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            Heather neigte den Kopf. »Wir wollen euch warnen.«

            Sie machte einen Schritt zur Seite und ließ einen der Männer vortreten. Er sah ähnlich aus wie mein Grieve, aber doch so anders als der, den ich liebte, dass es mir Angst machte. Grieve kämpfte gegen seine Natur, aber der hier … Ich sah nur Fremdheit und Distanziertheit, und der Funke in seinen Augen war kalt.

            »Myst, Herrscherin über diesen Wald, überbringt dir eine faire Warnung. Wir wissen, dass du dich in unsere Angelegenheiten einmischen willst. Wenn du nicht von deinem Vorhaben ablässt, werden wir Peyton verwandeln. Im Augenblick geschieht ihr nichts, aber wendet ihr euch gegen uns, werden wir jeden Freund und jedes eurer Familienmitglieder vernichten, anschließend euch selbst. Wir haben euch bisher leben lassen, weil deine Tante eingewilligt hat, zu uns zu kommen, wenn wir euch verschonen. Doch diese Abmachung endet, wenn ihr euch an dem bevorstehenden Krieg beteiligt.«

            Ich starrte ihn an und fühlte mich vollkommen erschlagen. Dennoch schnaubte ich. »Und Peyton?«

            »Sie lebt. Noch. Ihre Freiheit steht im Augenblick nicht zur Diskussion.«

            »O doch, das tut sie. Verdammt noch mal, ihr habt unsere Familien doch schon vernichtet. Wir sind die Letzten, die übrig sind. Sagt eurer Königin, dass ihr euren Auftrag erledigt habt. Mission erfüllt. Wir nehmen die Warnung zur Kenntnis.«

            »Und wie lautet deine Antwort, Mylady?« Er verbeugte sich höflich, was im krassen Gegensatz zu seinen Worten stand.

            Ich warf Kaylin einen Blick zu, und er nickte knapp.

            »Sagt Myst, sie soll sich lieber um ihre ollen Spinnen und Netze kümmern. Und sagt ihr, dass wir ihr die Freundlichkeit, mit der sie meine Tante und Leos Schwester behandelt hat, vergelten werden. Falls Peyton etwas geschieht, werden wir den Wald niederbrennen und jeden Zweig, jeden Ast, jedes Blatt herausreißen. Euer Indigo-Hof mag vielleicht den Wald regieren, aber hier auf diesem Land herrsche ich. Und ich habe die Blutfürsten hinter mir, also glaubt nicht, dass es so leicht sein wird, uns zu vernichten.«

            Der Botschafter sah mich einen Moment schweigend an, dann nickte er. »Wie du wünschst, Cicely Waters, aber wir sind noch nicht fertig. Ich rate dir, dich nicht so sehr auf deine Verbündeten zu verlassen, dass du unbewaffnet das Haus verlässt. Mag sein, dass unsere Feinde die Stadt noch in der Hand haben, aber wir sind eine Macht, die du nicht verärgern solltest.«

            Mit einem letzten Blick zu Heather, die mich unbeirrt und ohne zu blinzeln anstarrte, wandte ich mich um und ging mit festen Schritten zum Haus zurück. Kaylin folgte mir. Wir wagten nicht, Furcht erkennen zu lassen oder zurückzublicken. Und als wir das Haus betreten hatten, waren die Schattenjäger nicht mehr zu sehen.

            19. Kapitel

            Leo und Rhiannon saßen auf dem Sofa. Er versuchte sie zu beruhigen, und sie pendelte zwischen heillosem Zorn und Hysterie hin und her. Ich nahm ihre Hände und versuchte ebenfalls, sie durch Reden von der emotionalen Achterbahnfahrt runterzubringen. Und nach einigen weiteren Minuten und zwei kleineren Bränden – es traf einen Hocker und Heathers Jacke, die noch immer neben der Tür hing – schafften Leo und ich es gemeinsam, sie so weit zu beruhigen, dass sie wieder halbwegs bei sich war. Zwischendurch rief ich schnell Anadey an, um ihr zu erzählen, was geschehen war und wie Rhiannon reagiert hatte.

            »Sie sollte heute bei mir übernachten. Ich kann sie zum Schlafen bringen, ohne dass ihre Träume ihrem Unterbewusstsein Schaden zufügen. Bringt sie zu Martas Haus, und ich kümmere mich um sie.«

            »Bleib dran.« Ich drückte auf die Stumm-Taste und gab den anderen weiter, was sie gesagt hatte.

