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»Aber sie sind nicht so stark wie die Oger«, warf der Minotaurus ein.

Sie waren so auf das Gemetzel unter ihnen konzentriert, daß keiner von ihnen die großen, dunklen Formen bemerkt hatte, die in ihre Richtung segelten. Es war Kaz, dem sie auffielen. Plötzlich packte er Huma an der Schulter. Huma schaute sich um und folgte dem Blick des Minotaurus.

»Drachen!« schrie er dem silbernen Riesen zu, der sie trug. »Mindestens sechs.«

Als sie näher kamen, konnte Huma ihre Formen und Farben allmählich genauer erkennen. Rote – von einem schwarzen Drachen angeführt? Ächzend erkannte Huma, daß es stimmte. Ein riesiger schwarzer Drache mit Reiter. Und das gleiche bei den anderen!

»Ich kann nicht gegen alle kämpfen«, sagte der silberne Drache. »Springt ab, wenn der Boden nah ist. Ich werde versuchen, sie abzulenken.«

Auf der Suche nach einem geeigneten Platz zum Landen, bevor seine tödlichen Gegenspieler ihn erreicht hatten, strich der silberne Drache über die Baumkronen.

»Ihr müßt springen, wenn ich es sage! Seid ihr soweit?«

»Es ärgert mich, vor einem Kampf auszuweichen, selbst mitten in den Wolken. Können wir denn überhaupt nicht helfen, Huma?«

Huma hielt sein Gesicht vom Minotaurus abgewandt. »Nein, wir springen lieber ab.«

»Wie du willst.«

Sie überflogen etwas, das einmal ein Gehöft gewesen war; jetzt war es weiter nichts als ein paar niedrige, bröckelnde Steinmauern, die ein grobes Rechteck bildeten. Dahinter war freies Feld.

»Ich werde langsamer! Macht euch fertig!«

Sie waren sprungbereit.

»Jetzt!«

Kaz sprang als erster. Er stürzte zu Boden, als hätte ihn ein Pfeil in die Brust getroffen. Die Krallen des Silberdrachen berührten leicht die Erde, als sie in eine weitere Runde glitt.

Huma lehnte sich zum Sprung vor – und zögerte.

»Was machst du denn?« brüllte der Silberdrache Huma an, während die sechs Drachen sich näherten.

»Du kannst nicht allein gegen sie kämpfen!«

»Sei kein Narr!«

»Zu spät!« schrie er schnell.

Jeder der Drachen trug eine große, finstere Gestalt in einer schmucklosen ebenholzschwarzen Rüstung. Ihre Gesichter waren von den Visieren ihrer Helme verdeckt. Ob es Menschen oder Oger oder andere Wesen waren, war für Huma nicht zu erkennen.

Der Reiter des gigantischen, schwarzen Drachen, eine riesige Gestalt, gegen die Huma ein Zwerg war, winkte den anderen. Die Roten blieben zurück, um den Ausgang des Kampfes abzuwarten. Der schwarze Drache kreischte schrill, als der Reiter ihn antrieb.

Die beiden Drachen näherten sich einander mit viel Gebrüll. Klauen schlugen zu, und eine Kralle grub sich in das eine Vorderbein des Silberdrachen. Der wiederum attackierte die dargebotene Brust des Schwarzen und hinterließ dort tiefe Wunden.

Der Reiter schwang eine gefährliche Zweihänderaxt, und Huma parierte den Angriff automatisch. Als die beiden Drachen aufeinander losgingen, gelang es Huma, sich weit genug hinüberzulehnen, um ihm Kontra zu geben.

Die anderen Reiter hielten sich mühsam zurück, während ihre Drachen wütend brüllten, weil sie nicht teilnehmen durften.

Dann erwischte der Silberdrache den Schwarzen am Flügel, und der andere kreischte vor Schmerz auf. Der schwarze Reiter wurde zur Seite geworfen und bot Huma ein gutes Ziel. Ohne nachzudenken, stieß der Ritter in die Öffnung unter der Schulter seines Gegners. Die Schwertspitze durchtrennte das dünne Kettenhemd widerstandslos, und der Schwung trieb sie tiefer hinein. Der Reiter fiel stöhnend zurück.

Das einhellige Geschrei der Reiter und Drachen machte den schwarzen Drachen auf die Verwundung seines Herrn aufmerksam. Verzweifelt riß er sich von dem silbernen Drachen los.

Huma machte sich für den Massenansturm bereit, der zweifellos folgen würde, doch seltsamerweise nutzte der Feind seinen Vorteil nicht aus. Die übrigen Drachen bildeten einen schützenden Kreis um den schwarzen Drachen und seinen schwerverwundeten Reiter. Anschließend drehten die sechs Ungeheuer ab, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Unter den verdatterten Blicken von Ritter und Silberdrache flog der Feind davon.

