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Wir übten die Geschichte ein, bis er sie auswendig wußte. Ich brannte die Ränder des Pergamentstücks an, so daß der unterste Name, der George Walton gehörte, ein wenig angesengt wurde.

„So sieht es realistischer aus“, erläuterte ich. „Eine Unterschrift ohne Brief ist natürlich weniger wert als ein komplettes Schriftstück, aber dafür haben wir die Signaturen aller drei Unterzeichner.“

Onkel Otto wurde nachdenklich. „Und wenn sie die Signaturen mit denen auf der Unabhängigkeitserklärung vergleichen und feststellen, daß sie haargenau übereinstimmen? Werden sie nicht einen Betrug vermuten?“

„Sicherlich. Aber was können sie machen? Das Pergament, die Tinte, die Unterschriften - alles ist authentisch. Das werden sie zugeben müssen. Gleichgültig, wie sehr sie einen Schwindel vermuten, sie können nichts beweisen. Ich hoffe sogar, daß sie versuchen werden, ein Aufhebens davon zu machen. Die Publizität wird den Preis in die Höhe treiben.“

Der letzte Satz brachte Onkel Otto zum Lachen. Am folgenden Tag nahm er den Zug nach Washington, erfüllt von Zukunftsvisionen, in denen Flöten die Hauptrolle spielten. Lange Flöten, kurze Flöten, Baßflöten, Querflöten, Flöten für den Solisten und Flöten für das Orchester. Eine Welt von Flöten für gedankenerzeugte Musik.

„Vergiß nicht“, waren seine letzten Worte, „ich habe kein Geld, um die Maschine neu zu bauen. Diese Sache muß klappen.“

Und ich sagte: „Onkel Otto, es kann nichts schiefgehen.“

Ha!

Nach einer Woche war er zurück. Ich hatte jeden Tag Ferngespräche geführt, und jeden Tag hatte er mir gesagt, daß sie Nachforschungen anstellten.

Nachforschungen. Was konnte ihnen das nützen?

Ich erwartete ihn am Bahnhof. Er stieg mit ausdrucksloser Miene aus dem Zug, und ich wagte es nicht, ihn in der Öffentlichkeit zu fragen. Ich wollte sagen: „Nun, wie ist es? Ja oder nein?“ Aber dann dachte ich, laß ihn reden.

Ich fuhr ihn zu meinem Büro, bot ihm eine Zigarre und etwas zu trinken an. Ich versteckte meine Hände unter dem Schreibtisch, aber das führte nur dazu, daß der Schreibtisch auch zitterte, also steckte ich sie in die Hosentaschen und zitterte am ganzen Körper.

Er sagte: „Sie haben nachgeforscht.“

„Natürlich! Ich sagte dir, daß sie das machen würden, nicht wahr? Ha, ha, ha! Hm?“

Onkel Otto sog verdrießlich an der Zigarre, räusperte sich umständlich und sagte: „Der Mann in der Doku-mentenabteilung kam zu mir und sagte:    ,Professor

Schlemmelmayer’, sagte er, ,Sie sind das Opfer eines schlauen Betrugs.’ Ich sagte: ,So? Wie kann es ein Betrug sein? Ist die Unterschrift eine Fälschung?’ Und er antwortete: ,Sie sieht gewiß nicht wie eine Fälschung aus, muß aber eine sein!’ Und ich fragte ihn, warum es eine sein müsse.“

Mein Onkel Otto legte die Zigarre weg, stellte das Whiskyglas auf den Schreibtisch und beugte sich zu mir herüber. Er hatte mich so in Spannung gebracht, daß ich mich vorwärts neigte, ihm entgegen. So verdiente ich in einer Weise, was ich bekam.

„Genau!“ babbelte ich aufgeregt. „Warum muß es eine Fälschung sein? Sie können nicht beweisen, daß irgend etwas daran falsch ist, weil alles echt und richtig ist. Warum muß es eine Fälschung sein, eh? Warum?“

Onkel Ottos Stimme war erschreckend ruhig und freundlich. Er sagte: „Wir holten das Pergament aus der Vergangenheit, nicht wahr?“

„Ja. Du weißt es.“

„Aus ferner Vergangenheit.“

„Richtig. Mehr als hundertfünfzig Jahre. Du sagtest ...“

„Und vor hundertfünfzig Jahren war das Pergament, auf dem die Unabhängigkeitserklärung steht, noch ziemlich neu, nicht wahr?“

Ich begann zu begreifen, aber nicht schnell genug. Onkel Ottos Stimme schwoll zu dumpf grollendem Donner an. „Und wenn Button Gwinnett 1777 starb, du elender Dummkopf, wie kann eine authentische Unterschrift von ihm auf einem neuen Stück Pergament stehen?“

Danach war alles um mich her nur noch ein Vorwärts- und Rückwärtsstürzen.

