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Aber Magus war sein Freund.

Bei klarem Verstand betrachtet, erwies sich der Angreifer als nur allzu real. Rennard zog das Schwert aus dem Baum und ließ den Körper des Zauberers herunter. Zu seiner eigenen Überraschung griff Huma selbst hinunter und zog ihm die Kapuze vom Gesicht. Selbst im Dunkeln war das Gesicht abstoßend. Nur Rennard schien von dem Bösen, das darauf geschrieben stand, unbeeindruckt.

Der Magier mochte ein Mensch gewesen sein, doch er glich eher einem Reptil. Seine Haut war dunkel und schuppig und glitzerte im Fackellicht. Die Augen waren schmale Schlitze, die Nase kaum vorhanden. Huma bemerkte Zähne, die die des Minotaurus in den Schatten gestellt hätten. Mehr als ein Ritter rief Paladin an.

Der Tote steckte in einer dicken, groben Robe aus braunem Tuch. Rennard betastete sie, um sie dann loszulassen, als wäre sie eine Viper. »Er trägt nicht das Schwarz der Drachenkönigin.« Er zeigte auf zwei Ritter. »Bringt das hier ins Lager zurück. Ich will wissen, was die Zauberkundigen zu sagen haben. Die anderen: ausschwärmen. Überzeugt euch davon, daß er keine Überraschungen zurückgelassen hat. Huma, du bleibst bei mir.«

Sie sahen die anderen gehen, dann fuhr Rennard herum und blitzte Huma so zornig an, daß der bloße Anblick des sonst ungerührten Gesichts den jungen Ritter zurückweichen ließ.

»Wer war der andere?«

»Es gab keinen anderen.«

»Es gab einen.« Kälte folgte diesen Worten. »Ich weiß es. Ich sehe keinen Grund, warum du versuchen solltest, die Anwesenheit eines Zauberers zu vertuschen, außer – « Er starrte Huma direkt in die Augen. Huma erwiderte den Blick und kämpfte dagegen an. Zu seiner Überraschung war es Rennard, der zum Wegsehen gezwungen war.

Es war ein schaler Triumph. »Eindeutig. Bei so viel Anstrengung kann ich mir nur einen vorstellen, den du schützen würdest – aber was macht Magus hier draußen?«

»Ich habe nicht – « Huma fehlten die Worte. Woher wußte Rennard überhaupt von seinem Jugendfreund?

»Du bist ein Dummkopf, Huma. Ein tapferer, fähiger Ritter, aber du hast zu viel Menschlichkeit in dir, zu viel Vertrauen zu anderen. Ausgerechnet ein Zauberer. Zauberern kann man nicht trauen. Sie werden sich immer gegen dich wenden. Sie sind Verräter.«

Trotz seines Respekts vor Rennard reckte Huma sich bei dieser Beleidigung. »Magus ist nichts dergleichen. Wir sind zusammen aufgewachsen. Er würde nicht das verraten, woran er geglaubt hat.«

Rennard schüttelte betrübt den Kopf. »Du wirst erst begreifen, wenn es zu spät ist.« Dann ließ Rennard das Thema fallen, weil alles gesagt war. »Komm. Wir kehren lieber zum Lager zurück. Ich glaube, das ist etwas, wovon Fürst Oswal erfahren sollte.«

Der blasse Krieger gab Huma sein Schwert zurück. Ohne sich davon zu überzeugen, daß Huma ihm folgte, ging Rennard los. Huma lief ihm nach, wobei er sich fragte, was der andere Ritter melden würde und was Huma selbst sagen würde, wenn er genau wußte, daß einer seiner Zuhörer bereits wußte, daß er gelogen hatte.

Was würden der Kodex und der Maßstab fordern?

7

Es hatte einmal einen Ausbilder namens Garig gegeben, der beschlossen hatte, daß der Knappe Huma die Vorbereitung auf die Ritterschaft nicht bestehen sollte. Garig war ein Ungeheuer von Mann gewesen, dessen Gestalt und Gesicht eher einem Bären geglichen hatten. Manche wunderten sich, daß er überhaupt ein Ritter war, so brutal, wie er sein konnte. Jedenfalls hatte Garig sich vorgenommen, Huma innerhalb von einem Monat kleinzukriegen. Huma jedoch blieb. Blieb, lernte und zeichnete sich aus, obwohl er eine Heidenangst vor Garig hatte. Fürst Oswal, der Oberste Kommandant, machte ihm Mut. Wie Rennard hatte Fürst Oswal in Huma etwas gesehen, das er trotz der zweifelhaften Herkunft des Jungen unbedingt kultivieren wollte. Zuletzt lehnte sich der Knappe gegen den übermächtigen Ausbilder auf und besiegte ihn eindeutig in einem Schaukampf, der diesen Namen kaum noch verdiente. Das war ebensosehr ein Sieg über seine Angst wie über Garig.