Huma stellte fest, daß er wieder ruhig atmete.

Der Silberdrache unter ihm hatte sich gleichfalls wieder gefaßt. Seine Wunden bluteten noch, und Huma fragte sich, wie schwer die Verletzungen wohl waren.

Wie zur Antwort drehte sich die Drachendame zu ihm um. Aus jeder Bewegung sprach offenkundige Sorge.

»Bist du verletzt?«

»Nein. Was ist mit dir? Brauchst du Hilfe?« Wie behandelt man einen Drachen? »Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, aber ich kann es versuchen.«

Der Drache schüttelte seinen glitzernden Kopf. »Ich kann mich selber heilen. Ich brauche nur etwas Ruhe. Das war mehr als eine einfache Patrouille. Ich verstehe es noch nicht ganz, aber ich glaube, es war ein Vorzeichen.«

Huma nickte. »Wir müssen Kaz aufsammeln und schnell zu Fürst Oswal fliegen. Er wird von alldem erfahren wollen.«

Der Silberdrache beugte sich hinunter, sah etwas am Boden und lächelte zynisch. Sie sagte: »Anscheinend haben wir noch mehr Besucher. Welche, die kaum darüber erfreut sein werden, einen Minotaurus auf ihrem Gebiet zu finden.«

Als er dem Blick folgte, sah Huma sie. Ritter von Solamnia. Eine Patrouille seiner eigenen Farben. Der Silberdrache hatte recht. Die Ritter würden Kaz wahrscheinlich umbringen, wenn auch zweifelsohne um den Preis einiger Menschenleben.

Kaz hatte sich in den Überresten eines Bauernkarrens versteckt und die Reiter nicht bemerkt, die von hinten kamen. Jetzt stand er auf, um Huma und den silbernen Drachen zuzuwinken. Selbst wenn die Ritter den Minotaurus übersehen hätten, konnte ihnen die Landung des Drachen nicht entgehen. Ein Ritter entdeckte das Wesen mit dem Stierkopf und rief den anderen eine Warnung zu. Sofort fiel die Patrouille in wilden Galopp. Beim Donnern der Hufe fuhr der Minotaurus herum und stand einen Augenblick wie angewurzelt da. Dann war die Kriegsaxt, die Huma Kaz vorerst gelassen hatte, plötzlich hervorgeholt und wurde erwartungsvoll geschwungen. Schwerter reckten sich, Lanzen zielten.

Huma fiel nur eins ein. Er schrie dem Silberdrachen seinen Plan zu. Die anrückenden Krieger sahen erstaunt hoch, und ihre Reitordnung wurde zum Kuddelmuddel, als sie beim Anblick des hinreißenden Bewohners der Lüfte alles vergaßen. Der Silberdrache kam hinter Kaz herunter, und es gelang ihm, den Minotaurus an den Schultern zu packen. Kaz stieß einen überraschten Schrei aus und ließ seine Axt fallen, als die großen Klauen ihn an der Schulter hochhoben und vom Boden wegtrugen. Die Ritter rissen hart an ihren Zügeln im verzweifelten Versuch, ihre Rösser zu halten, während sie über das vermeintliche Ende eines räuberischen Minotaurus jubelten.

Kaz stieß einen unablässigen Strom von Flüchen aus, bei denen auch der finsterste Bandit erbleicht wäre, doch in den Klauen des silbernen Drachen war er machtlos. Als sie etwas weiter weg waren, setzte der Drache den Minotaurus sanft auf die Erde und landete daneben.

Huma sprang ab und knüpfte sich Kaz auf der Stelle vor. Ohne den Schwur des Minotaurus, ihm zu dienen, hätte dieser den Ritter jetzt wohl umgebracht. In den tiefliegenden Augen des Minotaurus glühte Feuer. Er schnaubte pausenlos vor Wut.

»Kein Kampf!« befahl Huma.

»Sie bringen mich um! Laß mich wenigstens kämpfend sterben und nicht dastehen wie ein feiger Gossenzwerg!«

Sehr ruhig und mit einem kalten Zorn, der ihn selbst überraschte, wiederholte Huma: »Ich habe gesagt, kein Kampf.«

Der Minotaurus atmete heftig aus und schien in sich zusammenzusinken. Er starrte Huma an. »Wie du willst. Ich werde dir vertrauen, weil du mir schon zweimal das Leben gerettet hast.«

Das schon wieder! Huma gab einen entnervten Seufzer von sich und drehte sich um, da die wieder geordnete Patrouille zögernd auf das seltsame Trio zuritt. Ihr Anführer, der einzige, der vom Anblick des großen Drachen offenbar unbeeindruckt blieb, ließ sie anhalten und lehnte sich dann vor, um den jungen Ritter zu betrachten.