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Kaz schnaubte laut. »Frag mich selbst, du Ghul!«

Der bleiche Ritter ließ die Beleidigung an sich vorbeistreichen wie den scharfen Wind, der ihm ins Gesicht blies. »Wirst du für uns kämpfen?«

Huma fühlte, wie Rennards Augen sich in die seinen bohrten. »Es ist deine Entscheidung, Kaz.«

Über das Stiergesicht glitt ein wildes, zähnefletschendes Grinsen. »Dann kämpfe ich, und zwar gerne, weil es mir Gelegenheit gibt, meine Muskeln zu bewegen. Außerdem gelte ich bei meinen Leuten als Ausgestoßener, seit ich mich entschieden habe, den Oger zu zerquetschen und davonzulaufen. Sie werden mich sofort töten, wenn sie mich kriegen. Bei euch habe ich wenigstens noch die Chance zu beweisen, daß meine Ehre etwas wert ist.«

»Dann wollen wir unseren Brüdern zur Seite stehen.« Mit diesen Worten spornte Rennard sein Pferd an. Jemand brüllte einen Schlachtruf. Huma biß die Zähne in der Hoffnung zusammen, daß man seine Grimasse als wilde Entschlossenheit deuten würde und nicht als Versuch, die Gefühle zu ersticken, die seinen Körper zu zerreißen drohten.

Die Finsternis kroch heran, als wollte sie die Ritter erdrücken.

Sie hätten ebensogut mitten in einer mondlosen Nacht kämpfen können. Die Rufe der Verwundeten und Sterbenden und die blutrünstigen Schreie der Krieger beider Seiten gellten über das Schlachtfeld. Riesige, dunkle Silhouetten fegten durch die Luft. Manchmal trafen sie die Gestalten am Boden, doch selten mit voller Kraft. Der Drachenterror war noch nicht entfesselt. Am Boden herrschte ein zu großes Chaos; zu leicht hätten die Drachen ihre eigenen Verbündeten verschlingen können.

Gleißende Blitze der Macht warfen ihren Schein auf einen Teil des Gemetzels. Die weißen und roten Zauberkundigen maßen sich mit den schwarzen. Die Sorge, zuviel ihrer Weisheit zu verraten, verhinderte den Sieg der Roten und Weißen Roben, Leichtsinn den der Schwarzen Roben. Dennoch hatte der Kampf der Magier Auswirkungen. Die Dunkelheit, die so rasch aufgekommen war, schritt nicht weiter voran, sondern zog sich sogar ein wenig zurück. Die Schwarzen Roben konnten nicht gleichzeitig ihre Kollegen attackieren und die Stärke der tödlichen Wolke aufrechterhalten.

Plötzlich war der Himmel mit mehr Drachen gefüllt, als irgend jemand sich hätte vorstellen können. Langsam und geräuschlos hatten sie sich gesammelt. Als die Finsternis wich, brachen sie aus der Wolkendecke. Zahlenmäßig waren sie denen, die für die Ritter kämpften, weit überlegen. Rote, schwarze, grüne, blaue – der Himmel bot eine große Auswahl an Farben.

Obwohl sie in der Minderheit waren, warfen sich die Drachen des Lichts ihnen entgegen. Doch sie waren nicht genug. Den Kindern der Drachenkönigin gelang es rasch, die Reihen der Ritter zu dezimieren. Ihr eigentliches Ziel lag allerdings jenseits davon. Sie überfluteten die Hügel, wodurch sie die Oger und andere erdgebundene Verbündete beschützten, die genau jetzt in größeren Mengen aus den Bergen herabströmten.

Die bereits von allen Seiten von viel zu vielen Gegnern bedrängten Ritter sahen erleichtert die neue Gruppe kommen. Mit erhobenen Schwertern und angelegten Lanzen nahm Rennards Gruppe Sturmstellung ein. Die über ihnen tobenden Drachen ließen sie kalt. Die Reihen würden standhalten.

Huma war unter denen ohne Lanze, doch er wußte, daß sein Schwert schon rechtzeitig einen Gegner finden würde. Die Oger waren wild darauf, das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden, und drängten vor. Die erste Welle hatte genau in dem Moment zugeschlagen, als Huma und seine Gefährten den Kampfplatz erreichten. Der Hügel verlangsamte die Streitrösser. Huma sah einen Mann zu Boden gehen, weil sein Pferd stolperte. Mehrere andere strauchelten. Dann waren sie mitten im Zentrum des Ogeransturms.

Überall um ihn herum blitzte Metall auf, und alles schrie aus vollem Halse. Huma wehrte verzweifelt jede Waffe ab, die sich gegen ihn richtete, und streckte einige Oger nieder, ohne es wirklich wahrzunehmen. Ein breites, flaches Ogergesicht glotzte ihn an; es war behaart und grausig, mit scharfen Zähnen wie denen des Minotaurus und rotgeränderten Augen. Der Atem des Ogers stank. Huma versetzte dem Angreifer einen harten Tritt.

