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Als David unterwegs war, wurde es offensichtlich, daß wir nicht in dieser unmöglichen Wohnung in Somerville bleiben konnten. Da ich nun in der Lage war, einen Wagen zu fahren, waren wir nicht länger auf die Buslinie angewiesen und konnten uns in der weiteren Umgebung umsehen. Im Frühjahr 1951 bezogen wir eine Wohnung in Waltham, Massachusetts. Sie stellte gegenüber der vorigen eine große Verbesserung dar, obwohl auch sie im Sommer ziemlich heiß war. Im Wohnzimmer gab es zwei kleine eingebaute Bücherschränke, in denen ich eine Sammlung meiner eigenen Bücher in chronologischer Reihenfolge unterbrachte. Während wir in dieser Wohnung lebten, brachte ich es auf siebzehn Bücher. Als im Jahre 1952 mein Lehrbuch für Biochemie erschien, erhielt es seinen Platz unter den anderen. Ich sah nicht ein, warum ein wissenschaftliches Lehrbuch größere Respektabilität beanspruchen sollte als ein Science-Fiction-Roman.

Wenn ich Ambitionen hatte, so waren sie nicht auf Respektabilität gerichtet. Ich hatte vielmehr den Wunsch, lustige Sachen zu schreiben.

Humor ist allerdings eine komische Sache. Oder eine sonderbare Sache, wenn man eine Abneigung gegen Wortspiele hat. Es ist nicht möglich, ein wenig oder einigermaßen oder leidlich komisch zu sein. Man ist entweder komisch oder nicht komisch; dazwischen gibt es nichts. Und gewöhnlich ist der Schreiber derjenige, der sich für komisch hält, während der Leser ganz anderer Meinung ist.

Humor ist also keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Besonders in den frühen Tagen der schriftstellerischen Karriere, wenn man noch keine Erfahrung im Umgang mit seinen Werkzeugen hat, sollte man damit vorsichtig sein. Und doch versucht es fast jeder angehende Schriftsteller mit Humoresken, überzeugt, es sei weiter nichts dabei.

Ich machte darin keine Ausnahme. Als ich vier Erzählungen geschrieben und eingeschickt, aber noch nicht verkauft hatte, meinte ich bereits, es sei an der Zeit, eine lustige Geschichte zu schreiben, und ich machte mich daran. Sie hieß RING AROUND THE SUN, und es gelang mir tatsächlich, sie zu verkaufen. Später wurde sie in den Sammelband THE EARLY ASIMOV aufgenommen.

Aber selbst in ihrer Entstehungszeit fand ich sie nicht wirklich erfolgreich komisch, und das gleiche galt für mehrere andere lustige Geschichten, an denen ich mich versuchte, wie etwa CHRISTMAS ON GANYMEDE und ROBOT AL-76 GOES ASTRAY (Doubleday, 1964).

Erst 1952 gelang mir der Durchbruch (nur in meinem eigenen Urteil; das Ihrige will ich damit nicht vorwegnehmen). In den beiden Kurzgeschichten BUTTON, BUTTON und THE MONKEY’S FINGER glaubte ich endlich den richtigen Ton gefunden zu haben. Während des Schreibens kicherte ich in einem fort, und es gelang mir, beide Geschichten an „Startling Stories“ zu verkaufen, wo sie im Januar beziehungsweise Februar 1953 erschienen.

Und, lieber Leser, wenn Sie sie nicht komisch finden, so sagen Sie es mir nicht. Lassen Sie mir meine Illusionen.

Aus Alt mach Neu

Der Smoking war es, der mich so täuschte, daß ich ihn nicht gleich erkannte. Für mich war er bloß ein möglicher Klient, seit einer Woche der erste, den ein gütiges Geschick zu mir hereinwehte. Und er sah schön aus.

Sogar um halb zehn Uhr früh und in einem Smoking sah er schön aus. Zehn Zentimeter knochiges Handgelenk und sechzehn Zentimeter knorrige Hand machten weiter, wo der Ärmel aufhörte; Sockenränder und Hosenbeine fanden nicht ganz zusammen; trotzdem sah er schön aus.

Dann blickte ich ihm ins Gesicht, und es war überhaupt kein Klient. Es war mein Onkel Otto. Mit der Schönheit war es vorbei. Onkel Ottos Gesicht hatte den gewohnten Ausdruck eines alten Schweißhundes, der gerade einen Fußtritt von seinem Herrn bekommen hat.

