Hoskins sagte: „Aber...“
„Nur zu“, sagte Marmie, „stimmen Sie für die mechanische Lösung. Sagen Sie, daß der kleine Rollo der ideale Herausgeber ist.“
„In Ordnung, Marmie, ich werde die Geschichte nehmen, wie sie ist“, sagte Hoskins mit einem leichten Beben in der Stimme. „Nein, geben Sie sie mir nicht mit; schicken Sie sie mit der Post. Ich muß jetzt einen trinken gehen, wenn Sie nichts dagegen haben.“
Er drückte sich den Hut in die Stirn und wandte sich zum Gehen. Torgesson rief ihm nach: „Erzählen Sie niemandem vom kleinen Rollo, bitte.“
„Halten Sie mich für verrückt?“ Das Zuschlagen der Tür bekräftigte die Antwort.
Marmie rieb sich ekstatisch die Hände, als Hoskins draußen war. „Köpfchen, das war es“, sagte er und bohrte den Zeigefinger so tief in seine Schläfe, wie es ging. „Dieser Verkauf hat mir Spaß gemacht. Dieser Verkauf, Professor, ist mir mehr wert als alle anderen zusammengenommen.“ Er ließ sich froh und zufrieden auf den nächstbesten Stuhl fallen.
Torgesson nahm den kleinen Affen behutsam mit einer Hand und hob ihn auf die Schulter. „Aber was hätten Sie getan, Marmaduke“, sagte er sanft, „wenn Rollo Ihre Version getippt hätte?“
Ein bekümmerter Ausdruck überschattete für kurze Zeit Marmies Gesicht. „Ja, verdammt noch mal“, sagte er, „genau das hatte ich erwartet!“
Der Schriftsteller und der Herausgeber in dieser Geschichte waren übrigens einem echten Paar nachempfunden, das über eine wirkliche Geschichte stritt. Dabei ging es um die Erzählung C-CHUTE, die im Oktober 1951 in der Zeitschrift „Galaxy“ erschien und später in meinen Sammelband NIGHTFALL AND OTHER STORIES aufgenommen wurde. Ich war natürlich der Schriftsteller, und Horace Gold war der Herausgeber. Obwohl der Streit und die Geschichte authentisch sind, habe ich die handelnden Personen karikiert. Ich bin überhaupt nicht wie der Schriftsteller in der Geschichte, und Horace ist ganz gewiß nicht wie der Herausgeber. Horace hat seine eigenen Besonderheiten, die bei weitem interessanter sind als jene, die ich mir für die Erzählung ausgedacht habe, und Ähnliches läßt sich von mir sagen - aber das tut hier nichts zur Sache.
Von all meinen Geschichten, die einmal und dann nie wieder erschienen sind, ist diese nächste diejenige, über die ich am meisten spreche. Ich habe sie in Dutzenden von Gesprächen erwähnt und gelegentlich sogar darüber geschrieben, und das aus einem sehr guten Grund.
Im April 1953 war ich in Chikago. Ich reise nicht viel, und dies war mein erster Besuch in Chikago (seitdem bin ich nur einmal wieder dort gewesen). Ich nahm an einer Tagung der Amerikanischen Chemikergesellschaft teil, bei der ich einen kleinen Vortrag halten sollte. Das war nicht sehr lustig, und so beschloß ich, mir ein wenig Abwechslung zu verschaffen und besuchte die Geschäftsräume der Zeitschrift „Universe Science Fiction“ im nördlichen Vorort Evanston.
Die Zeitschrift wurde damals von Bea Mahaffey herausgegeben, einer außerordentlich gutaussehenden jungen Frau. Sie begrüßte mich mit großer Freude und fragte sofort, warum ich ihr nicht eine Geschichte zur Veröffentlichung mitgebracht habe.
„Sie wollen eine Geschichte?“ sagte ich, mich in ihrer Schönheit sonnend. „Ich werde Ihnen eine schreiben. Bringen Sie mir eine Schreibmaschine.“
Tatsächlich wollte ich sie bloß beeindrucken und hoffte, daß sie sich in einem Anfall unbändiger Verehrung mir in die Arme werfen würde. Aber sie tat es nicht. Sie brachte mir eine Schreibmaschine.
Ich mußte zu meinem Wort stehen. Da die Ersteigung des Mount Everest in jenen Tagen viel abgehandelt wurde (seit dreißig Jahren waren Besteigungsversuche unternommen worden, und der siebte Versuch war gerade gescheitert), überlegte ich rasch und schrieb EVEREST.
