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„Wegen der Atomwaffenvorräte.“

„Was?“

„Das könnte die Antwort sein, Mr. Everard. Angenommen, jemand hat eine Methode gefunden, die jede Art von radioaktivem Zerfall zum Stillstand bringen kann. Vielleicht überdeckt dieses Phänomen unser ganzes Land. Wenn das der Fall ist, kann es nur den Zweck haben, unsere Atomwaffen zu neutralisieren. Da der Gegner nicht weiß, wo wir sie lagern, muß er das gesamte Territorium abdecken. Und wenn das der Fall ist, bedeutet es, daß mit einem Angriff gerechnet werden muß. Vielleicht jeden Augenblick. Rufen Sie Washington, Mr. Everard.“

Everards Hand griff zum Telefon. Sein Blick begeg-nete Johannisons. Er sagte: „Bitte ein Ferngespräch.“

Es war fünf Minuten vor vier. Everard legte den Hörer auf.

„War das der Regierungskommissar?“ fragte Johannison.

Everard nickte stirnrunzelnd.

„Was sagt er?“

„,Lieber Freund’“, sagte Everard, „sagte er zu mir, ,was für Atomwaffen?“‘

Johannison sah ihn verwirrt an. „Was, zum Teufel, meint er damit? ,Was für Atomwaffen?’ Warten Sie, ich kann es mir denken! Sie haben bereits festgestellt, daß sie lauter Blindgänger in den Arsenalen haben und wollen nicht darüber reden. Nicht mal mit uns. Was jetzt?“

„Jetzt nichts“, sagte Everard. Er ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken und musterte den Physiker mit verdrießlicher Miene. „Alex, ich weiß, unter welcher Anspannung Sie stehen, darum will ich kein Aufhebens davon machen. Ich frage mich bloß, wie Sie es fertiggebracht haben, mich in diesen Unsinn hineinzuziehen?“

Johannison erbleichte. „Es ist kein Unsinn, Sir. Sagte der Regierungskommissar vielleicht, daß es Unsinn sei?“

„Er nannte mich einen Dummkopf, und das bin ich wohl. Was, zum Teufel, bezwecken Sie damit, daß Sie mit Geschichten über Atomwaffen zu mir kommen? Was sind Atomwaffen? Ich habe nie davon gehört.“

„Sie haben nie von Atombomben gehört? Soll das ein Scherz sein?“

„Nie davon gehört“, bekräftigte Everard. „Es hört sich nach etwas aus einem Comic-Heft an.“

Johannison wandte sich zu Damelli, dessen olivfar-benes Gesicht von tiefen Sorgenfalten durchzogen war. „Sag’ du es ihm, Gene.“

Damelli schüttelte den Kopf. „Ich halte mich da ‘raus.“

„Meinetwegen.“ Johannison beugte sich vor und spähte zu den aufgereihten Buchrücken in den Regalen über Everards Kopf. „Ich weiß wirklich nicht, was das alles zu bedeuten hat, aber ich kann Ihnen einen Beweis geben. Wo haben Sie den Glasstone?“

„Hier, gleich hinter mir“, sagte Everard.

Johannison trat näher und las den Titel auf dem Buchrücken. „Nein, nicht das Lehrbuch der physikalischen Chemie. Ich meine sein Nachschlagwerk über Atomenergie.“

„Nie davon gehört.“

„Was sagen Sie da? Das Buch hat hier in Ihrem Regal gestanden, seit ich im Institut bin.“

„Nie davon gehört“, beharrte Everard.

„Dann haben Sie wahrscheinlich auch noch nie von Kamens ,Radioaktive Spuren in der Biologie’ gehört?“ „Nein.“

„Also gut“, sagte Johannison mit mühsam gewahrter

Beherrschung. „Dann nehmen wir Glasstones Lehrbuch. Es wird den Zweck schon erfüllen.“

Er zog das dicke Buch aus dem Regal und begann zu blättern. Erst einmal, dann ein zweites Mal, Er runzelte die Stirn und sah auf der Titelseite nach. Dort stand: Dritte Auflage, 1956. Er blätterte die beiden ersten Kapitel Seite um Seite durch. Da stand alles über Atomstruktur, Quantenzahlen, Elektronen und ihre Hüllen, Übergangsserien - aber nichts über Radioaktivität und den Zerfall radioaktiver Elemente.

Er schlug die Seite mit dem Verzeichnis der bekannten Elemente auf und brauchte nur ein paar Sekunden, um zu sehen, daß bloß einundachtzig Elemente aufgeführt waren, die einundachtzig nicht radioaktiven. Seine Kehle war plötzlich trocken und schmerzte. Er blickte zu Everard auf und sagte: „Vermutlich haben Sie noch nie von Uran gehört, nicht wahr?“

„Was soll das sein?“ fragte Everard kalt. „Eine Handelsbezeichnung?“

Johannison ließ den Glasstone fallen und griff verzweifelt nach dem Handbuch der Chemie. Er schlug im Index nach und suchte die Stichworte Uran, Plutonium, radioaktive Serien, Isotope. Nur das letztere Stichwort war verzeichnet. Mit zitternden Fingern schlug er die Tabelle der Isotope auf. Ein Blick genügte. Nur die stabilen Isotope waren verzeichnet.

