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Getrieben von dem Biest in seinen finsteren Träumen, rückten die Leichen immer weiter vor. Da kamen Hunderte von toten Männern, Frauen und Kindern, gestorben in der Grenzfeste. Sie zwangen Hammer, MacNeil und Jack Schritt für Schritt zurück, bis an den Rand der Höhle, durch den Stollen und schließlich auf den Sims an der schwindelnd hohen Steilwand hinaus. Jack, der nach wie vor die Fackel hielt, ging als Erster; ihm folgte MacNeil mit der Laterne, und zum Schluss kam Hammer. Er hielt die Leichen auf Abstand und das Infernaleisen leuchtete im Dunkel strahlend hell. Sein bittergelbes Licht reflektierte in Myriaden von Kristallen, die in den Felswänden steckten. Langsam und vorsichtig zogen sich die drei Männer über den schmalen Steig zurück. Die Toten setzten ihnen nach.

Weit unten, tief in der Erde, rührte sich das Biest im Schlaf.

Flint, Wilde und der Tänzer schwangen die Schwerter mit schmerzenden Armen. Andere wären vor Erschöpfung längst umgefallen. Immer schwerer wurden ihnen ihre Schwerter, doch sie gaben nicht auf. Der Zustrom der Trolle schien nicht versiegen zu wollen. Ihre blutroten Augen glühten gefräßig. Lange, knochige Kadaver lagen am Boden verstreut, und noch hatte keines der Scheusale die Verteidiger überwinden und die Falltür erreichen können. Flint, Wilde und der Tänzer konnten sie in Schach halten, weil immer nur einige wenige gleichzeitig durch den Eingang passten. Doch es war, wie jeder wusste, nur eine Frage der Zeit, bis einer von ihnen fallen würde. Zu zweit wäre es ihnen dann nicht mehr möglich, die Trolle abzuwehren.

Der Tänzer war in seinem Element. Sein Schwert schwirrte flirrend umher und fuhr durch die Menge der Trolle wie eine Sense durch Getreide. Er grinste breit und seine Augen leuchteten in grimmer Befriedigung. Er tat, was er am besten konnte, und genoss jeden Augenblick.

Dass der Gegner von erdrückender Überlegenheit war, machte den Kampf für ihn, den Tänzer, umso prickelnder.

Flint focht an seiner Seite. Was er ihr an Geschicklichkeit und Schnelligkeit voraus hatte, machte sie durch Kraft und Ausdauer wett. Und sie kämpfte nicht nur, sondern überlegte gleichzeitig hin und her, wie sich die Trolle bezwingen lassen könnten. Allerdings ahnte sie längst, dass darauf kaum zu hoffen war. Sie gaben ihr Bestes, doch das schien nicht zu reichen. Pech. Aber darauf musste man als Ranger immer gefasst sein. Flint kämpfte weiter und achtete nicht auf die Schmerzen und das aus zahllosen kleinen Wunden sickernde Blut. Bis zum bitteren Ende würde sie aushalten. Und wer weiß? Vielleicht schaffte MacNeil es ja, das Biest zu töten. Ja.

Vielleicht.

Wilde kämpfte an Flints Seite. Er bereute es, so früh schon alle seine Pfeile verschossen zu haben. Mit dem Schwert konnte er zwar auch gut umgehen, aber längst nicht so gut wie mit einem Bogen. Außerdem war ein Schütze, der aus der Entfernung agierte, weit weniger gefährdet als ein Schwertkämpfer. Er hackte auf einen Troll ein und spaltete dessen Schädel vom Scheitel bis zur Kinnlade. Wilde grinste gehässig über den grotesken Anblick des Gegners, der vor seinen Augen zusammenbrach. Zum Teufel mit allen, die sich ihm in den Weg stellten. Er kämpfte weiter und wünschte, er hätte zumindest einen Pfeil zurückbehalten — für den Tänzer. Noch war er auf die Kampfkraft des Schwertmeisters angewiesen. Aber später, wenn die Trolle endlich geschlagen wären… Er schwang sein Schwert und erwehrte sich der Gegner, die ihn zu Boden zu reißen versuchten. Das Blut, das seine Kleider durchtränkte, stammte nicht allein von gefallenen Trollen.

Constance sprach eine Zauberformel nach der anderen. Ihr eintöniger Singsang wurde zunehmend heiser und undeutlich. Sie strapazierte ihre magischen Möglichkeiten über alle Maßen, ungeachtet der rasenden Kopfschmerzen, die sie hatte. Die wenigen Trolle, die an den Schwertkämpfern vorbei und in die Nähe der Hexe kamen, verbrannten wie Motten im Feuer. Einer von ihnen schleppte sich weiter, obwohl ihm das Fleisch von den Knochen tropfte wie Wachs von einer Kerze. Constance beschrieb eine energische Geste und der Troll explodierte in einer Wolke aus Blut und Gewebe. Dass sie ihre Magie bis an die Grenzen ausreizte, forderte nun einen qualvollen Tribut. Ein stechender Schmerz fuhr ihr über dem linken Auge durch die Stirn. Aus der Nase troff Blut. Es drohte ein Kollaps.

