit Dr. Keller zusammenarbeitete, verfaßte gerade ein Buch über multiple Persönlichkeitsstörungen. Sie waren in Ashley Pattersons Akte vertieft.

»Die Gute hat sich ganz schön rangehalten«, sagte Otto Le-wison. »Erst achtundzwanzig, und schon fünf Männer ermordet.« Er warf einen weiteren Blick in die Unterlagen. »Außerdem hat sie versucht, ihren Anwalt umzubringen.«

»Der reinste Traum«, versetzte Gilbert Keller trocken.

»Wir verwahren sie im Sicherheitstrakt A«, sagte Otto Lewi-son. »Jedenfalls so lange, bis wir uns ein Urteil über sie gebildet haben.«

»Wann soll sie eintreffen?« fragte Dr. Keller.

Dr. Lewisons Sekretärin meldete sich über die Gegensprechanlage. »Dr. Lewison, Ashley Patterson wird soeben eingeliefert. Soll ich sie in Ihr Büro bringen lassen?«

»Ja, bitte.« Lewison blickte auf. »Ist Ihre Frage damit beantwortet?«

Die Überführung war der reinste Alptraum gewesen. Als der Prozeß vorüber war, hatte man Ashley wieder in ihre Zelle gebracht und sie dort drei Tage lang festgehalten. Unterdessen liefen die Vorbereitungen für ihre Überstellung an die Ostküste auf Hochtouren.

Sie war mit einem Häftlingsbus zum Flughafen von Oakland gebracht worden, wo ein Flugzeug bereitstand. Es war eine eigens für Häftlingstransporte umgebaute DC-6 in Diensten des U.S. Marshals’ Service. An Bord befanden sich insgesamt vierundzwanzig Häftlinge, alle in Handschellen und Fußeisen.

Man legte Ashley die Handschellen an, und sobald sie sich hingesetzt hatte, wurden ihre Füße am Boden angekettet.

Wieso tut man mir so was an? Ich bin keine gemeine Verbrecherin. Ich bin eine ganz normale Frau. Doch eine innere Stimme sagte: Die fünf unschuldige Menschen ermordet hat.

Die Häftlinge, die mit ihr im Flugzeug saßen, waren abgebrühte Kriminelle, Männer, die wegen Mordes, Vergewaltigung, bewaffneten Raubüberfalls und diverser anderer Straftaten verurteilt worden waren und zu den besten Hochsicherheitsgefängnissen im ganzen Land gebracht wurden. Ashley war die einzige Frau an Bord.

Einer der Sträflinge schaute sie an und grinste breit. »He, Süße. Komm doch mal rüber und munter mich ein bißchen auf.«

»Ruhe da«, rief ein Wärter.

»Hey! Hast du denn keinen Funken Gefühl im Leib! Die Braut hier kriegt’s die nächsten - wie lange hat man dich verknackt, Schätzchen?«

»Juckt dir die Hummel, Süße?« sagte ein anderer Sträfling. »Wie wär’s, wenn ich einfach rüberrutsche und dir dein -?«

»Moment mal!« warf ein Dritter ein. Er starrte Ashley an. »Das is’ doch die Braut, die fünf Macker umgebracht und kastriert hat.«