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            Leo, Rhiannon und Kaylin saßen mit mir im Wohnzimmer. Ich fühlte mich nicht nur verwirrt, sondern auch krank. Der Biss an meinem Hals schmerzte, und meine Stirn war heiß. Meine Reaktion auf Lannan war mir enorm peinlich, aber mein Körper machte mir unaufhörlich bewusst, dass ich zwar bei ihm mehrmals gekommen war, mich aber dennoch nach echter Berührung und Verbindung mit jemandem sehnte, dem ich mich mit ganzem Herzen – Körper und Seele – hingeben konnte.

            »Immerhin wissen wir jetzt, dass die Königin von Schilf und Aue noch lebt. Und wenn sie auf unserer Seite ist, umso besser.« Rhiannon blickte auf die Uhr. »Anadey will mich wieder zu Tagesanbruch sehen. Sie hat mir einen Stundenplan erstellt, damit sie die nächsten Wochen mit mir üben kann, bevor sie zur Arbeit gehen muss. Das wird zwar nicht ausreichen, um mir beizubringen, wie ich das Feuer richtig einsetze, aber sie meint, dass ich zumindest bis Ende der Woche in der Lage sein werde, es zu kontrollieren, es zurückzuholen und zu vermeiden, dass es versehentlich ausbricht.«

            »Wenn deine Mutter es dir doch schon in der Kindheit beigebracht hätte! Dann wäre das hier nicht passiert.« Leo runzelte die Stirn. »Dabei wirkt Heather doch immer so besonnen … wirkte, meine ich …« Seine Stimme verebbte, und er wurde rot. »Es tut mir leid. Das war sehr taktlos von mir.«

            Rhiannon zuckte mit den Achseln, doch in ihren Augen glänzten Tränen. »Ich muss akzeptieren, was passiert ist. Und Marta hätte Heather aus der Gesellschaft geworfen. Übrigens habe ich heute Morgen über vier Ecken gehört, dass alle Mitglieder der Gesellschaft bis auf Tyne, Martas Enkel, die Stadt verlassen haben. Sie sind abgetaucht.« Erneut zuckte sie mit den Schultern. »Die sind clever. Ich bin fast versucht, es ihnen gleichzutun, jetzt, da ich nichts mehr für Heather tun kann.«

            »Wir können nicht einfach abhauen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Stadt Myst in die Hände fällt. Sie würde einfach ihre Schreckensherrschaft auf die nächste Stadt ausdehnen und von dort weiter und weiter … Im Übrigen müssen wir Peyton befreien.«

            Kaylin tätschelte mir die Schulter. »Uns fällt schon etwas ein. Ich habe uns heute ein paar Offensivzauber zusammengestellt und mehr als nur einen Molotow-Cocktail gebastelt. Wenn es sein muss, brennen wir uns den Weg frei und befreien sie mit Gewalt. Mit Feuer können wir dem Indigo-Hof ziemlich viel Schaden zufügen.«

            Plötzlich unendlich müde, ließ ich mich auf meinem Stuhl zurücksinken. »Gute Idee. Wir sollten einfach den ganzen verdammten Wald abfackeln. Zusehen, dass mein Eulenkumpel außer Reichweite ist, und den Brand legen. Okay, ich gehe jetzt ins Bett. Rhia, ich rufe dich morgen auf der Arbeit an, damit wir uns austauschen können. Leo – und du erzählst den Vampiren nichts von meinem kleinen Stelldichein am See.«

            Er hob die Schultern. »Solange sie nicht nachfragen …«

            »Nein! Begreifst du nicht? Du behältst das in jedem Fall für dich. Ich habe keine Lust, dass sie eine weitere Fehde beginnen, und das auch noch wegen mir.«

            Ich hievte mich von meinem Platz und ging zur Treppe, wandte mich aber noch einmal kopfschüttelnd um. »Und das Leben geht einfach ganz normal weiter? Die Leute gehen einkaufen und arbeiten, als würde überhaupt nichts passieren, aber wir haben Tote und Vermisste. Man sollte eigentlich meinen, dass jemand etwas sagt.«

            Kaylin stand auf und streckte sich. »Oh, die Leute in der Stadt wissen durchaus, dass hier etwas nicht stimmt, aber niemand will der Nächste sein. Simpler Aberglaube: Rede über etwas, und du beschwörst es herauf. Was nicht immer nur simpler Aberglaube ist. Gute Nacht, Cicely. Schlaf gut.«

            Ich trottete die Treppe hinauf. Als ich in meinem Zimmer war und mich auszog, ließ mich ein Geräusch am Fenster herumfahren. Grieve wartete draußen. Ich schob das Fenster hinauf und nickte ihm zu, hereinzukommen. Ich war zu müde, um etwas anderes zu tun.