            »Ist sie denn dort auch gut genug geschützt?«, wollte Leo wissen. »Ich habe heute Abend nichts, was dringend wäre. Vielleicht sollte ich mit ihr gehen.«

            Der Gedanke, allein im Haus der Schleier zu bleiben, gefiel mir gar nicht, und ich wollte es gerade aussprechen, als Kaylin sich zu Wort meldete.

            »Falls du lieber mit Rhiannon gehst, bleibe ich hier bei Cicely.«

            Einerseits sträubte sich alles in mir gegen den Gedanken, dass jemand glaubte, mich beschützen zu müssen, aber die Realität war doch die: Falls die Vampire und die Vampirfeen sich gegenseitig bekriegen wollten und beide meinten, ich sei die Person, die diesen Krieg in Gang setzen würde, dann konnte ich durchaus ein paar gute Leute an meiner Seite gebrauchen.

            »Okay. Tut mir leid, Rhia, aber ich traue deinem Unterbewusstsein leider zu, sich an diesem Haus auszutoben. Anadey wollte dich doch ohnehin schon bei Tagesanbruch sehen. So könnt ihr einfach schon früher starten.«

            Rhiannon nickte. Sie war blass und wirkte erschöpft. »Es tut mir leid, dass ich so einen Mist baue. Aber du hast recht. Ich weiß selbst nicht, ob man mir trauen darf, wenn ich schlafe. Nicht nach dem, was passiert ist. Bist du sicher, dass das mit Kaylin in Ordnung geht?«

            Ich warf dem Traumwandler einen Blick zu. Seine Aura glomm hell, und ich konnte die Energie um ihn herum wirbeln sehen. Er war in Alarmbereitschaft, und seine Eltern standen hinter ihm. »Ja, wird schon gutgehen. Leo, bringt sie zu Anadey, bevor es noch dunkler wird. Packt gar nicht erst, ihr seid ja nur eine Nacht fort.«

            Ohne ein weiteres Wort führte Leo sie zum Wagen und stieg mit ihr ein. Doch als ich sie davonfahren sah, hatte ich das unangenehme Gefühl, dass die Nacht gerade erst begonnen hatte.

            Die Eule wartet im Wald.

            Ulean strich an mir vorbei. Ich blickte auf. Kaylin und ich hatten gegessen und sortierten nun Zauberzubehör aus Martas Vorrat. Es gab immer noch unendlich viele Kisten und Taschen, die ich noch nicht durchgesehen hatte, aber wenigstens wusste ich inzwischen, dass ich auf einer echten Fundgrube saß. Gemeinsam sollten Leo, Rhiannon und ich es schaffen, uns ein paar anständige Zauber auszudenken, mit denen sich die Stadt beschützen ließ. Blieb nur die Frage: Würden wir lange genug leben?

            Cicely, die Eule wartet im Wald. Ich weiß, dass es dunkel ist, aber du musst ihrem Ruf folgen. Sie wird aus Mysts Wald kommen, um sich mit dir zu treffen.

            Was? Die Eule? Blinzelnd legte ich die Packung winziger Edelsteine, die ich mir gerade näher betrachtet hatte, wieder auf den Tisch. Nichts davon war besonders wertvoll. Es handelte sich hauptsächlich um Halbedelsteinsplitter und Cabochons.

            »Ich bin gleich wieder da. Ich werde nicht weit gehen und ganz bestimmt nicht das Grundstück verlassen, aber ich muss eben etwas nachsehen.« Ich schob meinen Stuhl zurück, bevor Kaylin mich aufhalten konnte, und schnappte mir meine Jacke. Hastig lief ich hinauf in mein Zimmer, suchte die Eulenfeder und steckte sie in meine Innentasche. Dann nahm ich vorsichtshalber auch noch meinen Dolch, schob ihn in den Stiefel und verließ endlich das Haus.

            Ich trabte den Kopfsteinpflasterweg durch den Garten hinter dem Haus entlang. Ich war mir nicht sicher, nach was ich suchen sollte, doch ich würde es wissen, wenn ich es sähe. Während ich bis hinüber zur Klamm blickte, hörte ich den Ruf der Eule. Shit, der Vogel war hier.

            Wer bist du, und was willst du von mir?

            Ich warte, warte auf dich. Zaudere nicht zu lange. Das Wesen schien männlich zu sein, obwohl ich mir nicht sicher war. Noch ein Windelementar?

            Nein, kein Elementarwesen. Ich weiß nicht, wer das ist. Uleans Worte strichen kühl und ruhig über meinen Kopf. Kein Gefühl der Gefahr.