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Constance stand wie angewurzelt da und kämpfte mit ihren magischen Mitteln gegen den langsam um sich greifenden Nebel an. Flint und der Tänzer rückten noch einen Schritt zurück. Immer mehr Trolle zwängten sich in den Keller. Die drei Ranger wussten um die Vergeblichkeit ihres Kampfes, kämpften aber weiter, weil ihnen nichts anderes übrig blieb.

Tief in der Erde unter dem Fort rührte sich das Biest. Die große Höhle erbebte in ihren Grundfesten. Gestein krachte und splitterte; gewaltige Felsplatten gerieten in Bewegung. In den Wänden taten sich Risse auf und von der Decke hagelte Steinschlag.

MacNeil klammerte sich an der Höhlenwand fest, als der Sims unter seinen Füßen nachzugeben drohte.

Vogelscheuchen-Jack verlor das Gleichgewicht und ließ die Fackel fallen, um sich mit beiden Händen festhalten zu können. Die lodernde Flamme verschwand im finsteren Abgrund und wurde nicht mehr gesehen. MacNeil setzte seine Laterne ab und eilte Jack zu Hilfe. Hammer hatte sich auf den Beinen halten können, wurde nun aber wieder von den nachfolgenden Leichen bedrängt, die sich von dem zerstörerischen Beben ringsum nicht im mindesten irritieren ließen. Eine rutschte vom Steig, stürzte in die Tiefe und war nach wenigen Augenblicken von der Dunkelheit verschluckt, die den Höhlengrund überlagerte. Davon unbeeindruckt, rückten die Leichen auf dem Felssims weiter vor, der plötzlich heftig auf und ab schlenkerte. Gleichzeitig klafften die Risse in der Wand noch weiter auseinander. Hammer verlor das Gleichgewicht und prallte mit MacNeil zusammen, der über Jacks ausgestrecktes Bein stolperte.

Beide stürzten der Länge nach hin. MacNeil konnte noch im letzten Augenblick seine Hand in eine der Felsspalten rammen und sich so festhalten, doch Vogelscheuchen-Jack kippte über den Rand.

Verzweifelt strampelte MacNeil mit den Beinen und traf Jack mit dem linken Fuß vor die Brust. Der packte instinktiv mit beiden Händen zu und konnte sich somit abfangen, pendelte aber hilflos über dem Abgrund.

MacNeil zwängte seine Fäuste tiefer in den Spalt und keilte sich darin fest. Für eine Weile wagten es weder er noch Jack, sich zu bewegen. Dann hangelte sich Jack mit Klimmzügen an MacNeils Körper nach oben. MacNeil stöhnte laut auf vor Schmerzen, die ihm durch die doppelt belasteten Hände und Arme fuhren. Und als Jack endlich den Sims erreichte, stieß MacNeil einen langen Seufzer der Erleichterung aus.

Jack kletterte auf den Steig, und MacNeil richtete sich unter Schmerzen wieder auf. Er plierte kurz in die Tiefe, blickte aber sofort wieder nach vorn. Der Abgrund machte ihn schaudern. Er reichte Jack die Laterne und warf einen Blick über die Schulter zurück, um zu sehen, wie es Hammer erging. Der Fels bebte noch immer, aber nicht mehr so stark. Aus allen Ecken der Höhle war ein Knirschen und Rütteln zu hören, und irgendwo in der Tiefe rumorte es dumpf.

Der Leichenzug riss plötzlich ab. Hammer streckte die Letzten nieder, die aus dem Tunnel drängten, und schickte sie in die Dunkelheit des Abgrunds. Langsam senkte er das Schwert und stützte sich darauf. Er war sichtlich müde. MacNeil atmete tief durch. Die Toten der Grenzfeste hatten sie, die Eindringlinge, zur Mündung des Hauptstollens zurückgedrängt und sich dabei bis zum Letzten aufgerieben. MacNeil sah Hammer an und winselte unwillkürlich. Das Infernaleisen glühte blendend hell. Hammer lehnte mit geschlossenen Augen auf dem Schwert. Die Brust ging ihm keuchend auf und ab und sein Gesicht badete in Schweiß. Der Albtraum war für ihn noch nicht vorbei; im Gegenteil, er hatte gerade erst begonnen. Laut stöhnend kniff er die Augenlider fest zusammen. 

MacNeil und Vogelscheuchen-Jack sahen einander an. Die Gefahr der Leichen war abgewehrt, doch das Beben dauerte an, weshalb es ratsam schien, die Höhle schnellstens zu verlassen. Hammer aber rührte sich nicht.

»Hammer?«, rief MacNeil, laut genug, um das Gepolter rollender Steine zu übertönen. »Was ist los, Hammer?