Jetzt hatte Huma wieder Angst, als er vor den Mann trat, der ihm geholfen hatte, diese Hürde zu überwinden.

Der Oberste Kommandant war trotz der späten Stunde vollständig angezogen und hellwach. Huma staunte – wie viele andere –, daß der alte Ritter nie zu schlafen schien. Der Befehlshaber der Militäraktion saß auf einem einfachen Holzstuhl, der in scharfem Kontrast zu seiner prächtigen Uniform stand. Sein Helm lag neben ihm auf dem Tisch, auf dem auch ein gutes Dutzend Karten ausgebreitet waren. Huma kam sich vor, als würde ihn auch der Helm irgendwie inspizieren.

Nur zwei weitere Ritter waren anwesend. Der eine war ein eher kleiner, rundlicher Mann, dessen äußere Erscheinung seine innere Stärke und Intelligenz verdeckte. Sein Haupt war nur von wenigen Haaren geziert: Er hatte nur einen kleinen Spitzbart und ein paar Locken am Hinterkopf. Arak Falkenauge war kein besonders humorvoller Mensch. Sein zweiter Name rührte von seiner Präzision als Bogenschütze her. Selbst die Nomadenstämme des Südens kannten Falkenauge. Im Reiten und Schießen konnte er jeden von ihnen schlagen. Es war sein persönlicher Ehrgeiz, eine Rittergruppe so auszubilden, daß sie ritt und schoß wie die Männer aus den Ebenen. Er trug die Wappen des Ordens der Krone, den er bei dieser Aktion befehligte.

Zwischen ihnen stand Bennett, Sohn des Großmeisters, Neffe des Obersten Kommandanten und Vertreter des Ordens des Schwertes. Er beachtete den jungen Ritter kaum. Bennetts Anwesenheit war der eigentliche Grund für Humas Nervosität. Bennett galt als Inbegriff der Ritterschaft und konnte jede Zeile aus jedem Band des Kodex, den Vinas Solamnus aufgestellt hatte, zitieren. Er lebte danach, und deshalb hatte Huma bis jetzt im Orden bleiben können. Trotz seines Einflusses würde Bennett nichts tun, was eindeutig gegen Kodex und Maßstab verstieß. Als die Einwände bezüglich Humas Abstammung nicht ausgereicht hatten, um den neuen Ritter abzulehnen, hatte Bennett nicht zu unangenehmeren Maßnahmen gegriffen, wie mancher andere – auch Ritter – es wohl getan hätten. Statt dessen behandelte ihn der Sohn des Großmeisters als notwendiges Übel, das man nach Möglichkeit ignorierte. Einflußreich wie Bennett war, wurde es für Huma schwierig, Freunde zu gewinnen.

Bennett glich von der Erscheinung her sehr seinem Vater und seinem Onkel, auch wenn er eindeutig mehr nach dem ersteren geraten war. Wer Fürst Trake in jungen Jahren gekannt hatte, schwor, daß es keinen Unterschied zwischen Vater und Nachwuchs gab. Beide hatten dieselben habichtartigen Gesichtszüge, das Aussehen eines Raubvogels. Das Haus Baxtrey war von uraltem königlichem Blut. Viele Adlige des Kaiserreichs Ergod wiesen die gleichen Züge auf. Als Bennett sich wegdrehte, in Gedanken wahrscheinlich bei der bevorstehenden Verhandlung, trafen sich seine und Humas Augen für einen Moment. Sein Blick war kalt.

»Du kannst gehen oder bleiben, wie du wünschst, Rennard.«

Rennard straffte sich. »Ich bleibe, wenn der Oberste Kommandant nichts dagegen hat.«

Bennett hatte ganz offensichtlich etwas dagegen. Trakes Sohn haßte Rennard fast so sehr, wie er Huma haßte, allerdings aus anderen Gründen. Nur eine Person außer Fürst Oswal konnte den Sohn des Großmeisters im Wettkampf besiegen. Und zwar gründlich. Für jemanden wie Bennett, der auf seine Perfektion so stolz war, war das unerträglich. Die beiden Rivalen starrten einander jetzt offen an, wobei Rennard jedoch wirkte, als betrachte er einen Grashalm.

Fürst Oswal wendete sich Huma zu: »Eigentlich müßte Fürst Arak deinen Bericht abnehmen, doch da wir es nun einmal mit Situationen zu tun haben, die sich von Minute zu Minute ändern, möchte ich, daß wir es alle sofort hören. Sowohl Arak als auch Bennett sind damit einverstanden.« Bennett schaute seinen Onkel an und dann wieder zur Seite. »Wenn du dann anfangen würdest?«