Meine Reaktion war nicht sehr originell. Ich sagte: „Onkel Otto!“

Sie würden ihn auch kennen, wenn Sie dieses Gesicht einmal in Ihrem Leben gesehen hätten. Als er vor ungefähr fünf Jahren auf der Titelseite des Nachrichtenmagazins TIME abgebildet wurde (das war entweder 1957 oder 1958), gingen 204 Leserzuschriften ein, deren Absender bekannten, daß sie dieses Gesicht niemals vergessen würden. Die meisten fügten Bemerkungen über Alpträume hinzu. Wenn Sie den vollen Namen meines Onkels wissen wollen, er heißt Otto Schlem-melmayer. Aber lassen Sie sich nicht zu voreiligen Schlußfolgerungen verleiten. Er ist der Bruder meiner Mutter. Ich heiße Smith.

Er sagte: „Harry, mein Junge“, und ächzte.

Interessant, aber nicht erhellend. Ich sagte: „Warum der Smoking?“

Er sagte: „Er ist geliehen.“

„Na schön. Aber warum trägst du ihn am Morgen?“

„Ist es schon Morgen?“ Er blickte ungewiß umher, dann ging er zum Fenster und schaute hinaus.

Das ist mein Onkel Otto Schlemmelmayer.

Ich versicherte ihm, daß es Morgen sei, und mit einiger Anstrengung folgerte er, daß er die ganze Nacht durch die Straßen gelaufen sein müsse. Er nahm eine Handvoll Finger von der Stirn und sagte verwundert: „Aber ich war so aufgeregt, Harry. Beim Bankett...“

Die Finger wedelten einen Augenblick ziellos vor meinem Gesicht, dann schlossen sie sich zu einer Faust, die auf meinen Schreibtisch niedersauste. „Aber jetzt ist Schluß! Von nun an mache ich es so, wie ich will.“

Das sagte mein Onkel Otto, seit es mit dem „Schlem-melmayer-Effekt“ angefangen hatte. Vielleicht überrascht Sie das. Vielleicht glauben Sie, es sei der Schlem-melmayer-Effekt, der meinen Onkel berühmt gemacht hat. Nun, es kommt alles darauf an, wie man es sieht.

Er entdeckte den Effekt im Jahre 1952; wahrscheinlich wissen Sie darüber so viel wie ich. Er entwickelte ein Germanium-Relais, das auf Gedankenwellen, oder vielmehr auf die elektromagnetischen Felder der Gehirnzellen reagiert. Er arbeitete jahrelang daran, ein solches Relais in eine Flöte einzubauen, so daß sie allein durch die Kraft des Gedankens Musik spielen würde. Es war seine Liebe, sein Lebensziel, es sollte die Musik revolutionieren. Jeder würde in Zukunft spielen können; Technik und Geschicklichkeit wären nicht mehr nötig - nur der Gedanke.

Dann, es mag fünf Jahre her sein, modifizierte Stephen Wheland, ein junger Forscher im Dienst der Rüstungsfirma Consolidated Arms, den Schlemmelmay-er-Effekt und kehrte ihn gewissermaßen um. Er entwickelte ein Feld von Ultraschallwellen, die das Gehirn über ein Germanium-Relais aktivieren und braten konnten. Im Experimentierstadium tötete er damit eine Ratte aus sieben Metern Entfernung. Wie sich später herausstellte, wirkte die Methode auch bei Menschen.

Daraufhin erhielt Wheland einen Bonus von zehntausend Dollar und wurde befördert, während die Mehrheitsaktionäre der Consolidated Arms Millionen machten, als die Regierung die Patente kaufte und ihre Aufträge erteilte.

Und mein Onkel Otto? Er kam auf die Titelseite der TIME.

Von da an wußte jeder, der sich ihm auf ein paar Kilometer näherte, daß er einen Kummer hatte. Manche meinten, es liege daran, daß er kein Geld bekommen hatte; andere, daß seine großartige Entdeckung zu einem Instrument    des Krieges und des Tötens gemacht worden war.

Alles Unsinn! Es war seine Flöte! Der arme Onkel Otto. Er liebte seine Flöte. Er trug sie ständig bei sich, stets zu einer Demonstration bereit. Wenn er aß, ruhte sie in ihrem Spezialfutteral neben ihm auf dem Tisch, und wenn er schlief, verwahrte er sie am Kopfende seines Bettes. Sonntagvormittags erfüllten Onkel Ottos nicht immer harmonische Flötentöne die Physiklaboratorien der Universität, wenn das Instrument unter unvollkommener geistiger Kontrolle deutsche Volkslieder zum besten gab.

Das Problem war, daß kein Hersteller etwas damit zu tun haben wollte. Sobald die Existenz des neuartigen Instruments bekanntgeworden war, hatte die Musikergewerkschaft    mit    landesweitem    Streik gedroht. Die

Unterhaltungsindustrie alarmierte ihre Vertrauensmänner im Parlament und ließ einen Gesetzentwurf zur Unterbindung unlauterer Konkurrenz im Musikwesen einbringen; und selbst der alte Pietro Faranini steckte sich den Dirigentenstab hinters Ohr und gab gegenüber der Presse glühende Erklärungen über den bevorstehenden Untergang der Kunst ab.