Was hast du?«

»Das Schwert«, krächzte er heiser und mit schmerzverzerrtem Gesicht. Die Knöchel der Hand traten weiß zum Vorschein, so fest hielt er das Heft umklammert. »Dieses verfluchte Schwert. Ich habe es zu lange geschwungen, allzu lange in Versuchung gebracht… Es ist erwacht.«

MacNeil schaute sich fragend nach Jack um. Der nickte mit dem Kopf. »Er hat Recht, Sergeant. Das Schwert ist lebendig und bei Bewusstsein. Ich spüre es.«

MacNeil wandte sich wieder Hammer zu. »Steck es in die Scheide zurück. Wir brauchen es nicht mehr, Hammer. Beruhige dich und steck es wieder weg.«

»Idiot!«, blaffte Hammer. »Es lässt sich nicht einfach wegstecken. Das verfluchte Ding ist wach und voller Heißhunger. Du ahnst nicht, welche Gewalt in ihm steckt, eine Gewalt, wie du sie dir in den schlimmsten Albträumen nicht vorstellen kannst. Damit ließe sich die ganze Welt vernichten, dass von ihr nichts weiter übrig bleiben würde als ein stinkender Haufen Dreck. Und das Schwert will, dass ich diese Gewalt anwende.«

MacNeil schluckte. Er wollte leugnen, was er da hörte, allein, es war ihm unmöglich. Das Höllenschwert barg eine Macht, die im Rhythmus des blinkenden Lichtes pulsierte, so stark, dass selbst er sie spüren konnte. Er versuchte, Hammers Unaufmerksamkeit zu nutzen, um ihm die Waffe aus der Hand zu reißen. Doch der Bandit hatte sich blitzschnell wieder gefasst. Er sprang zurück und richtete die Schwertspitze auf MacNeils Brust.

»Ich warne dich. Wenn du das noch mal machst, werde ich dich töten. Töten müssen.«

»Hammer…«

»Ich könnte das Eisen beherrschen. Ja, ich könnte es, brauchte allerdings nur noch etwas mehr Zeit.«

Aus der Tiefe der Höhle tönte ein fettes, ekliges Grunzen. Wie von einem Riesenschwein vor seinem Trog. Das Echo schwirrte scheinbar endlos lange durch den Raum, und nach wie vor bebte der Berg. Feiner Sand rieselte von der Decke. Wieder wurde dieses mächtige Grunzen laut; es klang diesmal wie Donnerhall. Hammer, MacNeil und Vogelscheuchen-Jack starrten hinab ins Dunkle. Tief unten auf dem Höhlengrund zeichnete sich eine Spur silbrigen Feuers ab. Sie war einige hundert Schritt lang, erstreckte sich über die gesamte Fläche und zerteilte die Finsternis. Und dann wurde dieser Teilstrich allmählich breiter. Gleichzeitig nahm das Feuer an Heftigkeit zu. Silbriger Glanz erfüllte die Höhle, gleißend hell und stechend. Erst als sich aus dem dunklen Rückraum ein riesiger goldener Kreis in das Licht bewegte, erkannte MacNeil, dass er das Aufschlagen eines einzigen, riesigen Auges miterlebte.

Das riesige dunkle Lid zog sich langsam zurück und enthüllte ein Auge, das den gesamten Höhlengrund ausfüllte. Die goldene Pupille starrte MacNeil entgegen und war voller Verachtung. Er wollte wegschauen, doch das Auge hielt ihn mit dem fürchterlich starren Blick einer alten, zürnenden Gottheit in Bann.

Das gib's doch nicht, dachte MacNeil benommen.

Hundert Schritt in der Breite — so groß kann doch kein Auge sein… Er versuchte, die Größe des Biests zu ermessen, doch seine Dimensionen überstiegen das menschliche Vorstellungsvermögen.

Tief in der Erde hat es früher Riesen gegeben.

Die Luft fing plötzlich zu schwingen an, aufgerührt wie von einer mächtigen, gebieterischen, aber lautlosen Stimme. MacNeil starrte ins Auge des Biests, und die Stimme forderte ihn lautlos auf, sich zu ergeben. Je länger er in die Pupille starrte, desto gefügiger wurde er. Tränen der Hilflosigkeit rannen ihm über die Wangen; der silberne Glanz blendete seine Augen, doch er konnte sie nicht abwenden. MacNeil starrte in das Auge des Monstrums, und alles andere verlor an Kontur und erblasste. Alles, was ihm Sorgen, Angst oder Ärger bereitete, schien von ihm abzulassen und verlor an Bedeutung. Das Einzige, was noch zählte, war die lautlose Stimme und der Wunsch, ihr zu gehorchen. Er fühlte sich sicher, warm und behaglich; nichts und niemand würde ihm jemals wieder Schaden zufügen können. Er wäre aller Sorgen entledigt, wenn er nur dem Biest gehorchte. Wenn er sich von seinen Pflichten loslöste.