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            Als Anadey mit unserem Essen zurückkehrte, warf ich einen Blick auf die Dokumente und entdeckte schockiert ein Plus von viertausend Dollar. Verdammt, als Ortshexe hatte Marta offensichtlich recht gut verdient. Es kam mir noch immer seltsam vor, dieses Geschenk anzunehmen, aber alles schien seine Ordnung zu haben. Zumindest soweit ich das beurteilen konnte.

            »Und jetzt?«

            »Sie unterschreiben, geben mir die Papiere wieder mit, dann holen Sie die Sachen bei Marta ab. Ich mache dann die entsprechenden Dokumente fertig.«

            Anadey meldete sich zu Wort. »Am besten fahre ich jetzt mit ihnen zum Haus, Jim, und fange an auszusortieren.« Sie sah mich an. »Es ist ziemlich viel Kram, und es könnte einige Zeit dauern, bis du alles durchgesehen hast, aber du kannst dir heute zumindest schon einen Überblick verschaffen und mitnehmen, was immer in deinen Wagen passt.«

            Sie strich sich eine Strähne aus der Stirn, und in diesem Moment sah ich die Sorge und die Erschöpfung, die sich hinter ihrem Lächeln verbargen. Mir kam in den Sinn, dass ich etwas Nettes oder Tröstendes hätte sagen müssen, da ihre Mutter erst vor kurzem gestorben war, aber ich hatte keine Ahnung, welche Worte in einem solchen Fall richtig waren; ich war nicht geübt darin, die Schicksalsschläge anderer abzufedern. Meine eigenen auch nicht, was das betraf.

            Anadey spürte mein Zögern. »Es ist gut so, ernsthaft. Mutter wollte, dass du all das bekommst. Ich bin selbst eine mächtige Hexe, aber ich hatte noch nie den Wunsch, in der Gesellschaft zu arbeiten oder meine Dienste anzubieten. Was die Magie angeht, bin ich immer eher Einzelgängerin gewesen. Wenn du mich allerdings jemals brauchst, dann bin ich zur Stelle, um dir zu helfen.«

            »Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Ich biss mir auf die Lippe. »Es tut mir so leid, dass …«

            Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte auf mich herab. »Cicely, meine Mutter hatte Vertrauen zu dir. Ich bin mir nicht sicher, was sie von dir erwartet hat, aber sie hat auf deine Rückkehr gewartet. Hier ging es um dich. Enttäusche sie nicht.«

            Wir aßen schweigend auf, dann zog Anadey ihre Schürze aus und rief nach Peyton, während Jim die Rechnung beglich. Obwohl ich protestierte, zahlte er für alle.

            Als wir draußen auf der Straße waren, entschuldigte Leo sich. »Meine Arbeitgeber werden bald aufwachen. Ich muss vorher noch ein paar Dinge erledigen.«

            Rhiannon legte die Stirn in Falten. »Es ist nicht so gut, Geoffrey warten zu lassen, was?«

            Leo schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, wirklich nicht. Ich muss mich umziehen, um meinen täglichen Bericht abzugeben. Man erwartet von mir etwas formellere Kleidung als zerrissene Jeans und Blouson.« Er gab Rhiannon einen Kuss und trabte über die Straße davon.

            »Und Sie melden sich, wenn Sie etwas brauchen«, sagte Jim. »Ich mache alles fertig und rufe Sie an, wenn Sie die Beschäftigung offiziell wieder aufnehmen können. Ich schätze, es wird ungefähr eine Woche dauern.« Und damit ging er auf einen silbernen BMW zu.

            Als Peyton und ihre Mutter auf Favonis’ Rücksitz kletterten und Rhiannon und ich vorn einstiegen, fragte ich mich unwillkürlich, wie viel Marta von dem gewusst hatte, was uns bevorstand. Und ob es eine Möglichkeit gab, mit ihrem Geist Kontakt aufzunehmen, um das herauszufinden.