Von kalten und heißen Schauern geschüttelt, wankte sie hin und her und hielt krampfhaft an ihrem Bewusstsein fest. Fiele sie jetzt in Ohnmacht, würden die Trolle kurzen Prozess mit ihr machen. Und außerdem, sie konnte ihre Partner doch nicht einfach im Stich lassen.

Der Schwindel legte sich ein wenig, und wieder brachte sie ihre Zauberkraft auf. Gefahr drohte nicht von den Trollen allein. Im Keller hatten sich dünne Nebelschleier gebildet, die von den Trollen als Schleuse in die wirkliche Welt genutzt werden konnten. Wenn sich dieser Nebel weiter ausbreitete, würden die Scheusale aus allen Ecken und Enden auftauchen, und die Verteidiger wären im Nu überrannt. Constance nahm all ihre Kraft zusammen und konzentrierte sich auf die Aufgabe, den Nebel zu vertreiben. Die Trolle witterten wohl die augenblickliche Verwundbarkeit der Hexe und attackierten mit entfesselter Wut. Einer schaffte es, an Flint und Wilde vorbeizukommen, und schnappte mit fletschenden Zähnen nach Constance. Sie rammte ihm ihre Faust in den Rachen. Die vielen Ringe an ihren Fingern taten ein Übriges, sodass der Troll würgend zu Boden ging. Mit einem gezielten Fußtritt zerbrach sie den Hals des Gegners. Sie schmunzelte flüchtig und widmete sich wieder ihren Zauberkünsten.

Die vier Verteidiger kämpften weiter. Andere hätten sich an ihrer Stelle längst ihrem Schicksal ergeben, und auch sie sahen kaum mehr eine Chance für sich. Der Tänzer wurde von drei Trollen in die Zange genommen, die sich einfach zu sterben weigerten, sosehr er auch mit dem Schwert auf sie einschlug. Dermaßen in Anspruch genommen, konnte er nicht verhindern, dass sich zwei weitere Gegner über Flint hermachten. Sie tötete einen, war aber nicht schnell genug und musste sich gefallen lassen, vom zweiten zu Boden gestoßen zu werden. Wilde hatte gerade selbst einen Troll niedergestreckt und blickte in dem Moment auf, als Flint überwältigt wurde. Benommen von dem Sturz, hob sie ihren Säbel zur Abwehr. Doch der Troll, der sich über sie beugte, schlug ihr die Waffe aus der Hand. Als sie danach zu greifen versuchte, wischte ihr der Troll mit seinen Klauen übers Gesicht. Sie konnte gerade noch rechtzeitig den Kopf zur Seite drehen und so ihr Gesicht schützen.

Doch zerfetzten ihr die langen Krallen das linke Ohr. Sie schrie vor Schmerzen auf und spürte warmes Blut in den Nacken rinnen. Grinsend legte ihr der Troll seine schweren Pranken um den Hals. Flint versuchte sich freizukämpfen, was ihr aber nicht gelingen wollte.

Schreiend warf sich Wilde auf den Troll und stieß ihn mit Wucht von Flint herunter. Dabei landete er selbst so unglücklich, dass er sich den Ellbogen auf dem Steinboden prellte. Sofort war seine Hand gefühllos und er musste ohnmächtig mit ansehen, wie ihm das Schwert aus den starren Fingern glitt. Der Troll bäumte sich über ihm auf, riesig und schrecklich, und er lachte nur, als Wilde einen Fausthieb auf seinen Unterleib platzierte. Wilde wälzte sich zur Seite, um das Scheusal abzuschütteln, doch es hielt ihn mit der Klauenhand bei der Kehle gepackt und ließ nicht locker. Mit der anderen Hand schlitzte es ihm den Bauch auf und zog ein Geschlinge blutiger Eingeweide daraus hervor. Wilde schrie gellend auf. Blut floss ihm aus dem Mund und sammelte sich als Pfütze um seinen zuckenden Leib. Erst jetzt ließ der Unhold von ihm ab.

Flint riss ihren Säbel an sich und spießte den Troll von hinten auf. Sterbend versuchte der, die Klinge festzuhalten, doch Flint zerrte sie mit einem Ruck wieder frei. Sie warf nur einen flüchtigen Blick auf Wilde und beeilte sich, an die Seite des Tänzers zurückzukehren. Der hatte sich soeben der drei lästigen Trolle entledigt, konnte aber allein die Stellung nicht länger halten. Er brauchte ihre Unterstützung dringend. Sie schlug den nächsten Troll nieder und grinste frostig, als der, die aufgeschlitzte Kehle mit beiden Händen gepackt, zu Boden ging. Seinen Platz übernahm sofort ein anderer Troll. Der Tänzer wich einen Schritt von der Tür zurück; Flint folgte auf gleicher Höhe.