Er stieß seufzend den Atem aus und sagte: „Gut, ich gebe auf. Genug ist genug.“ Er versuchte zu lächeln. „Sie haben ein paar präparierte Bücher in die Regale gestellt, um mich durcheinanderzubringen, nicht wahr?“

Everards Haltung versteifte sich, und er starrte Johannison halb verdrießlich und halb verwundert an. „Seien Sie nicht albern, Johannison. Ich glaube, Sie sollten lieber einen Arzt konsultieren.“

„Mir fehlt nichts.“

„Sie mögen es nicht glauben, aber es scheint doch so zu sein. Sie brauchen einen Urlaub, also zögern Sie nicht, und nehmen Sie sich eine Woche frei. Damelli, tun Sie mir einen Gefallen. Bringen Sie ihn zu einem Taxi, und sorgen Sie dafür, daß er nach Hause kommt.“ Johannison stand unschlüssig. „Wozu haben wir dann all die Geigerzähler im Haus?“ brach es verzweifelt aus ihm hervor. „Wozu sind sie da?“

„Ich weiß nicht, was Sie unter Geigerzählern verstehen. Wenn Sie vielleicht Computer meinen, die sind hier, um bei der Lösung unserer Probleme zu helfen.“

Johannison zeigte auf eine wappenähnliche Plakette an der Wand. „Sehen Sie diese Initialen! A.E.B. Das steht für Atomenergiebehörde!“

Everard blickte über die Schulter, dann starrte er Johannison an, als sähe er ihn zum erstenmal. „Amerikanische Energiebehörde. Bringen Sie ihn nach Hause, Damelli.“

Als sie das Gebäude verlassen hatten und auf dem Gehsteig standen, flüsterte Johannison Damelli eindringlich zu: „Hör zu, Gene, laß dich von diesem Kerl nicht für dumm verkaufen. Everard spielt falsch. Sie müssen ihn irgendwie für sich gewonnen haben. Diese präparierten Bücher hinzustellen und einfach so zu tun, als ob ich verrückt wäre!“

„Beruhige dich, Alex“, sagte Damelli ruhig. „Du bist bloß ein bißchen mit den Nerven herunter. Everard ist schon in Ordnung.“

„Du hast ihn selbst gehört. Er weiß nichts von Atomwaffen. Uran ist eine Handelsmarke. Wie kann er in Ordnung sein?“

„Was das angeht, so habe ich auch noch nie von Atomwaffen oder Uran gehört.“ Er hob die Hand und winkte. „Taxi!“

Es sauste vorbei.

Johannison überwand das würgende Gefühl in der Kehle. „Gene! Du warst dabei, als die Geigerzähler ausfielen! Du warst dabei, als die Pechblende aufhörte, radioaktiv zu sein. Du kamst mit mir zu Everard, um der Sache auf den Grund zu gehen und über die nächsten Schritte zu beraten.“

„Wenn du die Wahrheit wissen willst, Alex, sagtest du, du hättest etwas mit dem Chef zu besprechen und ob ich nicht mitkommen wolle. Mehr weiß ich nicht darüber. Soviel mir bekannt ist, ist nichts schiefgegangen, und was, zum Henker, sollten wir mit dieser Pechblende anfangen? Wir verwenden kein Teer. - Taxi!“

Ein Wagen fuhr an die Gehsteigkante.

Damelli öffnete den Schlag und bedeutete Johannison, einzusteigen. Johannison folgte der Aufforderung, dann wandte er sich wütend um, riß die Tür aus Da-mellis Hand, schlug sie zu und rief dem Taxifahrer eine Adresse zu. Als das Taxi wegfuhr, kurbelte er hastig die Scheibe herunter und beugte sich zum Fenster hinaus zu Damelli, der am Straßenrand stand und ihm verdutzt nachstarrte.

„Sag Everard, daß es nicht klappen wird!“ schrie er ihm zu. „Ich weiß jetzt über euch Bescheid!“

Er zog den Kopf zurück, kurbelte die Scheibe hoch und fiel erschöpft in die Polster zurück. Bestimmt hatte Damelli gehört, welche Adresse er dem Taxifahrer gegeben hatte. Würden Sie vor ihm zum FBI laufen und irgendeine Geschichte über einen Nervenzusammenbruch erzählen? Würden sie Everards Aussage gegen die seine setzen? Sie konnten nicht leugnen, daß die Radioaktivität aufgehört hatte. Sie konnten nicht leugnen, daß die Bücher in Everards Büro gefälscht oder präpariert waren. Ein einfacher Vergleich mußte es zeigen.