Bea Mahaffey las die kleine Geschichte, fand Gefallen daran und bot mir dreißig Dollar, die ich mit Freuden annahm. Prompt gab ich die Hälfte davon für ein feines Abendessen mit ihr aus und bemühte mich mit solchem Erfolg, charmant, rücksichtsvoll und liebenswürdig zu sein, daß die Bedienung mir anvertraute, so wie mich wünschte sie sich ihren Schwiegersohn.
Das berechtigte zu den schönsten Hoffnungen, und mit leichtem Herzen brachte ich Bea nach Haus. Ich bin nicht sicher, was ich vorhatte, aber wenn ich wirklich an etwas dachte, was nicht absolut schicklich war (sicherlich nicht!), wurde es vereitelt. Bea brachte es fertig, in die Wohnung zu schlüpfen und mich auf dem Korridor stehen zu lassen, ohne daß ich die Tür aufgehen sah.
Mount Everest
Im Jahre 1952 waren die Alpinisten der Welt nahe daran, ihre Versuche zur Ersteigung des Mount Everest aufzugeben. Daß weitere Versuche unternommen wurden, lag nur an den Fotografien.
Wie es bei Fotografien häufig der Fall ist, zeigten sie nicht viel her; sie waren verschwommen, streifig, und was das allgemeine Interesse an ihnen bewirkte, waren nur ein paar dunkle, formlos-klumpige Flecken im Weiß. Aber diese dunklen Flecken waren Lebewesen. Die Männer beschworen es.
Ich sagte: „Was zum Teufel, seit vierzig Jahren wird von Schneemenschen und ähnlichen Wesen geredet, die auf den Gletschern des Everest herumrutschen. Es ist an der Zeit, daß wir den Dingen auf den Grund gehen.“ Jimmy Robbons (mit vollem Namen James Abram Robbons) war derjenige, der mich in diese Position drängte. Er ist ein alter Bergsteiger und Expeditions-teilnehmer, und er wußte auch genau darüber Bescheid, daß die Tibeter dem Mount Everest nicht zu nahe kommen, weil er der Berg der Götter ist. Er kannte die Legenden der Einheimischen vom Yeti, dem rätselhaften Schneemenschen, und wußte von jedem menschenähnlichen Fußabdruck, der jemals im ewigen Schnee entdeckt worden war; und ebensogut, wie er von dünnen weißlichen Gestalten zu berichten wußte, die Klüfte übersprangen und vereiste Grate entlangjagten, konnte er von den dramatischen und nicht selten tragischen Schicksalen früherer Expeditionen erzählen.
Es ist immer gut, einen begeisterten Kollegen wie ihn im Vermessungstrupp zu haben.
Die letzten Aufnahmen verliehen seinen Worten jedoch Gewicht. Schließlich war die Vorstellung, daß es menschenähnliche Lebewesen sein mochten, nicht völlig von der Hand zu weisen.
Jimmy sagte: „Sieh mal, die Frage ist nicht die, daß es sie gibt, die Frage ist vielmehr, daß sie schnell sind. Schau dir diese Gestalt an; sie ist ganz unscharf.“
„Die Aufnahme könnte verwackelt sein.“
„Die Felskante hier ist scharf genug. Und die Männer schwören, dieses Ding sei wie der Teufel gerannt. Stell dir vor, was für ein Stoffwechselsystem jemand haben muß, um in dieser dünnen Luft zu rennen! Und noch was: Würdest du an Tiefseefische glauben, wenn du nie von ihnen gehört hättest? Es gibt Fische, die auf der Suche nach neuen Existenznischen weiter und weiter in die Tiefe vordringen, bis sie sich den Bedingungen dort soweit angepaßt haben, daß sie nicht zurückkehren können. Die Anpassung ist so gründlich, daß sie nur in völliger Dunkelheit, unter tonnenschwerem Wasserdruck und bei Temperaturen leben können, die kaum zwei Grad über dem Gefrierpunkt liegen.“
„Nun...“
„Kannst du das Bild nicht umkehren? Lebewesen können gezwungen sein, sich in unzugängliche Ge-birgshöhen zurückzuziehen und in dünnerer Luft und bei niedrigeren Temperaturen zu überleben. Sie können sich von Moosen und Flechten ernähren, vielleicht auch von anderen Lebensformen, die sich in ihren Bereich verirren, ähnlich wie die Tiefseefische von der abgestorbenen Fauna der oberen Regionen leben, die allmählich absinkt. Auch in diesem Fall erreicht die Art einen Anpassungsgrad, der es ihr schließlich unmöglich macht, in die Täler zurückzukehren. Ich will nicht einmal behaupten, daß diese Lebewesen Menschen seien. Sie können Gemsen oder Bergziegen sein.“