            »Wie kommst du an den Schutzzaubern vorbei, wenn deine reizende Familie das nicht kann?« Eine lange Weile sah ich ihn nur an. »Und wann, verdammt noch mal, hättest du mir gesagt, was sie mit Heather gemacht haben?«

            Grieve senkte den Kopf. »Es ist erst gestern geschehen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie sie herschicken würden, bevor ich die Chance hatte, dich vorzuwarnen.«

            »Du kannst mich mal!« Wütend wandte ich mich ihm zu. »Was ist überhaupt deine Rolle in dieser ganzen Geschichte? Sollst du mich überreden abzuhauen? Willst du mich verwandeln und zu Mysts Sklavin machen, so wie es Heather passiert ist? Offenbar glaubt deine Adoptivsippe, dass sich ein Krieg zusammenbraut, aus dem ich mich tunlichst heraushalten sollte.«

            Grieve hatte sich auf mich zubewegt, erstarrte aber plötzlich. »Mit wem warst du zusammen? Hast du … mit jemandem geschlafen? Mit einem … Toten?« In einem Sekundenbruchteil war er bei mir und packte mich an den Schultern. »Warst du mit einem Vampir zusammen?«

            Ich riss mich los, zu wütend, um mich zu fürchten. »Nein, ich habe nicht mit einem Vampir gevögelt, aber ich musste einen trinken lassen! Steht so in meinem Vertrag. Deine Spione wissen doch alles von mir, also kannst du meinetwegen auch das erfahren.«

            »Was meinst du damit?« Mit einem Mal wirkte er niedergeschlagen. »Tut mir leid. Ich hätte dich nicht so anfassen dürfen.«

            »Du tust verdammt gut daran, dich zu entschuldigen. Die Abmachung lautet so: Man hat mich gezwungen, für den Karmesin-Hof zu arbeiten. Weil ich dich kenne! Als positiven Nebeneffekt wollten sie uns eigentlich helfen, Heather zu befreien, was mehr ist, als du angeboten hast. Aber für ihre Hilfe wollten sie von mir eine monatliche Blutspende. Dummerweise ist mein Opfer inzwischen sinnlos geworden – zumindest was Heather betrifft.«

            »Cicely.« Er hob den Kopf und verzog das Gesicht. »Es tut mir so leid …«

            Ich tat seine Worte mit einer verächtlichen Geste ab. Mittlerweile war es mir egal, ob ich ihn verletzte. Er hätte sie daran hindern können, hätte Heather irgendwie retten können, wenn er es wirklich gewollt hätte. Dessen war ich mir sicher, was auch immer Lainule dazu gesagt hatte.

            »Tut mir leid kann weder Zäune reparieren noch Leute von den lebenden Toten zurückbringen. Nein, dein Volk hat sie verwandelt, und es gibt keine Möglichkeit mehr, sie zu retten. Für uns ist sie gestorben – ihr Leben und alles, wofür sie stand, von einem Moment auf den anderen ausgelöscht. Wir haben sie verloren, und das Einzige, was wir noch für sie tun können, besteht darin, ihr einen Pflock durchs Herz zu rammen, damit ihre Seele Ruhe findet. Aber vielleicht habe ich ja auch noch Schwein. Vielleicht ist mein Vertrag doch nicht null und nichtig. Peyton ist noch irgendwo da draußen gefangen, und sie werden wir retten, komme, was da wolle.«

            »Du arbeitest tatsächlich für den Karmesin-Hof?«

            Sein ungläubiger Blick entlockte mir ein Schnauben. »Hast du nicht richtig zugehört? Na und? Du bist beim Indigo-Hof. Angriff und Abwehr, mein Herz, Angriff und Abwehr. Wir beide haben einen Pakt mit der Hölle geschlossen!«

            Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu. »Wer war es? Wer hat von dir getrunken?«

            Und erst jetzt wurde mir klar, dass er – Fee oder nicht – die Testosteronnummer abzog. Aber wir hatten lange genug um den heißen Brei herumgeredet.