            Martas Haus musste mindestens hundert Jahre alt sein, falls man damit hinkam. Es war eine prächtige Villa mit einer breiten Veranda und der obligatorischen Schaukel, und wenn im Staat Washington wärmeres Klima geherrscht hätte, dann wären hier sicherlich wunderschöne Feste abgehalten worden. Doch anscheinend hatte Marta den vielen Platz hauptsächlich dazu genutzt, eine große Anzahl an Kisten und Säcken zu lagern. Es gab Steinsalz, Schwefel, Blumenerde, eine riesige Kiste mit kurzen, weißen Wachskerzen, Kristalle und seltsam aussehende Gesteinsbrocken und Holzstücke, die möglicherweise für Zauberstäbe gedacht waren.

            An einer der Säulen hing ein Schild: Der Zauberhafte Garten – Alles für Ihre magischen Bedürfnisse. Okay, den Namen würde ich jedenfalls ändern. Das war einfach nicht mein Stil.

            »Alles, was du hier siehst, ist deins. Na ja, vielleicht nicht gerade die Blumenerde, aber wenn du sie willst, kannst du sie auch haben.«

            Anadey schloss die Tür auf, und wir durchquerten die Eingangshalle und betraten das Wohnzimmer, das meinen Erwartungen ganz und gar nicht entsprach. Die Möbel waren nicht schwer und plüschig, sondern leicht und schlank, und es gab viel Chrom und Glas, eine graue Ledercouch und Bücherregale, die ebenholzfarben gebeizt waren. Der ganze Raum wirkte modern und einen Hauch minimalistisch. Nein, das hatte ich wirklich nicht erwartet. Hier und da hingen gerahmte Bilder von Anadey und Peyton, aber es gab keine Zierdeckchen, keinen Tand.

            »Macht es euch doch bitte bequem. Ich suche meine Liste. Sie muss hier irgendwo sein …«

            Sie wühlte in den Schubladen eines Schreibtischs, der in einer Ecke stand, während ich langsam im Raum umherwanderte. Marta war ein ordentlicher Mensch gewesen, das zumindest stand fest. Ein fast schon penibler Mensch. Alles wies in dieselbe Richtung, alles lag exakt nebeneinander. Die DVDs im Regal waren alphabetisch geordnet.

            Peyton trat neben mich. »Bei meiner Großmutter musste immer alles unbedingt an seinem Platz sein. Als ich klein war, habe ich sie immer in den Wahnsinn getrieben, weil ich Sachen aus den Regalen holte und nicht wieder richtig reinstellte.«

            Ich sah sie an. Peyton war groß, größer als Rhiannon oder ich, und mit ihren langen braunen Haaren, der leicht abgeflachten Nase und den schokoladenbraunen Augen hatte sie einen indianischen Einschlag. Sie war keine klassische Schönheit, hatte aber Ausstrahlung, als würde etwas in ihr glühen.

            »Arbeitest du gern für deine Mutter?«

            Sie zuckte mit den Achseln. »Sie hat das Diner vor einigen Jahren eröffnet und brauchte eine Köchin. Langsam wirft der Laden aber genug ab, dass sie jemand anderen einstellen kann, und dann würde ich lieber das tun, worauf ich wirklich Lust habe.«

            »Und was ist das?«

            »Ich möchte ein Geschäft eröffnen, das ich Die Magische Detektei nennen würde. Ich würde gern als parapsychologische Ermittlerin arbeiten. Ich bin halb Werwesen, aber auch halb Magiegeborene, und mit Karten kann ich richtig gut umgehen. Kampfsport mache ich auch. Im Augenblick arbeite ich für ein paar Kunden nebenbei, würde es aber gern Vollzeit machen.«

            Mir kam eine Idee. »Hm, klingt interessant. Und es könnte sogar noch mehr Spaß machen, wenn du eine zweite Hexe bei dir hast. Was hältst du davon, wenn du meinen Laden mitnutzt, sobald ich so weit bin? Wir könnten uns zusammentun, zumal ich von geschäftlichen Dingen überhaupt keine Ahnung habe. Und als unseren ersten Fall könnten wir herauszufinden versuchen, wo zum Teufel meine Tante ist.«