Ich rechne damit, bald aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Die Schmerzen sind noch nicht vergangen, aber der Arzt sagt, es habe keine Knochenbrüche gegeben.

Trotzdem, mein Onkel Otto hätte mich nicht zwingen müssen, das verdammte Pergament zu schlucken.

Wenn ich gedacht hatte, nach diesen Geschichten als ein Meister des Humors anerkannt zu werden, so sah ich mich getäuscht. L. Sprague de Camp, einer der erfolgreichsten Verfasser humorvoller Science Fiction, hatte in seinem Handbuch der Science Fiction, das 1953 erschien, nicht lange nach diesen (meiner Meinung nach) erfolgreichen Vorstößen in das Gebiet des Humors, folgendes über mich zu sagen:

„Asimov ist ein kräftiger und jugendlich aussehender Mann mit welligem, braunem Haar, blauen Augen und einem frischen, jovialen und zuweilen überschäumenden Temperament, der von seinen Freunden wegen    seiner    großzügigen, warmherzigen    Natur    geschätzt    wird.    Außerordentlich gesellig, beredsam und witzig,    ist er    ein vollkommener Ausbringer von Trink sprüchen. Diese Neigung zum Humor im persönlichen Umgang kontrastiert mit der Nüchternheit seiner Erzählungen.“

Nüchternheit!

Auf der anderen Seite nahm Groff Conklin die vorliegende Erzählung zwölf Jahre später in seine Anthologie 13 ABOVE THE NIGHT (Dell, 1965) auf und sagte dazu: „Wenn    der gute Doktor beschließt,    einen    Tag

freizunehmen und lustig zu sein, dann gibt es in der Tat zu lachen ...“

Nun, obwohl Groff und Sprague beide sehr gute Freunde von mir waren (Groff ist leider nicht mehr am Leben), steht in diesem besonderen Fall wohl außer Frage, daß Groff den besseren Geschmack zeigt.

Bevor ich fortfahre, sollte ich übrigens erklären, was es mit Spragues Bemerkung über meine „großzügige, warmherzige Natur“ auf sich hat, die all jene verwundern mag, die mich als ein boshaftes, dreckiges Scheusal kennen.

Spragues Vorurteil zu meinen Gunsten beruht vermutlich auf einem einzigen Zwischenfall.

1942 arbeiteten Sprague und ich im Marinearsenal von Philadelphia. Es war Kriegszeit, und zum Betreten des abgesperrten Geländes brauchten wir Ausweisplaketten. Wer seine Plakette vergaß, mußte sich eine Stunde lang mit der Bürokratie herumschlagen, um einen befristeten Passierschein zu bekommen, büßte einen Stundenlohn ein und erhielt eine Eintragung des Vergehens in die Personalakte.

Als wir am bewußten Tag zum Tor gingen, nahm sein Gesicht einen grünlichen Pastellton an, und er sagte: „Ich habe meine Plakette vergessen!“ Er hoffte zu der Zeit auf die Ernennung zum Leutnant der Kriegsmarine und befürchtete, daß selbst ein kleiner Fleck auf seiner Weste nachteilige Auswirkungen haben könnte.

Nun, ich hatte keine solchen Ambitionen und war von der Schule her so daran gewöhnt, ins Büro des Direktors gerufen zu werden, daß mich ein Anpfiff vom Feldwebel nicht schrecken konnte.

Also gab ich ihm meine Plakette und sagte: „Stecke dir das an die Jacke und gehe ‘rein, Sprague. So genau werden sie nicht hingucken.“ Er ging durch das Tor, und sie ließen ihn passieren. Ich meldete, daß ich meine Plakette vergessen hätte und holte mir meinen Anpfiff.

Sprague hat das nie vergessen. Bis zum heutigen Tag geht er herum und erzählt den Leuten, was für ein großartiger Kerl ich sei, ungeachtet der Tatsache, daß alle ihn ungläubig anstarren Diese eine impulsive Tat hatte eine lebenslange Propaganda zu meinen Gunsten zur Folge. Laß dein Boot übers Wasser fahren, wie es bei Salomo 11,1 so schön heißt...