Wildes Gelächter gellte in Humas Ohren. Zwischen den Kämpfenden schwang Kaz, der Hüne, seine Axt wie ein Rachegott des Chaos und des Todes. Jeder Hieb fand ein Opfer. Blutgier verzerrte das Gesicht der riesenhaften Kreatur. Dann verlor Huma Kaz aus den Augen, weil weitere Oger dem jungen Ritter ans Leben wollten.

Eine Axt traf Humas Bein. Nur sein eigener Hieb bewahrte ihn vor dem Verlust seiner Gliedmaßen, der hatte zuerst und endgültig getroffen. Der Gegner war bereits tot gewesen, während er noch zurückgeschlagen hatte. Der Schock brachte Huma jedoch kurzfristig ins Taumeln. Fast hätte er sein Schwert fallen lassen und wäre an Ort und Stelle niedergemetzelt worden, wenn Rennard nicht gewesen wäre. Der große Ritter mähte sich in gleichmäßigem Tempo seinen Weg durch den Feind. Die Oger versuchten, dieser Kampfmaschine auszuweichen, doch Rennard verfolgte sie. Huma starrte ihm nur noch nach. In diesem Moment schien es kaum einen Unterschied zwischen dem Ritter und dem Minotaurus zu geben.

Selbst so reichte der Einsatz nicht aus, und es sah so aus, als würden die Ritter in die Flucht geschlagen. Dann schlossen sich weitere riesige Gestalten dem Kampf an – diesmal für die solamnische Seite. Verstärkung war eingetroffen. Humas Begeisterung währte allerdings nur kurz. Ein neuer Oger stürzte sich auf ihn.

So unvermittelt, wie sie aufgezogen war, verschwand die höllische Finsternis. Der Widerstand der Zauberkundigen der Königin ließ nach. Die Ritter warfen sich mit neuer Hoffnung nach vorn. Huma sah den Boden aufplatzen und erschauerte innerlich, als zahllose feindliche Krieger hoch in die Luft geworfen wurden, um Sekunden später herunterzukrachen.

»Huma!« Die Stimme gehörte Rennard und schien ihn warnen zu wollen. Huma drehte sich zu der Stimme um, als plötzlich ein Schatten vor ihm emporwuchs. Jemand rang mit ihm. Es gelang Huma, seine Klinge zwischen sich und den Gegner zu schieben und sie dem anderen in den Hals zu stoßen.

In der Dunkelheit wendete Huma sein Pferd, um seine Kameraden nach Gehör zu suchen. Das wurde ihm zum Verhängnis, denn etwas Schweres kam durch die Nacht geflogen und traf ihn hart an der Rückseite des Helms.

Er sackte nach vorn und rutschte vom Pferd.

Huma hatte nicht gewußt, daß die Todesbotin so schön und so liebevoll sein würde. Sie griff nach vorn und tupfte den Schweiß von seiner Stirn. Dann hob sie seinen Kopf etwas an, damit er einen Schluck Wasser trinken konnte.

Das Wasser brachte ihn wieder zur Besinnung, so daß er erkannte, daß er nicht tot war. Das Gesicht über ihm war nicht der Tod, sondern gehörte einer schönen, jungen Frau mit weißen – nein, silbernen – Haaren. Ihr Haar faszinierte ihn so sehr, daß er die Hand heben wollte, um es zu berühren. Zu seiner Überraschung genügte der Schmerz dieser einfachen Bewegung, damit er wieder sein Bewußtsein verlor.»Wachst du überhaupt noch mal auf?«

Die knurrige, aber besorgte Stimme durchbrach Humas Dämmern. Seine Augen öffneten sich blinzelnd, dann verschlossen sie sich wieder fest vor dem Licht.

»Das bißchen Licht dürfte dich nicht umbringen, nachdem Oger und Drachen das nicht geschafft haben.«

Huma wagte einen neuerlichen Versuch, diesmal langsamer. Ein winziges bißchen Licht sickerte durch seine Augenlider.

Er öffnete die Augen ein wenig mehr und begann, um sich herum Formen wahrzunehmen. Die wichtigste davon war das häßliche Gesicht des Minotaurus.

»Kaz?« Seine Stimme erschreckte ihn; es war kaum ein Krächzen.

»Gut geraten.«

Huma betrachtete seine Umgebung. Er befand sich in einem Zelt, das für Verwundete reserviert war. Die meisten anderen Feldbetten waren leer, und auf den paar besetzten lagen fest schlafende Gestalten – vielleicht nicht einmal mehr schlafend. Er erschauerte. Das brachte den Schmerz zurück.